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Bremen-Osterholz Beirat kritisiert Zustände in Notunterkunft für Flüchtlinge

Deutliche Verbesserungen für die Notunterkunft in der Turnhalle der Albert-Einstein-Schule in Osterholz fordert der Ortsbeirat. Kritisiert wird zudem, dass wieder zwei Turnhallen im Stadtteil belegt werden.
05.05.2022, 05:00 Uhr
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Beirat kritisiert Zustände in Notunterkunft für Flüchtlinge
Von Christian Hasemann

Als nicht hinnehmbar hat der Beirat Osterholz in seiner jüngsten Sitzung die Situation von geflüchteten Menschen in der Turnhalle der Albert-Einstein-Oberschule bezeichnet. In einem einstimmigen Beschluss fordert er nun deutliche Verbesserungen in der Notunterkunft. Hintergrund der Kritik der Ortspolitiker ist ein Schreiben der Schulleiterin der Schule, die die Zustände in der Turnhalle kritisiert.

Konkret fordert der Osterholzer Beirat in seinem Beschluss, dass durch Sichtschutz-Maßnahmen ein Minimum an Privatsphäre hergestellt werden müsse. "Es kann nicht sein, dass Menschen über Wochen Rückzugsmöglichkeiten verweigert werden. Das muss geändert werden", sagte Beiratssprecher Wolfgang Haase (SPD). Er kritisierte außerdem die in seinen Augen unzureichende Kommunikation der Sozialbehörde. "Wir hatten erst den Fall, dass in der Neuwieder Straße Flüchtlinge aus Afghanistan kommen sollten, dann aber Flüchtlinge aus aller Herren Ländern kamen." Im vergangenen Jahr waren in den Containern nicht wie angekündigt nur geflüchtete Menschen aus Afghanistan, sondern auch aus anderen Ländern untergebracht worden. Nun sei etwas ganz Ähnliches in der Turnhalle der Albert-Einstein-Straße eingetreten. "Das muss in der Zukunft anders werden", so seine Forderung an die Sozialbehörde.

Sonja Riedl, die Schulleiterin der Albert-Einstein-Oberschule in Osterholz, wusste, dass die Turnhalle am Schulgebäude mit Beginn der Osterferien Geflüchteten als Notunterkunft dienen sollte. Sie alarmierte Ortsamtsleiter Ulrich Schlüter, der seine Eindrücke schilderte: „Rund 65 Frauen und Kinder aus der Ukraine sind in der Halle zusammen mit jungen Männern, unter anderem aus Afrika und dem Nahen Osten, untergebracht – ohne Abtrennungen, ohne Sichtschutz.“ „Das ist kein Zustand“, empörte sich Schlüter.  Um Abhilfe zu schaffen, ist Schlüter für eine Trennung der Geschlechter bei der Unterbringung. So könnten zum Beispiel in der Halle Blockdiek, die nur halb belegt sei, nur Männer untergebracht werden, schlägt er vor.

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„Generell arbeiten wir mit Hochdruck an alternativen Platzkapazitäten, sodass die Dauer der Unterbringung in Turnhallen so kurz wie nur irgend möglich bemessen sein wird“, antwortet ihm Sabine Nowack von der Sozialbehörde in einem Schreiben. Entsprechende Sichtschutze seien bestellt und würden in Kürze installiert. Auch Gabriele Brünings, Sprecherin der Sozialbehörde, versichert: „Wir versuchen alles, um die Dauer der Unterbringung dort so kurz wie möglich zu halten und die Menschen so schnell wie möglich in anderen Einrichtungen unterzubringen oder sie in Wohnraum zu vermitteln.“ Zurzeit lebten in der Turnhalle Albert-Einstein-Schule neben den Flüchtlingen aus der Ukraine Menschen aus 19 anderen Ländern, einige sind staatenlos. Es handele sich insgesamt um 76 männliche und 44 weibliche Personen.

Für die Organisation zuständig vor Ort ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Sprecher Lübbo Roewer ist ebenso ratlos: „Wir sehen die Problematik, aber es muss erst mal bessere Lösungen geben.“ Momentan plane man den Aufbau von Zelten in der Überseestadt als Notunterkünfte, in denen es eine größere Privatsphäre geben werde. Den Vorschlag Schlüters, Männer und Frauen in unterschiedlichen Turnhallen unterzubringen, hält er für eine „Stigmatisierung“.

Brünings ist von der Idee der Geschlechter-Trennung ebenfalls nicht angetan. „Wir haben 2015/2016 keine guten Erfahrungen damit gemacht, nur junge Männer in einer Einrichtung unterzubringen. Auch das bringt Probleme mit sich.“ In den Einrichtungen gebe es neben dem Personal auch Sicherheitskräfte.

Für Schlüter stellt sich noch ein ganz anderes Problem. Vier Sporthallen werden derzeit in Bremen als Notunterkünfte für Geflüchtete genutzt. Zwei davon befinden sich im Bremer Osten: Die Turnhalle BSA in Blockdiek und die Halle der Albert-Einstein-Schule in Osterholz. Gerade in einem Stadtteil mit vielen Hochhäusern und kleinen Wohnungen seien Turnhallen dringend notwendig, um Raum für Bewegung zu haben. In der Corona-Zeit hätten die Kinder, von denen es in Osterholz doppelt so viel gibt, wie etwa in Schwachhausen, sehr unter Bewegungsmangel gelitten. Jetzt noch den Schulsport zu streichen, sei unzumutbar.

In den Nachbarstadtteilen sieht es in der Hinsicht entspannter aus. In der Vahr ist keine Turnhalle als Notunterkunft umfunktioniert. SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Valentina Tuchel, Sprecherin für Migration, hofft, dass dies so bleibt. Sehr viele Geflüchtete seien privat untergekommen, dennoch würde sie es begrüßen, wenn etwa auf dem Rennbahn-Gelände Container aufgestellt würden, um weiteren Wohnraum zu schaffen.

Dem schließt sich Jörn Hermening, Ortsamtsleiter von Hemelingen, an. 2015/16 sei das Baurecht wegen des starken Zustroms gelockert worden. Jetzt müsse man wieder unbürokratisch und zügig agieren. Die große Grünfläche zwischen Hemelingen und der Vahr könne man speziell für geflüchtete Ukrainer nutzen. Turnhallen seien in Hemelingen noch nicht in Beschlag genommen worden.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind im „Hostel Feuerkuhle“ und im „Hans-Kamfort-Hotel“ untergebracht. Ein weiterer wichtiger Standort als Notunterkunft ist das „Grüne Dorf“ an der Hemelinger Heerstraße. Dieses Container-Lager geht in die Verlängerung und ist für weitere drei Jahre als Auffangstation vorgesehen. Das Übergangswohnheim in der Ludwig-Quidde-Straße in Hastedt bietet weitere 180 Plätze.

Was den Zustrom ukrainischer Flüchtlinge angeht, beobachtet Hermening einen ähnlichen Trend wie in der Vahr. Dreiviertel der Geflüchteten kämen in befreundeten Familien unter.

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