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Gütezertifikat für Kreis Wesermarsch Vorbildlicher Klimaschutz

Der Kreis Wesermarsch lässt seine Klimaschutzaktivitäten regelmäßig erfassen und bewerten. Jetzt ist er dafür mit einem europäischen Gütesiegel belohnt worden.
03.03.2016, 00:00 Uhr
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Von Georg Jauken

Der Kreis Wesermarsch lässt seine Klimaschutzaktivitäten regelmäßig erfassen und bewerten. Jetzt ist er dafür mit einem europäischen Gütesiegel belohnt worden.

Das Berufsbildungszentrum in Brake hat ein neues Dach bekommen. Seit 2013 ist der Energieverbrauch um 22 Prozent gesunken. Damit solche Beispiele keine Einzelfälle bleiben, hat der Kreistag Ende 2010 beschlossen, mehr System in seine Energie- und Klimaschutzaktivitäten zu bringen.

Seitdem nimmt die Wesermarsch an einem Zertifizierungsverfahren mit dem Titel European Energy Award (EEA) teil und gehört damit zu den ersten Landkreisen in Niedersachsen, die ihre Klimaschutzaktivitäten erfassen und bewerten lassen, sie gezielt planen und regelmäßig überprüfen lassen.

Energieteam im Einsatz

Los ging es mit einer Bestandsaufnahme. Im Anschluss entwickelte ein Energieteam aus Kreistagspolitikern (Arbeitskreis Klimaschutz), der Bau- und Regionalplanung, dem öffentlichen Nahverkehr, der Abfallwirtschaft und anderen Institutionen ein klimapolitisches Aktionsprogramm, um aufzuzeigen, wie der Energieverbrauch gesenkt und mehr erneuerbare Energien genutzt werden sollen. Sollte die Wesermarsch irgendwann die erhofften 75 Prozent der maximal möglichen Punkte für ihre erfolgreiche Energiepolitik erreichen, würde sie mit dem European Energy Award in Gold ausgezeichnet und zugleich viel Geld sparen. So lautete das Ziel beim Start des Programms. Inzwischen hat der Landkreis Wesermarsch 51 Prozent der Punktzahl erreicht.

Damit ist die 50-Prozent-Marke überschritten, um als EEA-Partner mit Auszeichnung zertifiziert zu werden. Ein Grund zum Feiern für das Energieteam. Die Auszeichnung durfte Landrat Thomas Brückmann jetzt im Rahmen einer kleinen Feierstunde im Maritimen Kompetenzzentrum in Elsfleth von EEA-Bundesgeschäftsführer Armand Dütz entgegennehmen.

Für den Gast aus Berlin machen alle hehren Ziele zum Thema Klimaschutz keinen Sinn, wenn sie nicht vor Ort umgesetzt werden. Ende der 1990er-Jahre untersuchte er deshalb zusammen mit seinen Mitarbeitern, wie ernst die Städte und Gemeinden ihre eigenen Energiekonzepte nehmen. Die Stichprobe – mehr als 500 lokale Konzepte in Bayern und Nordrhein-Westfalen – ergab, dass gerade einmal gut zwei Dutzend Energiekonzepte im Ansatz umgesetzt worden waren. 90 Prozent der Konzepte aus der Stichprobe waren in Vergessenheit geraten und existieren im Grunde genommen nur noch auf dem Papier oder auf Computerfestplatten, fanden Dütz und sein Team heraus.

Es fehlte ein auf Umsetzung zielendes Managementsystem, lautete die Schlussfolgerung. Zusammen mit Partnern in der Schweiz und Österreich sowie der Unterstützung der EU und dem Land Nordrhein-Westfalen entwickelten sie das Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren EEA. Mittlerweile nutzen mehr als 1340 Städte, Gemeinden und Kreise in elf Staaten das Verfahren, um ihre Klimabilanz zu verbessern. Besonders weit ist laut Dütz der Kreis Warendorf im Münsterland, der bereits 82 Prozent der maximalen Punktzahl erreicht hat und noch sehr viel mehr vorhabe. Dütz verband den Hinweis mit einer Reiseempfehlung an das hiesige Energieteam, um dort von den positiven Beispielen zu lernen.

Wie viel in der Wesermarsch mithilfe der EEA-Teilnahme an Einsparungen bei Energieverbrauch, Kohlendioxidausstoß und Energiekosten erreicht wurde, konnte bislang niemand ganz genau sagen. Positiv flossen den Angaben nach die Biogaserzeugung aus Kompost und Grünabfällen sowie die Energiegewinnung aus den Restabfällen im Müllheizkraftwerk Bremen in die Bewertung ein. Punkte brachten außerdem die Verpachtung der Dächer mehrerer Gebäude, um Solarstrom zu produzieren, sowie die Erfolge bei der Gebäudesanierung.

Im Gymnasium Brake blieb der Wärmeverbrauch gleich, nachdem es 2013/14 einen Anbau erhalten hatte und zugleich Fenster und Dach des Altbaus erneuert worden waren. In der Oberschule Elsfleth ging der Wärmeverbrauch nach dem Einbau einer neuen Heizung und Steuerung um 40 Prozent zurück. Vergangenes Jahr kam die Schule im Vergleich zu 2011 sogar mit 55 Prozent weniger Wärmeverbrauch aus.

"Luft nach oben"

Auch die Effizienz im Umgang mit Verbrauchsmaterialien wurde verbessert. Die Kreisverwaltung stellte auf Recyclingpapier um, die Zeiterfassung und die Gehaltsabrechnungen der Mitarbeiter erfolgen nur noch elektronisch. Für Dienstgeschäfte im Braker Stadtgebiet wurden E-Bikes angeschafft. Ein erster Dienstwagen für etwas längere Distanzen fährt inzwischen rein elektrisch. Bis zu 120 Kilometer weit.

Um den Stand bis zur nächsten Bewertung zu halten und weiter zu erhöhen, muss der bestehende Maßnahmenplan jedes Jahr vom Energieteam aktualisiert werden. „Luft nach oben“ sieht Dütz bei der Kreisentwicklungsplanung/Raumordnung sowie bei der Kommunikation und Kooperation. Dazu zählen alle Aktivitäten, die auf das Verbrauchsverhalten Dritter abzielen: private Haushalte, Schulen und Hochschule, Gewerbetreibende, Wohnungsbaugesellschaften und ähnliches. Denkbar wäre auch die Einführung einer Energieberatung für Bauinteressenten, die Durchführung von Wettbewerben oder das Auflegen von Förderprogrammen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Als Schulträger hat der Kreis außerdem gute Möglichkeiten, Projekte in Schulen zu initiieren, glaubt Fachbereichsleiter Matthias Wenholt.

Deutlich konkreter sind die Pläne für die Fortsetzung der Gebäudesanierungen. Die Einsparpotenziale bei insgesamt 130 000 Quadratmetern beheizter Fläche im Besitz des Kreises sind groß. In den nächsten drei Jahren sollen jeweils 650 000 Euro in die Heizungssanierung des Braker Schulzentrums investiert werden (neue Heizrohre in der Zwischendecke, zentrale Steuerung für BBS, IGS und Sporthalle). Die bevorstehende Sanierung des Kreishauses soll 30 Prozent Energieeinsparung bringen und die Nutzungsdauer um 50 Jahre verlängern. Wenholt: „Darum macht das Sinn.“

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