Das Lebendige Haus ist tot – ein Hoch dagegen auf den alten Lloydhof: Der mehr als 40 Jahre alte Büro- und Geschäftskomplex wird nach einer unerwartet langen Umbauzeit langsam fertig, aber längst nicht mehr so wie geplant. Das Konzept hat sich grundlegend verändert und damit auch der Name des mehr als 60 Millionen Euro teuren Projekts am Ansgarikirchhof mitten in der Bremer Innenstadt. Ab Januar ziehen die ersten Mieter ein, dann werden schnell auch die Gerüste verschwunden sein.
Federführend war lange Zeit der bayerische Entwickler Denkmalneu mit seiner Idee vom Lebendigen Haus, einem Mix aus Wohnen, Einzelhandel, Büro, Gewerbe, Gastronomie und Hotel, der von Denkmalneu erfolgreich bereits in Dresden und Leipzig etabliert wurde. Vorgesehen war in Bremen auch eine Skybar und eine riesige Dachterrasse. In dem Gebäude, für das es eigens einen Fassadenwettbewerb gegeben hatte, sollte das Licht quasi nie ausgehen. Das alles ist Makulatur.
Der Lloydhof wurde zwar mit großem Aufwand saniert, in Teilen fast entkernt, die äußerliche Anmutung zum Ansgarikirchhof hin ist aber weitgehend gleich geblieben: rötliche Klinker und die vier spitzen Giebel. Im hinteren Bereich hat das Haus zwei weitere Obergeschosse bekommen.
Hauptmieter wird die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) sein. Sie belegt mit ihren 280 Mitarbeitern auf 235 Vollzeitstellen rund 7700 Quadratmeter Bürofläche. Das sind knapp 2000 Quadratmeter mehr als in den ersten Berechnungen. Die WFB wird damit erstmals zentral untergebracht sein – mit der Bremer Touristik-Zentrale, Bremen Online und dem Stammsitz, den die Behörde vorher im Kontorhaus am Markt hatte. Dort ist die WFB bereits ausgezogen, das Gebäude gehört jetzt dem Investor Christian Jacobs und wird als Teil des künftigen Balgequartiers an der Langenstraße neu entwickelt. Die WFB musste für den Übergang auf das ehemalige Sparkassengelände am Brill ziehen, weil sich die Bauarbeiten am Ansgarikirchhof deutlich verzögert hatten.
Zeitgleich mit der WFB geht in dem Komplex der Appartementbetreiber Numa-Group an den Start. Bis Juli 2021 firmierte das Unternehmen unter dem Namen Cosi-Group. Numa wird nach eigenen Angaben mit Beginn des zweiten Quartals kommenden Jahres auf 2000 Quadratmetern 53 Einheiten für Tage, Wochen oder Monate vermieten. Die europaweit aufgestellte Kette unterhält allein in Deutschland nach eigenen Angaben bislang 14 solcher Einrichtungen – in Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und München. Der selbst gesteckte Anspruch ist, so wörtlich, "den Komfort eines Zuhauses mit den Standards eines Hotels" zu verbinden. Das Angebot in Bremen trägt den Namen "numa Saga". Neben dem Appartementhaus soll es mittelfristig in dem Gebäude auf 1600 Quadratmetern auch Wohnungen mit Dauermietern geben.
"Spätestens im März ist richtig Betrieb in dem Haus", sagt Erik Stöhr, Geschäftsführer der DLH GmbH, die das Projekt für den Investor vorantreibt. Geldgeber ist der Software-Unternehmer und SAP-Gründer Hasso Plattner. Das Kürzel DLH rührt noch aus der Zeit, als Plattner mit Denkmalneu und dem Konzept vom "Das Lebendige Haus" (DLH) im Geschäft war.
Nicht gelöst ist weiterhin das Problem mit der Vermietung der etwa 3000 Quadratmeter großen Fläche im Erdgeschoss. Der Plan war, sie nicht mehr wie früher kleinteilig von mehreren Geschäften nutzen zu lassen, sondern einen einzigen großen Mieter zu finden, zum Beispiel ein Fitnessstudio oder einen Lebensmittelmarkt. Gedacht wurde daneben auch an einen kleinen gastronomischen Betrieb mit Außenbestuhlung. Vor knapp einem Jahr hatte Stöhr berichtet, dass es mittlerweile zwei konkrete Anfragen gäbe: "Wir sind in der Anbahnung." Nun spricht der DLH-Geschäftsführer von einer neuen konzeptionellen Gestaltung der Fläche, die gerade erarbeitet werde: "Anfang kommenden Jahres werden wir das dem Markt präsentieren."
Stöhr kann sich vorstellen, dem Gebäudekomplex am Ansgarikirchhof den alten Namen zurückzugeben, denn im Grunde sei er ja nie richtig weg gewesen: "Lloydhof, warum nicht?" Die ehemalige Reederei Norddeutscher Lloyd hatte an dem Ort ihren Sitz. Das imposante Firmengebäude war im Krieg beschädigt und Ende der 1960er-Jahre abgerissen worden. In dem Haus, das an der Stelle später entstand, gab es Geschäfte und Büros, unter anderem war dort die Umweltbehörde untergebracht und unterhielt auch eine Kantine.
Der jetzt umgebaute Lloydhof sollte eigentlich längst verschwunden sein. Die Stadt wollte dort vor zehn Jahren ein großes Einkaufszentrum errichten lassen und auch noch die Fläche des Parkhauses am Brill hinzunehmen. Die Pläne scheiterten aber, weil sich für das geplante City-Center kein Investor fand.