„Als ich das Gebäude das erste Mal betreten habe, herrschte hier das reinste Chaos“, erzählt Kai Steffen, Erster Vorsitzender des Vereins „Focke-Windkanal“. „Verzogene Türen, vergammelte Fenster, der Putz fiel von den Wänden. Außerdem gab es Schimmel und es hat überall durchgeregnet.“ Er hat dann die Restaurierung des flugtechnischen Labors des Flugzeugkonstrukteurs Henrich Focke in Angriff genommen – nicht alleine, sondern mithilfe einiger Vereinsmitglieder. Zusammen brachten sie den äußerlich recht unscheinbaren Bau im Hinterhof eines Hauses in der Bahnhofsvorstadt mit ehrenamtlicher Arbeit wieder auf Vordermann.
Begonnen hat die Windkanalleidenschaft Kai Steffens an Weihnachten 1997: Er bekam die Memoiren Henrich Fockes geschenkt „und darin stand, dass er am Ende der Borgwardzeit geplant hat, einen Windkanal zu bauen“, erzählt Steffen. Bei Borgward konstruierte Focke Ende der Fünfzigerjahre einen Hubschrauber, der 1958 unter dem Namen „Kolibri“ sogar abhob. In Serie ging der Kolibri jedoch nicht, dafür 1961 Borgward pleite. In diesem Jahr begann der 1890 geborene Henrich Focke, sein Fluglabor zu planen, 1963 war es fertig – untergebracht in einer ehemaligen Tischlerei. Das Vorderhaus hatte Henrich Focke zuvor mitsamt Schuppen gekauft. Nach dem Tod Fockes im Jahre 1979 verfiel das Gebäude mitsamt Fluglabor jedoch zusehends.
Kai Steffen hat sich das Labor im Frühjahr 1998 erstmals angeschaut und sofort gewusst: „Das hier ist etwas Besonderes, etwas Einmaliges, so einmalig, dass wir das erhalten sollten.“ Es fanden sich ein paar Freunde und Bekannte und auch verschiedene Geldgeber, die ebenfalls von der Notwendigkeit des Erhalts des Fluglabors überzeugt waren. „Ich habe etwas entdeckt, was weltweit einmalig war. Das Land Bremen hatte keine Lust, es mit eigenen Mitteln zu erhalten. Die Tochter von Henrich Focke meinte, dass ich mich darum kümmern sollte", sagt Kai Steffen. "Dann ist man auch in der Verantwortung, auch gegenüber der Familie Focke. Ohne mich wäre das hier gestorben.“
Mit 250.000 Euro und einem enormen ehrenamtlichen Engagement hat die kleine Gruppe um Kai Steffen dann zwischen 2003 und 2005 an dem Projekt gearbeitet. „Da haben wir den Windkanal museal wieder hergerichtet, doch die Aerodynamik war noch nicht wieder hergestellt“, sagt Kai Steffen. Seit 2004 ist das Labor mit dem Windkanal auch als Kulturdenkmal anerkannt, 2010 wurde der Windkanal dann wieder so restauriert, dass er funktionierte.
Begeistert zeigt sich auch Olaf von Engeln, der Zweite Vorsitzende des Vereins: „Ich bin ein flugbegeisterter Mensch“, erzählt er. „Ich wäre wahnsinnig gerne Pilot geworden, doch die Kosten für die Ausbildung und das Flugzeug haben den Traum sterben lassen.“ Im Jahr 2002 habe er im WESER-KURIER dann einen Artikel gelesen, dass für den Windkanal noch Leute gesucht werden und 2004 dann noch einmal an einem Schwarzen Brett – „und dann bin ich mal hingegangen“, sagt der studierte Informatiker. Er ist geblieben, bis heute. „Eine Art Schwarmintelligenz“ attestiert Olaf von Engeln den Vereinsmitgliedern, und er meint damit, als dass sie sich mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung hervorragend ergänzen.
Das Team setzt sich zusammen aus Elektrotechnikern, Physikern, Informatikern und Ingenieuren, aber auch Studenten der Wirtschaft oder der Kulturwissenschaft sind dabei: „Wir sind alle etwas verrückt“, sagt Olaf von Engeln über die 20 Personen, die derzeit in dem Verein aktiv sind.

Olaf von Engeln arbeitet in der Werkstatt Focke-Windkanal mit den Originalwerkzeugen.
Was sollte jemand mitbringen, der an einer Mitarbeit interessiert ist? „Technisches Verständnis“, sagt Olaf von Engeln, „und ein Interesse an der Geschichte der Bremer Luftfahrt. Und er sollte das den Leuten auch erzählen wollen.“ Auch Führungen gehören zum Programm, deshalb ergänzt Kai Steffen: „Man sollte keine Angst vor Leuten haben.“
Derzeit sei der Älteste unter ihnen um die 70 Jahre alt, der Jüngste um die 40 Jahre, wobei das Alter für die Arbeit im Verein nicht relevant sei, so Olaf von Engeln: „Man ist so alt, wie man sich fühlt.“ Die Freude, sich irgendwo einzuarbeiten, etwas zu lernen: Darum geht es ihm persönlich. Er frage sich: „Was würde Focke mit den heutigen Möglichkeiten machen? Ich finde den Pioniergeist von damals faszinierend und man greift ja auch diesen Pioniergeist auf.“ Manche von ihnen würden gerne basteln, andere machen gerne Führungen und wieder andere machen Schreibarbeiten: „Im Grunde machen die Leute das, wozu sie am meisten Lust haben“, sagt Kai Steffen und fügt hinzu: „Ohne Ehrenamt würde das Gebäude seit spätestens 2010 nicht mehr stehen.“
Ihre Zeit für das Projekt „Windkanal“ könnten die Interessenten flexibel gestalten, sagt Kai Steffen, „zwei bis drei Stunden im Monat oder jede Woche eine Führung zum Beispiel. Und wer sich hier engagiert und seine Zeit investiert, zahlt keine Mitgliedsbeiträge.“