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Aus OTB wird Greenport Starke Konkurrenz für Alternativ-OTB

Falls es eine Bedarfsanalyse für einen Alternativ-OTB geben sollte, müsste sie bei null starten. Denn die Offshore-Windindustrie hat sich massiv verändert. Auch die Anzahl der Verladehäfen hat zugenommen.
09.12.2021, 17:26 Uhr
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Starke Konkurrenz für Alternativ-OTB
Von Peter Hanuschke

Das Bremer Oberverwaltungsgericht hat zwar das Projekt Offshore Terminal Bremerhaven (OTB) "kassiert", aber es gibt Überlegungen, eine Alternative für den seit Jahren geplanten Schwerlasthafen zur Be- und Entladung von Windkraftanlagen auf den Weg zu bringen - zumindest könnte diese Option in Form einer Bedarfsanalyse geprüft werden. Falls es dafür einen politischen Beschluss geben sollte, ist eines klar: Die Arbeit fängt bei null an. Denn seit Aufnahme der Planungen im Jahr 2009 haben sich die Rahmenbedingungen gewandelt - im negativen wie im positiven Sinne für einen Alternativ-OTB in Bremerhaven. So hat sich beispielsweise die Anzahl der Verladehäfen seitdem mehr als verdreifacht, aber auch das Ausbauvolumen hat sich vervielfacht.

Konkurrenz durch mehr Offshore-Häfen

Während in Bremerhaven in Sachen Offshore-Terminal nichts passierte, haben die Nordsee-Anrainerstaaten ihre Häfen ausgebaut oder angepasst, um im Be- und Entladegeschäft mitzumischen. Als die junge Offshore-Wind-Industrie Fahrt aufnahm und sich Bremerhaven als einer der führenden internationalen Standorte  in diesem Geschäft sah, gab es beispielsweise 2014 neben der Seestadt mit Eemshaven (Niederlande), Esbjerg (Dänemark) und Cuxhaven im Grunde genommen nur vier Häfen, die von der Offshore-Windindustrie in erster Linie als Umschlags- und Installationshäfen genutzt wurden. Inzwischen gibt es 13 solcher Häfen.

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Etwa 1500 Windkraftanlagen

Von den etwa 1500 Windkraftanlagen in deutschen Nord- und Ostsee-Windparks kamen in der Vergangenheit im Zeitraum von 2009 bis 2020 etwa 400 Anlagen aus Bremerhaven.

Bremerhavens Nachteil

Bei den Konkurrenzhäfen sind größtenteils Produktionsstätten angesiedelt, in denen wesentliche Großkomponenten für Windkraftanlagen hergestellt werden - beispielsweise in unmittelbarer Nähe in Nordenham die Firma Steelwind, die Fundamente produziert, oder in Cuxhaven, wo der Marktführer Siemens Gamesa  seit vier Jahren die sogenannte Gondel - das Maschinenhaus samt Turbine - fertigen lässt. Ähnlich sieht es an den Standorten im Ausland aus: So hat etwa der Fundamentehersteller SIF einen Produktionsstandort in Rotterdam (Niederlande), im englischen Hull stellt Siemens Gamesa Rotorblätter her, im französischen Saint-Nazaire hat GE eine Turbinenfabrik oder in Esbjerg produzieren Vestas Offshore-Windanlagen. In Bremerhaven stellte der Offshore-Turbinen-Hersteller Adwen 2017 dagegen seine Fertigung ein. Außerdem machte das Werk von Power-Blades dicht, ein Hersteller für Windanlagen-Rotorblätter. Und der Anlagenproduzent Senvion ging in die In­solvenz.

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Bremerhavens Vorteil

Nach wie vor gibt es in Bremerhaven in Sachen Offshore ein ausgeprägtes Zulieferer- und Dienstleiterumfeld. Dazu gehören unter anderem  die BLG Logistics, Eurogate und das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik.

Ein neuer Hersteller

Das wäre für Bremerhaven der Idealfall und würde sicherlich im Falle einer Analyse den Bedarf für einen Schwerlasthafen aufzeigen. Allerdings stehen die Hersteller nicht Schlange. Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren sortiert, ein paar mittelständische Unternehmen sind verschwunden, die Offshore-Windindustrie wird mehr und mehr von ein paar großen Global-Playern dominiert.

Rettung aus China?

Der Windkraftanlagenhersteller Ming Yang, der bislang nur im chinesischen Heimatmarkt aktiv war, plant laut verschiedenen Medienberichten, im europäischen Markt einzusteigen und sucht einen Produktionsstandort. Ob Bremerhaven in diesen Planungen eine Rolle spielen könnte, hängt sicherlich von den Gegebenheiten ab - wie schon bei Siemens Gamesa: 2015 hatte sich das Unternehmen dazu entschlossen, das Produktionswerk in Cuxhaven zu errichten - dort war die Infrastruktur bereits vorhanden. Auch Bremerhaven hatte zuvor in den Standortüberlegungen eine Rolle gespielt.

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Offshore - ein wachsender Markt

"Grundsätzlich sehen wir den Markt für die Errichtung von Offshore Windparks als weiter stark wachsend an, insbesondere auch in der Nordsee", sagt Dirk Briese, Geschäftsführer des Bremer Markforschungsinstituts Trendresearch. "Es ist ein riesiger Wachstumsmarkt, der unserer Meinung nach auch wenig risikoreich ist, weil es einfach keine Alternative zu Klimaschutz und damit dem Ausbau Erneuerbarer Energien gibt."

Ist die vorhandene Infrastruktur ausreichend?

Ob die vorhandene Häfen-Infratruktur ausreicht, um die zu erwartenden Mengen zu bewältigen, was auch das Geschäft mit Repowering und Recycling in ein paar Jahren beinhaltet, ist aus Sicht von Trend-Research die Königsfrage. Die Frage, ob die vorhandene Struktur der Häfen ausreiche oder nicht, sei allerdings weniger von dem Ausbauziel in Gigawatt (GW), sondern mehr von anderen Faktoren abhängig - etwa der Anzahl der zu errichtenden Anlagen, so Briese. Denn durch die immer größer werdenden Anlagen von ehemals 2,3 auf derzeit 14 Megawatt-Anlagen reduziere sich die Anzahl auch für die Häfen stark, so dass pro GW deutlich weniger umgeschlagen werden müsse. "Allerdings werden Gewicht, Umfang und Länge der Komponenten auch immer größer und schwerer, was dazu führen kann, dass die vorhandenen Strukturen, insbesondere die Suprastruktur, technisch nicht ausreichen." Das sei bekannt und deshalb werde in dem einen oder anderen Hafen bereits auch entsprechend aufgerüstet - etwa in Esbjerg.

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Aus OTB wird Greenport

Greenport könnte bei einer möglichen Analyse zum Programm werden, um den "grünen" Bedarf eines neuen Hafens nicht nur durch den Bereich Offshore untermauern zu wollen: Die angedachte Variante sieht ein zur Weser hin offenes Hafenbecken im Bereich des stillgelegten Flugplatzes Luneort vor. Bremerhaven will sich bekanntlich wie viele andere Regionen auch zum "Kompetenzzentrum Wasserstoff" entwickeln und für entsprechende Projekte ist unter anderem das Gewerbegebiet Luneort vorgesehen.

Zur Sache

Ausbau der Offshore-Windindustrie

Mit ihrer Offshore Renewable Energy Strategy will die Europäische Kommission die Offshore-Windenergie auf 300 Gigawatt (GW) bis 2050 mit Investitionen von 800 Milliarden Euro ausbauen – davon bis 2030 von derzeit heute etwa zwölf auf 60 GW. Der Markt in Großbritannien gehört nicht dazu. In Deutschland wurde das Ausbauziel im vergangenen Jahr von 15 auf 20 GW bis 2030 erhöht und bis 2040 auf 40 GW festgelegt.

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