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Welche Probleme es gibt Wie es beim Neubau des Klinikums Mitte vorangeht

Der Neubau am Klinikum Mitte könnte noch einmal teurer werden. So steht es im neuesten Risikobericht. Der WESER-KURIER hat sich auf der Baustelle umgeschaut. Was hat sich verändert, was nicht?
10.11.2015, 00:00 Uhr
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Wie es beim Neubau des Klinikums Mitte vorangeht
Von Christian Weth

Der Neubau am Klinikum Mitte könnte noch einmal teurer werden. So steht es im neuesten Risikobericht. Der WESER-KURIER hat sich auf der Baustelle umgeschaut. Was hat sich verändert, was nicht?

Freitags ist Besuchertag. Das war schon immer so auf dieser Baustelle. Nur die Leute, die zum Gucken kommen, sind jetzt andere. Parlamentarier, sagt Michael Bester-Voss, sieht man seltener als noch vor einem Jahr. Dabei droht heute wieder, was die Politiker damals untersuchten: Der Neubau am Klinikum Mitte könnte noch einmal teurer werden. So steht es im neuesten Risikobericht. Bester-Voss kennt ihn. Der Mann ist für den Bau zuständig. Und für den Fortschritt, den er machen soll. Seinerzeit hat der WESER-KURIER ihn sich zeigen lassen. Und die Probleme, die ihm im Weg stehen. Jetzt wieder: Was sich auf der Baustelle verändert hat und was nicht.

Das Prozedere vor dem Besuch ist geblieben. Wer in den Neubau will, muss anziehen, was alle tragen: Helm, Warnweste, Arbeitsschuhe. Und weil die Paare, die zur Auswahl stehen, schon von vielen getragen wurden, gibt es weiße Socken, die über die eigenen gezogen werden. Wenn es um Hygiene geht, werden bei Besuchern keine Ausnahmen gemacht. Bester-Voss trägt keine Socken über den Socken. Er hat eigene Arbeitsschuhe, weil er täglich auf der Baustelle ist und fast jeden Freitag eine Besuchergruppe führt. Irgendwann hat der Planer aufgehört, sie zu zählen. Neulich, sagt er, war jemand aus der Gesundheitsbehörde da. Nein, nicht die Chefin, sondern der Staatsrat. Eva Quante-Brandt (SPD) hat sich noch nicht auf der Baustelle blicken lassen. Ende November oder Anfang Dezember will sie kommen. So genau weiß Bester-Voss das nicht.

Zentral-OP

Damals, beim ersten Rundgang, wusste er aber sehr genau, was er auf Ebene 02 unbedingt zeigen wollte: etwas, das ausnahmsweise mal vier Wände hatte, den Muster-OP. Er war der einzige, der welche hatte. Alle anderen 15 OPs konnte man bestenfalls erahnen. Wo Wände stehen sollten, standen Stahlgerippe für die Rigipsplatten. Bester-Voss sagt, was man sieht: „Jetzt sind die Trockenbauer so gut wie fertig.“ Der Projektmanager spricht von einer Aufholjagd, die begonnen hatte, als sich die erste Trockenbaufirma nach seinen Worten verweigert hatte und ihr gekündigt wurde. Um sie war es lange im parlamentarischen Ausschuss gegangen – und geht es heute noch, wenn die Frage kommt, warum der Bau immer noch nicht fertig ist.

Die OP-Wände sind zwar da, aber noch unverputzt. Die Steckdosen haben keinen Strom, die Sichtfenster kein Glas. Dafür sind die Halterungen für die Leuchten, Monitore und elektronischen Instrumente mittlerweile dort, wo sie hingehören. Bester-Voss zeigt an die Decke. Und auf Kupferrohre, die nach unten verlaufen. „Das“, sagt er, „sind die Anschlüsse für die Anästhesie.“ Im Flur reihen sich die gleichen Leitungen wie Orgelpfeifen hinter Plexiglasscheiben. Auf manchen steht „Sauerstoff“, auf anderen „Vakuum“. Und auf allen hat irgendjemand ein rotes D gemalt. D wie dicht. Bester-Voss: „Alle Kupferrohre sind mittlerweile geprüft worden.“

Intensivstation

Einen Gang weiter sind die Trockenbauer ebenfalls fertig. Oder kurz davor, es zu sein. Ein Arbeiter schneidet gerade ein letztes Wandstück zurecht, ein anderer fixiert es mit dem Akkuschrauber. Der Planer zeigt Räume, die es vor einem Jahr in diesem Trakt noch nicht gab. Hier die Zwei-Bett-, dort die Ein-Bett-Zimmer für die Intensivpatienten. Und dazwischen der Raum, in dem das Personal später über sie wacht. Bester-Voss sagt, dass das zum Konzept gehört: Die Wege für die Pfleger, Krankenschwestern und Ärzte sollen im Neubau kürzer sein, als sie es im Altbau sind. Der Projektmanager spricht von Effizienz. Von weniger Mitarbeitern sagt er nichts. Das haben die Parlamentarier im Ausschuss getan.

Bester-Voss ist froh, dass der nicht mehr tagt. Auch er hat auf dem Zeugenstuhl gesessen. Von ihm wollten die Politiker vor allem wissen, warum nur so und so viele Handwerker vor einem Jahr auf der Baustelle waren und nicht so und so viele. Der Projektmanager sagt heute, was er damals im Ausschuss ähnlich gesagt hat: „Es könnten immer mehr sein.“ Sind es aber nicht. Aktuell, meint er, arbeiten 220 Menschen am Neubau. Dass man nur dann und wann welchen in Gängen und Zimmern begegnet, erklärt er damit, dass die Großbaustelle eben so groß ist. Ihre Fläche entspricht fast fünf Fußballfeldern. Die beiden Arbeiter, die Rigipsplatten schneiden und fest schrauben, sind die einzigen an diesem Vormittag auf der Intensivstation. Bester-Voss sagt, dass demnächst 300 Arbeiter auf der Baustelle sein werden.

Pflegestation

Es geht eine Etage höher. „Ebene 03“ steht auf einem Plan an der Wand. Bester-Voss marschiert vorweg, über nackten Betonboden, über frisch getrockneten Estrich. Er will die ersten gefliesten Flure auf einer Pflegestation zeigen. Der Projektmanager hebt eine beigefarbene Pappe hoch, die zum Schutz auf den hellgrauen Fliesen liegt. Die Pappe erstreckt sich über 100 Meter weit. In einer Woche, sagt er, ist die Ebene fertig.

Der Zeitplan für die Pflegestation ist enger als bei anderen Arbeiten. So eng wie bei der Intensivstation und dem Zentral-OP. Bester-Voss: „Sie müssen früher betriebsbereit sein.“ Was komisch klingt bei einem Neubau, der nach dem ursprünglichen Plan vor anderthalb Jahren fertig sein sollte. Jetzt gibt es nicht nur einen späteren Eröffnungstermin, sondern zwei Termine: für eine sogenannte Teilinbetriebnahme und für die komplette. Die eine ist auf Ende 2016 datiert, die andere auf Ende 2018. OP, Intensiv- und Pflegestation sind für den früheren Termin eingeplant. Dabei ist gerade mal ein Patientenzimmer des 750-Betten-Hauses eingerichtet.

Bester-Voss öffnet die Tür zu ihm. „So“, sagt er, „sollen später alle anderen aussehen.“ Die Wände sind hell, die Möbel aus Holzfurnier, Zimmer plus Bad rund 20 Quadratmeter groß. Das Fenster reicht fast bis zum Boden herunter. Die Kleiderschränke stehen gleich neben den beiden Betten. Ein Fernseher hängt nicht an der Wand. Patienten sollen separate Bildschirme bekommen, die am Rollwagen neben dem Bett befestigt sind. Heute Standard, sagt Bester-Voss.

Technikzentrale

Mehr Moderneres will er woanders zeigen. Er will ins Herz des Hauses. Dorthin, wo Luft und Leitungen zusammenlaufen. Oder zusammenlaufen sollen. Zumindest die Stromkabel enden noch auf Etagen, auf denen sie eigentlich nicht enden sollen. Auf dem Weg in die Technikzentrale geht es vorbei an Verteilerräume, in denen sie wie Wollknäuel für Riesen auf dem Boden liegen. Ja, sagt Bester-Voss, das ist noch ein Problem. Verursacht hat es eine Insolvenz. Die Firma, die für die Stromversorgung des Komplexes zuständig war, ist pleite. Das könnte den Neubau nicht bloß abermals teurer machen, sondern seine Fertigstellung auch erneut verzögern. Im Risikobericht steht jetzt eine Summe von 301 Millionen Euro, geplant hatte der Bauherr, der Klinikverbund Gesundheit Nord, anfänglich mit 230 Millionen Euro. Was nicht im Bericht steht, sagt Daniel Goerke, einer der Unternehmenssprecher. Er spricht von einem Zeitverzug von mehreren Wochen durch die Insolvenz. Und davon, dass man glaubt, die verlorene Zeit wieder aufholen zu können.

In der Technikzentrale hält Bester-Voss ein Kabel hoch, das so dick wie ein Babyarm ist – und so abrupt endet wie die Leitungen in den Verteilerräumen. „Saft haben wir aber.“ Bester-Voss zeigt auf Leuchten, die leuchten. Sie gehören zu Apparaten, die runde Sichtfenster wie Waschmaschinen haben. In ihnen wird die Klinikluft klinisch rein gemacht. Vor einem Jahr hat Bester-Voss den Besuchern einen Raum mit Filteranlagen zeigen können, jetzt zeigt er sie auf einer Fläche, die an ein Parkdeck erinnert.

Dach

Auf dem Oberdeck des Neubaus gab es mal zerfetzte Dachpappe zu sehen und Wasser, das sich in metergroßen Lachen gesammelt hatte. An diesem Freitag regnet es, Pfützen bilden sich trotzdem nicht. Das Dach, das damals die Parlamentarier für kaputt erklärt hatten, ist wieder intakt. Spanplatten schützen noch die oberste Schicht, obwohl kein Handwerker weit und breit zu sehen ist, der sie wie seinerzeit beschädigen könnte. Bester-Voss: „Wir sind hier so gut wie fertig.“

Pathologie und Strahlenklinik

Von ganz oben geht es nach ganz unten, wo sich einiges getan hat, aber noch vieles zu tun ist. Links die Pathologie, rechts die Strahlenklinik. Wieder Wände, wo beim ersten Rundgang noch keine waren. Wieder Beton und Estrich, wo vor einem Jahr noch keiner lag. Die weiße Wanne, sagt Bester-Voss, ist längst zugeschüttet. Auch so ein Begriff vom Bau, der im Ausschuss oft gefallen ist. Die Wanne, ein Mauerwerk, das sich über 10 000 Quadratmeter unterhalb des Gebäudes erstreckt und Grundwasser am Eindringen hindern soll, war undicht.

Für den Strahlenbunker daneben galt das nie. Die Bauarbeiten an den drei Kammern, in denen Krebspatienten behandelt werden sollen, erklärt Bester-Voss für abgeschlossen. Die Wände sind aus einem speziellen Beton-Blei-Gemisch und mehrere Meter dick. Genauso wie die tonnenschweren Tore an den Eingängen. Demnächst, meint der Projektmanager, kommen die Linear-Beschleuniger. Auch die Strahlenklinik gehört zu den Abteilungen, die früher in Betrieb gehen sollen. Ob auch gleich komplett, lässt er genauso offen wie bei allen anderen: „Schauen wir mal, wie weit wir kommen.“

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