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Mein erstes Mal Von Bremen in den Weltraum

Bis es ein Satellit in die Umlaufbahn schafft, ist es ein weiter Weg. OHB-Ingenieur Jan Speidel über den Bau, die Tests und den Moment, wenn der Satellit sich im All langsam zur Sonne dreht.
02.02.2019, 21:14 Uhr
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Von Bremen in den Weltraum
Von Patrick Reichelt

Erst einmal durchatmen. Deshalb nennen wir es auch den „Breathing Point“. Es ist der Zeitpunkt, wenn klar ist: Es läuft nach Plan. Das bedeutet, dass der Satellit vier Stunden nach dem Raketenstart im All seine Solarflügel ausgebreitet und sie Richtung Sonne gedreht hat. Nun kann er sich selbstständig mit Strom versorgen.

Bis dahin ist es aber ein weiter Weg.

Nach dem Studium der Raumfahrttechnik und einer Traineezeit bei der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) ließ der erste Weltraumjob nicht lange auf sich warten. An meinem ersten Arbeitstag bei OHB konnte ich gleich den allerersten OHB-Satelliten für das europäische Navigationssystem Galileo bewundern. Er war bereits fast fertig. Ich sollte aber noch die Gelegenheit bekommen, selbst an einem Satelliten mitzuarbeiten.

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Der Satellitenbau ist nahezu ausschließlich Handarbeit und die Montage erfolgt in speziellen Reinräumen. Es gibt viele verschiedene Stationen, an denen meine Kolleginnen und Kollegen aus allen Teilen der Erde arbeiten. Ähnlich international ist am Ende auch der Satellit: Die Komponenten stammen aus ganz Europa, einige Teile aus den USA. Ich muss als Systemingenieur dafür sorgen, dass alles zusammenpasst und so funktioniert wie es soll.

Mein erster Satellit war der dritte in der Galileo-Serie. Er bekam den Namen Adam. Namenspate war ein Junge aus Irland, der einen Malwettbewerb der Europäischen Kommission gewonnen hatte. Adam entstand ab 2012 bei OHB in Bremen.

Ein Satellit wird tagelang getestet

Nach dem Zusammenbau stehen sehr viele Tests an. Sie stellen sicher, dass alle Komponenten korrekt miteinander verbunden sind und es im Weltraum keine bösen Überraschungen gibt. Es gibt einfache, kurze Tests und sehr viel aufwendigere, die mehrere Tage dauern. Den Abschluss bilden die sogenannten Umwelttests. Dabei wird der Satellit den extremen Temperaturen und dem Vakuum des Weltraums ausgesetzt. Eine Spezialkammer simuliert diese Bedingungen.

Nachdem Adam alle Tests bestanden hatte, war er „fit to fly“. In einem speziellen Container transportierte ein Tieflader den Satelliten zum Flughafen in Paris. Mit einem Frachtflugzeug ging es dann nach Kourou in Französisch-Guyana.

Hier starten neben europäischen Ariane- und Vega-Raketen auch russische Sojus-Raketen. Ein paar Tage vor dem Start wurde Adam auf der Spitze der Rakete montiert. Die Galileo-Satelliten sind relativ klein, sodass zwei gleichzeitig ins All geschossen werden können. Zum Schluss wird die Nutzlastverkleidung der Rakete montiert, die den Satelliten während des Flugs in den Weltraum vor der Atmosphäre schützt.

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Den Start von Adam habe ich im Kontrollzentrum in Toulouse verfolgt. Dort sitzen erfahrene Mitarbeiter der ESA, die besonders für die kritische Phase vom Start bis zum Erreichen der Umlaufbahn geschult sind. Meine Kolleginnen und Kollegen von OHB unterstützen sie und stehen bereit, falls es Schwierigkeiten gibt.

Bei Adam hat alles ohne Probleme geklappt. Rund vier Stunden nach dem Start wurde er von der Rakete getrennt. Kurze Zeit später konnten wir im Kontrollzentrum die ersten Signale empfangen.

Navigation aus dem Weltall

Seit vier Jahren kreist mein erster Satellit nun schon um die Erde und versorgt – zusammen mit 25 anderen – viele Menschen weltweit mit Navigationssignalen. Es macht mich stolz, an einem so wichtigen und großen Projekt beteiligt zu sein. Für meine Kollegen und mich ist das Projekt aber nicht zu Ende. Bei OHB werden noch zwölf weitere Galileo-Satelliten gebaut, die in ein paar Jahren ihren Weg ins All finden werden.

Außerdem machen wir uns schon Gedanken über die nächste Galileo-Generation. Derzeit entwickeln wir neue und noch bessere Satelliten und hoffen, dass diese auch wieder in Bremen bei OHB gebaut werden.

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Vielleicht stehe ich in ein paar Jahren wieder im Kontrollzentrum und kann miterleben, wie ein Satellit aus Bremen seine Solarflügel ausbreitet und sie langsam zur Sonne dreht.

Aufgezeichnet von Patrick Reichelt.

Zur Person

Zur Person

Jan Speidel wuchs in Delmenhorst und Hude auf und ist Systemingenieur im Galileo-Projekt bei OHB in Bremen. Der 40-Jährige war unter anderem für den dritten Satelliten der Serie verantwortlich. Derzeit beschäftigt er sich mit der Zukunft des europäischen Navigationssystems Galileo und leitet Projekte zum Thema „Galileo Second Generation“.

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