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Ehemaliger Offshore-Windanlagen-Hersteller Adwen streicht fast jede zweite Stelle in Bremerhaven

Ein weiterer Rückschlag für den Standort Bremerhaven: Beim ehemaligen Offshore-Windanlagen-Hersteller Adwen in Bremerhaven verlieren 260 von 480 verbliebenen Mitarbeitern ihren Job.
26.06.2018, 19:04 Uhr
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Adwen streicht fast jede zweite Stelle in Bremerhaven
Von Peter Hanuschke

Dass es zum Stellenabbau kommen würde, damit hatten die Adwen-Mitarbeiter gerechnet – aber nicht in diesem Ausmaß. Der Mutterkonzern Siemens-Gamesa Renewable Energy hatte für Dienstag eine Informationsveranstaltung bei dem ehemaligen Offshore-Windanlagen-Hersteller in Bremerhaven anberaumt. Dort erfuhren die Mitarbeiter, dass 260 der verbliebenen 480 Stellen abgebaut werden sollen.

Betroffen sollen davon alle Bereiche sein – vom Einkauf, Verwaltung über Engineering bis hin zu den Facharbeitern, die über Jahre hinweg die Offshore-Anlagen gefertigt haben. Es hieß immer, dass es Abteilungen gebe, die sicher seien. Genau das Gegenteil sei eingetroffen, sagte ein frustrierter Adwen-Mitarbeiter.

Nur noch für Wartung und Service zuständig

Siemens-Gamesa bestätigte am Dienstag die Pläne vom Juni 2017, denen zufolge es bei Adwen nur noch den Bereich „Operations“ geben soll. Dieser ist künftig ausschließlich für die Wartung und den Service von vier deutschen Windparks zuständig, die mit Adwen-Anlagen der früheren Generation ausgestattet sind.

Der Mutterkonzern lässt den Stellenabbau bei seiner Tochter unter der Überschrift "Reorganisation" laufen. Die Umsetzung soll bis Ende 2020 abgeschlossen sein. "Die Unternehmensleitung wird umgehend Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufnehmen, um die Veränderungen möglichst sozialverträglich umzusetzen", teilte Siemens-Gamesa mit. "Bis Ende September soll ein Ergebnis vorliegen", hieß es auf der Informationsveranstaltung.

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Dieser Stellenabbau soll bereits in den im November 2017 angekündigten globalen Umstrukturierungsplänen der Siemens-Gamesa Renewable Energy (SGRE) berücksichtigt worden sein, die einen Abbau von 6000 Arbeitsplätzen in 24 Ländern innerhalb von drei Jahren vorsehen.

Hintergrund der Reorganisation sei die bereits angekündigte Änderung des Geschäftsmodells mit Fokus auf die Wartung der installierten Adwen-Windenergieanlagen, heißt es in der Pressemitteilung. Adwen werde künftig funktional in den Geschäftsbereich Service von SGRE beziehungsweise in die verschiedenen Unternehmensfunktionen von SGRE integriert. "Der Mangel an neuen Aufträgen hat Adwen in diese schwierige Situation gebracht", so Geschäftsführer Hans-Rolf Huppert, der bei Adwen für den Bereich Finanzen zuständig ist. "In Verbindung mit Überkapazitäten und dem zunehmenden Kostendruck in der Windindustrie sind die geplanten Veränderungen unvermeidlich."

Interessenausgleich und Sozialplan

Den Stellenabbau bezeichnet die Geschäftsführung als weiteren Schritt im angekündigten Restrukturierungsprozess von Adwen. Vorangegangen war die Einstellung der Rotorblattproduktion in Stade mit entsprechendem Interessenausgleich und Sozialplan. Außerdem betont das Management, dass dazu ein freiwilliges Programm für Mitarbeiter zum Wechsel in das SGRE-Werk in Cuxhaven und ein freiwilliges Programm in bestimmten Organisationsbereichen zum Ausscheiden aus dem Unternehmen gehört habe. "Die erwartete Personalanpassung ist ein harter Schnitt für Adwen und eine herausfordernde Situation für die betroffenen Mitarbeiter und ihre Familien", so Carsten König, geschäftsführendes Vorstandsmitglied bei Adwen. "Wir werden eng und konstruktiv mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten, um schnellstmöglich einen Interessenausgleich und einen fairen Sozialplan zu erreichen."

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Dass sich Siemens als Weltmarktführer im Bereich Offshore-Anlagen nicht dazu eignen würde, Adwen als Hersteller zu stärken, hatte sich relativ frühzeitig herausgestellt. Der Münchener Konzern war über Umwege an Adwen geraten: Ursprünglich gehörte Adwen je zur Hälfte dem französischen Energiekonzern Areva und dem spanischen Windgeneratorenhersteller Gamesa. Nachdem Areva seine Anteile an Gamesa verkauft hatte, waren die Spanier zwischenzeitlich alleiniger Eigentümer – aber nur bis Siemens sich 2016 mit Gamesa zusammenschloss. Siemens hält an der neuen Gesellschaft SGRE 59 Prozent.

Die Übernahme von Adwen hatte nichts mit strategischen Überlegungen zu tun: Siemens hatte für gut eine Milliarde die Mehrheit an Gamesa nur deshalb übernommen, um so im Windkraftanlagengeschäft an Land – im Onshore-Geschäft – Marktanteile zu gewinnen. Dort gehört Gamesa zu den führenden Unternehmen. Dass Adwen mit zum Paket gehörte, lag daran, dass sich kein passender Käufer für den Offshore-Bereich gefunden hatte.

Ein weiterer Rückschlag für Bremerhaven

Das Produktionsende bei Adwen – das Unternehmen war das letzte von mehreren Betrieben, die Offshore-Windanlagen in Bremerhaven entwickelt und hergestellt haben – und nun der angekündigte weitere Stellenabbau sind ein weiterer Rückschlag für die Seestadt als Offshore-Standort. Dazu sagte Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD), die Energiewende werde nur mit einem stärkeren Ausbau der Offshore-Windenergie gelingen. "Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es weiterhin richtig ist, in Bremerhaven auch auf die Zukunft der Offshore-Industrie zu setzen." Der Senat werde auf Bundesebene weiterhin entschieden für eine deutliche Erhöhung der Ausbauziele für die Offshore-Windenergie eintreten.

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