Spaß kostet. Das gilt je nach Lebensbereich mehr oder weniger, aber auf dem Bremer Freimarkt ziemlich sicher. 32 Fahrgeschäfte und Karussells, mehr als 100 Imbissbuden, dazu diverse Stände, an denen gezockt, gespielt oder geschossen werden kann – sie alle werben um das Geld der Besucher. Ja, hier hat der Spaß definitiv seinen Preis. Auf dem Freimarkt steht der fast nirgendwo schwarz auf weiß geschrieben, sondern eher grün auf gelb oder weiß auf rot. Wie auch immer: Das Geld schwindet schneller dahin, als einem lieb ist. Aber was machen, wenn die Mittel begrenzt sind? Lohnt sich ein Besuch auch mit schmalem Budget? Wie viel Spaß kann man beispielsweise mit 20 Euro auf dem Freimarkt haben?
Der WESER-KURIER hat den Test gemacht. Sonnabendmittag, kurz vor Einlassbeginn auf der Bürgerweide, kommt die Sonne langsam durch die Wolken. Die Ruhe nach dem Sturm der Vortage, oder doch eher die Ruhe vor dem Sturm? Der Andrang jedenfalls ist groß. Schon in der Warteschlange wird klar: Geld ist hier ein Thema. Zwei Jugendliche planen ihre Strategie. 50 Euro haben sie dabei. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht alles gleich am Anfang ausgeben", sagt einer. Klingt nach einem vernünftigen Vorschlag – auch für unseren Praxistest.

Ein Klassiker auf dem Freimarkt: die Wilde Maus.
Schon nach wenigen Minuten fällt auf, dass der gewählte Zeitpunkt für den Selbstversuch aus finanzieller Sicht eher ungünstig sein könnte. Was in der Schlange noch nach großem Andrang aussah, verteilt sich auf dem Gelände dann doch relativ schnell. An den Buden steht kaum jemand an. Kurze Wartezeiten verführen zum schnellen Spaß und damit zum Geld ausgeben. Kaum fünf Minuten sind vergangen, da wandern die ersten fünf Euro über den Tisch, für die im Gegenzug eine geladene Waffe gereicht wird. Mangels anderer Kundschaft schauen drei Angestellte etwas gelangweilt dabei zu, wie ein mittelmäßig begabter Schütze mit dem Luftgewehr immerhin sechs von zehn Schüssen ins Ziel bringt. Einige der weißen Plastiksterne zerplatzen in Einzelteile, anderen bricht nur ein Zacken ab, manche kommen gänzlich ungeschoren davon. Jeder Schuss kostet 50 Cent, nach zwei Minuten ist der Spaß vorbei und ein Viertel des Budgets aufgebraucht. Immerhin: Ein kleiner Plüschdelfin hat einen neuen Besitzer gefunden. Marktwert: unbekannt.
Sechs Minuten für drei Euro
Geht es in dem Tempo weiter, könnte der Besuch schnell vorbei sein. Ein längeres Vergnügen muss her, möglichst günstig natürlich. Drei Euro klingen da ganz gut, und der Musikexpress ist schließlich ein Traditionsgeschäft. Immer im Kreis dreht sich die Wagenkolonne, die offensichtlich im hügeligen Gelände unterwegs ist. Es geht auf und ab, wird dann irgendwann auch deutlich schneller, als man es vorher von außen eingeschätzt hätte. Ein Mann verliert seine Mütze, bekommt sie zurück. Als alle schon mit dem Ende der Fahrt rechnen, dreht der Steuermann noch mal auf. Handgestoppte sechs Minuten ist der Express unterwegs, bevor dann wirklich Schluss ist.
Erfahrungsgemäß ist es auf dem Freimarkt sinnvoll, die Reihenfolge der Aktivitäten zu planen. Wer bereits nach zehn Minuten durchnässt aus der Wasserbahn steigt, verliert bei kühleren Temperaturen vermutlich schnell die Lust am Herumschlendern. Für empfindliche Mägen bietet sich der Besuch beim Imbissstand eher nach als vor der Karussellfahrt an. Heute stehen allerdings andere Fragen im Vordergrund. Zum Beispiel: Welche Stärkung reißt kein allzu großes Loch ins Portemonnaie? Die Wahl fällt schließlich auf Schmalzkuchen. Sie sind mit einem Preis von drei Euro einerseits 50 Cent günstiger als die Bratwurst in unmittelbarer Nähe. Zum anderen weiß jeder Schmalzkuchenfan, dass beim Esstempo Mäßigung geboten ist, sofern man nicht komplett gepudert werden möchte. Unterm Strich also mehr Genusszeit für weniger Geld, ließe sich als Sparfuchs argumentieren.
Kaum sind die Klamotten notdürftig vom feinen Zuckerstaub befreit, raschelt es unter den Füßen. Auf dem Boden liegen haufenweise Lose. Alles Nieten, aber abschrecken lässt sich davon kaum jemand. Die Leute vertrauen offenbar auf ihr Glück. Die Losbude lockt mit markigen Sprüchen und riesigen Stofftieren. 15 Lose sind für drei Euro zu haben. Es geht gut los, aber dann folgt Niete auf Niete. Die letzten Lose reißen das Ruder zumindest etwas herum. Der Hauptgewinn bleibt anderen überlassen, aber ein Kartenspiel gesellt sich als Preis zum Delfin.

Das große Glück? An den Losbuden herrscht traditionell großer Andrang.
Ein prüfender Griff in die Jackentasche: Neben den Gewinnen sind noch ein Schein und eine Münze zu spüren. Sechs Euro verbleiben. Sechs Euro sind angesichts des Angebotes nicht sonderlich viel, also fällt die Entscheidung schwer. Vielleicht am Greifautomaten sein Glück probieren? Oder doch noch die Bratwurst? Mittlerweile ist es auf der Bürgerweide etwas voller geworden. An einer Stelle hat sich eine längere Schlange gebildet. Ein Blick nach oben zeigt viele Schienen und enge Kurven: die Wilde Maus in XXL-Version. Das Schild an der Kasse kann nur ein Wink des Schicksals sein. Sechs Euro kostet die Fahrt für Erwachsene, also schnell eingereiht. Nach einem fußläufigen Hindernisparcours, der die Wartezeit überbrücken soll, geht es rein in die Wagen. Mit hoher Geschwindigkeit rast die Maus bergauf und bergab. Das Gefühl, aus der Kurve zu fliegen, ist nicht neu, hinterlässt aber trotzdem irgendwie Eindruck. Gerade hat man sich daran gewöhnt, da ist die Fahrt schon wieder vorbei.
Nach anderthalb Stunden sind die 20 Euro aufgebraucht. Der Gegenwert? Ein Plüschdelfin, hellblau-glitzernd, etwa zwölf Zentimeter lang. Ein Skat-Blatt, 32 Karten, der König auf dem Cover etwas unscharf abgedruckt. Und: ein bisschen Spaß, den man zur fünften Jahreszeit bestenfalls nicht minutengenau in Euro umrechnet.