Es sieht übel aus für die Bremer Innenstadt. Viel Leerstand. Miese Stimmung. Traditionsgeschäfte, die schließen – eine Entwicklung, die bereits seit Jahren anhält und durch Corona noch einmal befördert wurde. Hinzu kommen gravierende Probleme am Hauptbahnhof, die weit bis in die eigentliche City ausstrahlen. Sie haben sich dermaßen zugespitzt, dass schon von Kapitulation die Rede ist. Der Senat hat viel zu lange gewartet, dem Treiben Einhalt zu gebieten. Mit den Drogenkonsumenten, ihren Dealern und den Alkoholkranken hat sich eine Situation verfestigt, die nur noch schwer zurückzudrehen ist. Viel Gewalt und Kriminalität. Verhältnisse, die zum Himmel schreien.
Doch gemach, es gibt in der Innenstadt auch Lichtblicke. Christian Jacobs lässt sich trotz extrem widriger Bedingungen in der Bau- und Immobilienbranche nicht beirren. Der Kaffee-Erbe geht für sein 100-Millionen-Projekt aus Essighaus, Jacobs-Haus, Stadtwaage und Kontorhaus am Markt mit Siebenmeilenstiefeln voran. Das wird was, ganz gewiss, eine neue Qualität: das Balgequartier zwischen Obernstraße und der Weser.
Jacobs hat früher oft gesagt, dass es schön und gut sei, was er da vorhabe – der eigentliche Wumms für die Innenstadt müsse aber von Kurt Zech kommen, von dessen Plänen rund um das Parkhaus Mitte. Doch Zech, sonst erfolgsverwöhnt, ist in diesem Fall ausnahmsweise mal gescheitert.
Schlimm? Ja, denn das Parkhaus muss dringend weg und einer neuen Entwicklung Platz machen. Die Stadt tendiert mittlerweile dazu, diese Aufgabe selbst in die Hand zu nehmen. Sie sollte sich aber in Acht nehmen – das Gelände und die Bauten sind mit technischen und rechtlichen Schwierigkeiten regelrecht vermint. Andererseits hat die öffentliche Hand mehr Möglichkeiten als private Investoren, dieses Minenfeld zu räumen.
Schlimm, ja, dass Zech ausfällt, aber so schlimm auch wieder nicht. Neben dem Balgequartier gibt es noch einen anderen Pol in der Innenstadt, von dem Kraft ausgehen könnte. Es ist das Ansgariquartier, ergänzt durch den benachbarten Hanseatenhof. Nach zehn Jahren Irren und Wirren besteht dort die Chance für einen Neuanfang.
Der alte Lloydhof ist wieder da. Zwar nicht als hochattraktives „Lebendiges Haus“, wie es geplant war, aber als topsanierte Immobilie, die mit der Wirtschaftsförderung als großen Mieter Frequenz bringen wird. Endlich gib es keine Baustelle mehr, stattdessen moderne Büros, ein ziemlich angesagtes Hotel für junge Leute, und, wenn es doch noch gut geht, potente Nutzer auch im Erdgeschoss.
Ideal wäre gewesen, wenn parallel auch die ehemalige C & A-Immobilie am Hanseatenhof hätte umgebaut werden können. Die Pläne der Architekten lagen vor, sie wurden hochgelobt. An dem Ort sollten unter anderem Wohnungen entstehen, genau das, was die Innenstadt so dringend braucht. Doch weil die Zeiten nun mal so sind, wie sie sind, hat der Investor kalte Füße bekommen und das Projekt vorerst gestoppt. Das Potenzial der Immobilie bleibt aber erhalten. Der Eigentümer, eine Investmentgesellschaft von Versorgungswerken und Deutscher Apotheker- und Ärztebank, ist nicht als Spekulant bekannt und verfügt außerdem über genügend Geld. Er will und muss es nur vernünftig anlegen, und da passt es gerade nicht, was aber irgendwann sicher wieder anders sein wird.
Für das Ansgariquartier hat Bremen in dieser Woche entschieden, die Kaufleute in dem Gebiet weitere fünf Jahre bei ihren Bemühungen zu unterstützen, mit eigenen Mitteln für ein ansprechendes Umfeld und allerlei Aktionen zu sorgen. Gleiches gilt für die Sögestraße. Auch das ist ein Punkt auf der Positivliste und keine Kleinigkeit: Nicht auf Zech warten, heißt das, er kommt voraussichtlich ohnehin nicht mehr. Auch nicht ausschließlich auf die Stadt vertrauen, die für die sogenannten Innovationsbereiche aber immerhin Zuschüsse gibt.
Nein, besser selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Das ändert nichts an der Strukturschwäche der Innenstadt, lindert aber deren Folgen. Unternehmer sollten etwas unternehmen, und wenn sie klug sind, tun sie das nicht für ihr Geschäft allein. Gemeinsame Initiativen stärken die Quartiere und geben ihnen die Energie, sich aus sich selbst heraus zu entwickeln.