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Bremen verliert Einwohner Von Bremen ins Umland: Handelskammer will Abwanderung stoppen

Die Bremer Handelskammer hat davor gewarnt, dass die Hansestadt trotz des Bevölkerungswachstums im deutschlandweiten Vergleich immer weiter zurückfällt. Es fehlen vor allem qualifizierte Zuwanderer.
04.03.2018, 22:39 Uhr
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Von Bremen ins Umland: Handelskammer will Abwanderung stoppen
Von Jürgen Hinrichs

Die Handelskammer Bremen hat eindringlich davor gewarnt, dass Bremen bei der Einwohnerentwicklung noch stärker als ohnehin schon gegenüber vergleichbaren Städten in Deutschland zurückfällt und dadurch in der Spirale geringer Steuereinnahmen, hoher Arbeitslosigkeit und einer abnehmenden sozialen Mischung der Bevölkerung verharrt. Aktueller Anlass dieser Einschätzung ist eine Analyse von Daten aus 14 Städten mit jeweils mehr als 500.000 Einwohnern, die von der Kammer vorgenommen wurde.

Demnach hat Bremen in den Jahren 2011 bis 2016 bei der Zuwanderung zwar ein Plus von vier Prozent zu verzeichnen, der Wert zum Beispiel für Leipzig liegt aber dreimal so hoch, und auch Städte wie Köln, Dresden, Stuttgart und Hannover sind in dem Zeitraum deutlich stärker gewachsen. Hinzu komme, so die Kammer, dass die Neubürger in erster Linie aus dem Ausland kämen und deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen seien als Zuwanderer aus dem Inland. Menschen dagegen, die in Bremen erwerbstätig sind, würden mit ihren Familien den Wohnsitz häufig ins Umland verlagern. „Insgesamt ist das ein alarmierendes Ergebnis“, sagte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, im Gespräch mit dem WESER-KURIER.

Zuwanderung gestaltet sich in Bremen problematisch

In Bremen gebe es die Tendenz, immer nur auf sich selbst zu schauen. Erstmals habe die Kammer deswegen den Vergleich mit anderen Städten angestellt. Resultat sei, dass Bremen beim Bevölkerungswachstum im Ranking der 14 Städte auf dem zwölften Platz liege, schlechter schnitten lediglich Dortmund und Essen ab. „Für eine Stadt, die sich als Wachsende Stadt versteht und dies auch politisch propagiert, müssten wir eigentlich über dem Durchschnitt liegen und nicht darunter“, so Fonger.

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Noch problematischer sei indes, wie sich in Bremen die Zuwanderung gestalte. „Ich will da keinen falschen Zungenschlag reinbringen; wer aus dem Ausland kommt, ist natürlich willkommen.“ Da es in den vergangenen Jahren aber viele Geflüchtete gewesen seien, würden diese Menschen überwiegend von Sozialtransfers leben und bräuchten ihre Zeit, um sich zu integrieren. Fatal, wenn es im Gegenzug speziell in der Altersgruppe der 30- bis unter 50-Jährigen Einwohnerverluste gebe. „Die ziehen nach Lilienthal oder Achim und bauen sich dort ein Reihenhaus.“

Vor diesem Hintergrund fordert die Handelskammer einmal mehr die Ausweisung neuer Wohnbauflächen. Die geplante Umwandlung der Galopprennbahn in der Vahr zu einem Wohngebiet sei ein Beispiel dafür. Hinzunehmen müsse man zwingend aber auch die Osterholzer Feldmark und Brokhuchting. Fonger: „Dafür fehlt aber leider der politische Wille.“ Bremen brauche beides: neue und große Flächen für Einfamilien- und Reihenhäuser und die Nachverdichtung der bereits besiedelten Gebiete.

Bremen ist sehr dünn besiedelt

Der Platz dafür sei da, auch dies ein Ergebnis des Städtevergleichs. Bremen ist demnach sehr dünn besiedelt. Auf einen Quadratkilometer kommen nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes 1734 Einwohner. In Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf sind es rund 3000. In München exakt 4713. In Hannover und Köln etwas mehr als 2600.

Die einzige Stadt mit geringerer Einwohnerdichte als Bremen ist Dresden, dort sind es 1666 Einwohner pro Quadratkilometer. „Trotz der vergleichsweise großen Flächenbeanspruchung durch die bremischen Häfen oder der in Bremen typischen Reihenhausbebauung müsste die Schaffung neuen Wohnraums in Bremen leichter fallen als in anderen Städten“, heißt es in der Analyse der Kammer. Sie hatte unlängst gefordert, das Ziel des Senats für den Bau von Wohnungen auf 2500 Einheiten pro Jahr zu erhöhen. Zurzeit liegt es bei 2000 Wohnungen.

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Wie sehr die Wanderungsbewegungen auch auf dem Arbeitsmarkt durchschlagen, illustriert die Handelskammer mit Zahlen zur Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zwischen den Jahren 2010 und 2017. In dem Zeitraum sind in Bremen 14,1 Prozent mehr Menschen in Lohn und Brot gekommen, etwas weniger als im Bundesdurchschnitt (15 Prozent).

Im Umland liegt die Quote bei 17,6 Prozent. Auffällig, dass sich in Bremen parallel dazu die Zahl der Arbeitslosen um lediglich 5,5 Prozent reduziert hat, während es im Umland ein Minus von 18,1 Prozent ist. Die Kammer erklärt das damit, dass viele neue Stellen von Einpendlern besetzt würden – und dass mit der vergleichsweise starken Zuwanderung aus dem Ausland Arbeitslosigkeit sozusagen importiert wird.

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Für diesen Montag lädt die Handelskammer zu einer Podiumsdiskussion in den Schütting ein, das Thema: „Wachstum für das Land Bremen – mehr Einwohner, mehr Innovation, mehr Kreativität.“ Teilnehmen werden unter anderen Bremens Bürgermeister Carsten Sieling, die Fraktionsvorsitzenden in der Bremischen Bürgerschaft und die Spitzenvertreter der Kammer. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr.

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