Mehr als 14.000 Carsharing-Nutzer gibt es in Bremen. Und die Kunden haben dadurch 5000 Pkw abgeschafft. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage, die aus Mitteln der Europäischen Union finanziert wurde. "Diese Pkw-Entlastung des Bremer Straßenraums entspricht aneinandergereiht einer Schlange von 25 Kilometern", sagte Verkehrssenator Joachim Lohsen (Grüne) bei der Vorstellung der Studie am Montag. Es gebe aber noch viel Potenzial, für noch mehr Carsharing-Nutzer – so eine weitere Aussage der Studie.
Das auszuschöpfen, wäre ganz im Sinne Lohses. Immerhin gibt es ein eindeutiges Ziel, das der Senat im Bremer Car-Sharing-Aktionsplan von 2009 formuliert und im Verkehrsentwicklungsplan festgeschrieben hat: Insgesamt gibt es derzeit mehr als 270.000 Pkw in Bremen. Bis 2020 soll diese Zahl um 6000 Autos reduziert werden, was bei einer Zahl von insgesamt 20.000 Car-Sharing-Nutzern erreicht werde. "Wir sind auf einem guten Weg, das auch zu erreichen", ist der Senator optimistisch.
Bestätigung für diese Entwicklung gab es von Cambio – mit über 300 Fahrzeugen und über 14 000 Kunden Marktführer in Bremen: "Bleibt die Entwicklung in den nächsten beiden Jahren so wie sie in den vergangenen zwei Jahren war, dann haben wir 2020 die 20.000 Nutzer", so Cambio-Geschäftsführerin Kerstin Homrighausen.
Entscheidend für eine weitere positive Entwicklung ist der Ausbau der dezentralen Carsharing-Standortstruktur: Die Verlässlichkeit des Angebotes und die Nähe der Stationen seien wichtige Bausteine, so Hannes Schreiber, Leiter der Marktforschung vom Berliner Unternehmen Team Red, das die Studie erstellt hat. Die Befragungsergebnisse zeigten, dass gerade die durch die sogenannten Mobil-Pünktchen geschaffene räumliche Nähe der Stationen zu den Wohnorten der Nutzer ein fundamentaler Erfolgsfaktor für das Car-Sharing in Bremen sei.
"Dieser Ansatz hat nicht nur Vorbildcharakter für mit Bremen vergleichbare Städte, sondern sollte auch in Bremen konsequent fortgeführt und auf weitere Stadtgebiete ausgeweitet werden." Derzeit gibt es 102 Carsharing-Stationen der insgesamt drei Anbieter, wobei Flinkster – ein Angebot der Deutschen Bahn – in Bremen nur am Hauptbahnhof mit einem Standort und drei Fahrzeugen vertreten ist. Zweitgrößter Anbieter ist Move About.
Der reine Elektro-Carsharing-Anbieter hat derzeit 16 Fahrzeuge und 316 Kunden und legte seinen Schwerpunkt bislang auf Gewerbekunden. Von den 102 Stationen befinden sich 74 auf privatem Grund und 28 Stationen als Mobil-Punkte oder Mobil-Pünktchen im öffentlichem Straßenraum, drei weitere werden gerade gebaut. Weitere Standorte seien in Abstimmung mit den jeweiligen Stadtteilbeiräten in der Planung, so Lohse.
Carsharing entlastet die Umwelt
Mit den Stationen im öffentlichem Raum unterstützt Bremen den Ausbau von Carsharing. "Die Förderung des Carsharings ist ein Beitrag zur effizienten Stadt", so der Verkehrssenator. Ganz kostenlos ist das Angebot aber nicht: Die Unternehmen müssen Miete zahlen, allerdings nur 49 Euro pro Platz und Monat im Zentrum beziehungsweise 25 Euro bei dezentralen Mobil-Punkten.
Für Lohse sei diese "Subvention" aus zweierlei Hinsicht sinnvoll: Zum einen müssten 100 Millionen Euro in Hoch- und Tiefgaragen investiert werden, um einen ähnliche Parkraumentlastung zu erzielen, wie er durch den Wegfall der 5000 Pkw entstehe. Zum anderen entlaste Carsharing die Umwelt: Laut der Studie sind Pkw-Fahrleistungen in einem Car-Sharing-Haushalt um über 50 Prozent geringer als in einem durchschnittlichen Bremer Haushalt.
Die Nutzer von Carsharing würden deutlich mehr das Fahrrad und den ÖPNV nutzen als "normale" Autofahrer, so Schreier. Hinzu komme, dass Carsharing-Nutzer den Einzelhandel in ihrem Stadtteil viel mehr nutzten als andere Fahrer, die häufiger zum Einkaufszentrum auf der grünen Wiese seien.
Dass es in Bremen kein stationsunabhängiges Free-Floating gibt – solche Angebote gibt es vornehmlich in Großstädten wie Berlin und Hamburg –, stört Lohse überhaupt nicht: "Wir werden als Stadt nicht aktiv auf solche Anbieter zugehen." Erstens sei nicht bekannt, inwieweit sich durch Free-Floating die Anzahl der Fahrzeuge reduziere. "Und zweitens bin ich überzeugt, dass Free-Floating teilweise auch den ÖPNV ausbremst." Die Fahrt zur Disco werde nicht mehr mit der Straßenbahn gemacht, sondern mit dem Free-Floating-Fahrzeug, nannte Lohse ein Beispiel.
Etwas flexibler könnte das Carsharing in Bremen aber trotzdem werden. Zumindest denkt Marktführer Cambio darüber nach, inwieweit es möglich ist, One-Way-Fahrten zu unterbreiten, also dass der Wagen an einer anderen Station abgegeben werden kann. Offenbar sei der Wunsch dafür da. Wie das umsetzbar sei, "werden wir prüfen", so die Cambio-Geschäftsführerin.
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