An zahlreichen Stellen in Bremen behindern derzeit Bauarbeiten vor allem die Wege von Fußgängern und Radfahrern. Der Grund: Gleich mehrere Anbieter treiben parallel und in Konkurrenz den Ausbau des Glasfasernetzes voran. In erster Linie sind Vodafone und Glasfaser-Nordwest als Gemeinschaftsunternehmen von Telekom und EWE derzeit aktiv. Aber auch regionale oder auf die Anbindung von Unternehmen spezialisierte Anbieter beteiligen sich an dem Wettlauf.
Vor allem in Neubaugebieten führt das immer wieder zu einem mehrfachen Ausbau einer im Grunde nur einmal notwendigen Infrastruktur. "Bei den großen Objekten in der Überseestadt haben wir Internet-Anbieter uns quasi die Klinke in die Hand gegeben. Jeder hat zugesehen, seine Kabel schon mal vorsorglich in die Gebäude zu legen", sagt Mirko Dettmann, Vertriebsleiter der LWLcom GmbH, ein Bremer Anbieter, der vor allem direkte Glasfaseranbindungen für Unternehmen baut, aber auch private Kunden versorgt. "Wenn die Baugruben ohnehin da sind, ist das natürlich eine einmalige Gelegenheit für uns", bestätigt auch Dennis Müller, Abteilungsleiter Netzausbau für die Region Nord bei Vodafone.
Auch bei der Anbindung vorhandener Gebäude entstehen parallele Infrastrukturen, wenngleich Glasfaser Nordwest und Vodafone auf unterschiedliche Strategien und Techniken setzen, um einen flächendeckenden Ausbau zu erreichen. Vodafone hat Bremen neben Hannover, Wiesbaden und Mainz zur Pilotstadt erklärt, um sein Glasfaserangebot zu modernisieren. Dabei konzentriert sich der Anbieter auf den gezielten Ausbau des vorhandenen und mit dem Kauf von Kabel Deutschland 2014 übernommenen Kabelfernsehnetzes.
Schon in der Vergangenheit wurde das alte Kupferkabel dieses Netzes nach und nach durch Glasfaser ersetzt, bis März 2023 sollen nun auch die letzten rund 60 Kilometer Kupfer in Bremen durch den Lichtwellenleiter abgelöst werden. Allerdings bezieht sich dieser Ausbau nur auf das Hauptnetz bis zur Verteilerstation in der Straße, zumeist ein noch aus Zeiten der Bundespost stammender grauer Kasten. Von dort führen weiterhin Kupferkabel in die Gebäude. "Weil mit dem Ausbau aber neue Übertragungstechniken und eine verbesserte Netzarchitektur eingeführt werden, können wir damit trotzdem schnelles Internet mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde anbieten", verspricht Müller.
Verlegung ohne Bagger
Von den rund 324.000 Bremer Haushalten mit Kabelanschluss würden gut 95.000 direkt von dem Ausbau profitieren, der aktuell im Walle und Findorff gestartet ist. Weitere Bauarbeiten sind unter anderem in Gröpelingen, Hemelingen, Schwachhausen, Woltmershausen und Obervieland vorgesehen. Weil man nicht jeden Hausanschluss erneuern müsse, ist der Ausbau laut Müller mit "minimalinvasiven" Eingriffen in den Straßenraum verbunden. Durch sogenannte Horizontalbohrungen könnten die meisten Strecken ganz ohne Bagger und Schaufel in drei bis sechs Metern Tiefe unterirdisch verlegt werden. "Nur wo das Kabel an den Verteilerstationen herauskommt, muss das Pflaster aufgemacht werden."
Glasfaser Nordwest will seine Kabel hingegen bis in jedes Haus legen. Zunächst in Schwachhausen und Barkhof. Zusammen mit Buntentor, Findorff, Habenhausen und Mittelshuchting sollen so spätestens ab kommendem Jahr insgesamt knapp 28.000 Haushalte über einen Gigabit-Zugang verfügen können. Weitere Stadtteile sollen folgen. Direkte Glasfaseranschlüsse versprechen langfristig höhere Bandbreiten und sicherere Datenübertragungen, als Netze, in denen weiterhin Kupferkabel verwendet werden. "Das wird die Stadt Bremen in Sachen digitaler Infrastruktur für viele Jahrzehnte absichern", sagt Tomke Hollander, Pressesprecherin von Glasfaser Nordwest.
Erkauft wird das mit aufwendigeren Verlegearbeiten, für die zahlreiche Straßenpflaster und Vorgärten aufgerissen werden müssen. In Schwachhausen und im Barkhof sind diese Arbeiten bereits weitgehend erledigt, in Findorff haben sie parallel zu den Aktivitäten von Vodafone gerade begonnen, ebenso im Buntentor. Noch in diesem Monat soll auch der Ausbau in Habenhausen starten.
Dabei wird in Kauf genommen, dass unter Umständen in Abständen von wenigen Wochen dieselben Bürgersteige von den beiden Konkurrenten aufgerissen werden. "Wo es passt, können wir die Tiefbau-Arbeiten gern mit dem Mitbewerber abstimmen", kommentiert Sascha Hoffmann, bei Vodafone für das Baustellenmanagement in Bremen zuständig. Allerdings habe der eigene Zeitplan stets Priorität. Das für die Genehmigungen der Arbeiten zuständige Amt für Straßen und Verkehr (ASV) sieht sich laut Sprecherin Andrea Voth nicht in einer koordinierenden Rolle. Die jeweiligen Anträge der Tiefbauarbeiten würden unabhängig voneinander bearbeitet und genehmigt.