Große Einigkeit bei den Regierungskoalitionären: Bremen braucht einen unabhängigen Polizeibeauftragten. Der soll das „partnerschaftliche Verhältnis zwischen Bürgern und Polizei“ stärken und darüber hinaus dafür zuständig sein, mögliches polizeiliches Fehlverhalten und innerpolizeiliche Missstände zu untersuchen. Dies verkündete Rot-Grün-Rot im Juni 2020. Im November verabschiedete die Bürgerschaft das entsprechende Gesetz, doch nach wie vor gibt es den Polizeibeauftragten in Bremen nicht. Die Stelle ist noch nicht einmal ausgeschrieben. Was unter anderem an der rechtlich nicht einfachen Erweiterung der Zuständigkeit dieser Stelle auch auf die Feuerwehr lag. Zuletzt aber auch daran, dass sich die Koalitionäre nicht einig darüber sind, welche Qualifikation die Bewerber mitbringen müssen. Auf den Punkt gebracht: Muss es ein Volljurist sein?
Da mag die Opposition noch so sehr murren und von Misstrauen gegenüber der Polizei sprechen, die Sache selbst ist entschieden: Bremen wird einen unabhängigen Polizeibeauftragten bekommen, dazu einen Stab von zwei bis drei Mitarbeitern. Angedockt sein wird diese Stelle – räumlich wie finanziell – in der Bürgerschaftskanzlei. Die Finanzierung steht, zumindest sind im Eckdatenbeschluss des Senats dafür Haushaltsmittel hinterlegt, und auch die Raumfrage ist geklärt. „Wir haben bei uns im Börsenhof im Raumplan den benötigten Platz geschaffen“, sagt Bürgerschaftssprecherin Dorothee Krumpiepe.
Bleibt die Frage, wann die Stelle tatsächlich ausgeschrieben und besetzt wird. Die Innenbehörde ist an dieser Stelle ausdrücklich außen vor. „Das ist allein Sache des Parlaments“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innensenators.
Welche Voraussetzungen muss der Polizeibeauftragte mitbringen?
Die Ausschreibung der Stelle erfolgt über das Finanzressort. Doch dem liegt noch kein Ausschreibungstext vor. Man befände sich derzeit noch in einem Verständigungsprozess, heißt es seitens der Regierungsfraktionen. In der Sache geht es um die Frage, welche Voraussetzungen der oder die Polizeibeauftragte mitbringen muss. SPD und Grüne hätten gerne jemanden „mit Befähigung für das Richteramt“, also einen Volljuristen. „Für uns machen das die inhaltlichen Aufgaben einfach erforderlich“, sagt Kevin Lenkeit, innenpolitischer Sprecher der SPD. Schließlich könne es darum gehen, sensible Akten anzufordern und einzusehen. „Dafür braucht es schon das entsprechende fachliche Know-how.“
Auch Mustafa Öztürk, innenpolitischer Sprecher der Grünen, hält einen Volljuristen für „wünschenswert“. Es müsse zwar kein Richter sein, denkbar wären auch Staatsanwälte oder Anwälte. „Aber die grundsätzliche Befähigung zum Richteramt an der Spitze wäre schon gut, um bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben Entscheidungen treffen zu können.“
Juristischen Sachverstand in Kombination mit Erfahrungen vom Alltag von Polizei und Feuerwehr hält zwar auch Nelson Janßen, Fraktionschef der Linkspartei, für unabdingbar. Es müsse aber nicht unbedingt jemand mit der Befähigung zum Richteramt sein. „Aber daran wird es von unserer Seite nicht scheitern“, betont Janßen. „Wir brauchen diese Stelle und müssen sie schnell ins Arbeiten bekommen.“
Stelle soll vor den Sommerferien ausgeschrieben werden
Der eigentliche Grund für die Verzögerung sei ohnehin ein anderer, sagt Kevin Lenkeit. Ursprünglich habe man die Stelle schon Anfang des Jahres ausschreiben wollen. Da sei es aber lediglich um einen Polizeibeauftragten gegangen. Doch durch die im Herbst bekannt gewordenen Vorfälle habe sich gezeigt, dass es auch bei der Feuerwehr Handlungsbedarf gibt. Die Lösung: ein gemeinsamer Landesbeauftragter für Polizei und Feuerwehr. Doch damit sei die Feuerwehr Bremerhaven nicht einverstanden gewesen. Letztlich muss ein Landesgesetz (für die Polizei in Bremen und Bremerhaven) mit kommunaler Wirkungskraft (für die Feuerwehr der Stadt Bremen) her, erläutert Lenkeit. Und all dies zu klären, habe dann eben seine Zeit gebraucht.
„Möglichst noch vor den Sommerferien“ soll die Stelle nun aber tatsächlich ausgeschrieben werden, um sie inklusive aller einzuhaltenden Fristen und der Vorstellungsgespräche noch in diesem Jahr besetzen zu können, sind sich die Koalitionäre einig.
Polizeiführung begrüßt Beauftragten
Nicht überall wird die Stelle eines Polizeibeauftragten begrüßt. Kritiker betrachten sie als Misstrauensvotum gegenüber der Polizei. Doch die Bremer Polizeiführung begrüßt die Einrichtung dieser Stelle ausdrücklich. „Warum sollten wir dagegen sein? Wenn wir ein Problem haben, will ich das auch wissen. Und wenn wir keins haben, umso besser“, sagte Polizeipräsident Lutz Müller im Herbst vergangenen Jahres im Interview mit dem WESER-KURIER. Das sei eine Führungsgrundhaltung, ergänzte Polizeivizepräsident Dirk Fasse. „Wenn wir gegen Missstände vorgehen, belohnen wir damit auch die, die gut arbeiten.“