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Stahlindustrie Bremer Hütte bekommt 1,1 Milliarden Euro

Dass ein Bundeswirtschaftsminister eine Betriebsversammlung besucht, geschieht nicht alle Tage. Doch die gute Nachricht, die Robert Habeck für die Bremer Hüttenwerker hatte, wollte er persönlich überbringen.
05.02.2024, 14:34 Uhr
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Bremer Hütte bekommt 1,1 Milliarden Euro
Von Christoph Barth

Einen Scheck hatte Robert Habeck noch nicht dabei. Aber mit leeren Händen war der grüne Bundeswirtschaftsminister auch nicht aus Berlin angereist. Die gute Nachricht, die er den Beschäftigten des Bremer Stahlwerks zu ihrer Betriebsversammlung mitgebracht hatte, lautet: Die Genehmigung der EU für die staatliche Förderung des Großumbaus der Hütte ist durch – jedenfalls so gut wie. "Es ist alles geklärt, alle Fragen sind beantwortet – das Projekt wird genehmigt", rief er den Hüttenwerkern unter großem Applaus und begeisterten Pfiffen zu.

Der grüne Minister, dem zuletzt die Debatten um das Heizungsgesetz, das Scheitern des Klimafonds und die Bauerndemos zugesetzt hatten, wurde regelrecht emotional, als er im Versammlungssaal der Hauptverwaltung des Stahlwerks zu den Beschäftigten sprach. Endlich mal wieder ein Heimspiel für Habeck, so konnte man meinen, der sich für die Unterstützung artig bedankte: "Euer Druck hat geholfen, danke für das Quengeln", rief er den mehrere Hundert Beschäftigten der Hütte zu, die zu der Betriebsversammlung gekommen waren. "Jetzt heißt es: Rücken gerade machen, Ärmel hochkrempeln – heute ist der Tag zum Durchstarten."

Großinvestition in den grünen Stahl

2,5 Milliarden Euro will Arcelor-Mittal in die Umrüstung seiner beiden deutschen Flachstahlstandorte Bremen und Eisenhüttenstadt investieren. Mit dem Geld sollen die Hochöfen und Stahlkonverter durch Anlagen ersetzt werden, die bei der Produktion kein CO2 ausstoßen. Geplant ist der Bau einer Direktreduktionsanlage und zweier Elektrolichtbogenöfen in Bremen sowie eines weiteren Ofens in Eisenhüttenstadt.

Dafür gibt es Geld vom Staat – viel Geld, betonte Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD): 1,1 Milliarden Euro allein für den Standort Bremen, von denen die Freie Hansestadt 250 Millionen Euro selbst aufbringen muss. "Das ist mehr als die Hälfte dessen, was wir im Haushalt für Investitionen insgesamt zur Verfügung haben", rechnete er den Hüttenwerkern vor. Bovenschulte räumte ein, dass eine solche Summe nur über Kredite zu finanzieren ist.

Verhandlungen mit der Opposition

Darüber verhandelt er gerade mit der Opposition, die gegen den geplanten Klimafonds des rot-grün-roten Senats geklagt hatte. Obwohl die Verhandlungen noch zu keinem Ergebnis geführt haben, gab der Bürgermeister der Belegschaft sein Wort: "Wir werden dafür sorgen, dass die 250 Millionen kommen – egal, was passiert", versicherte Bovenschulte. Das Geld sei sehr gut investiert. "Bremen hat traumatische Erfahrungen damit gemacht, was es heißt, wenn der industrielle Kern schwächelt", sagte Bovenschulte und erinnerte an die Schließung der Werft AG Weser Anfang der 1980er Jahre. "Für die Hütte ist der Pfad in die Zukunft jetzt klar", versicherte er.

Die CDU meldete sich per Pressemitteilung zu Wort: Fraktionschef Frank Imhoff sprach von einem "guten Tag für Bremen, für unser Klima und für die Beschäftigten des Bremer Stahlwerks". Nun liege es am Senat, die notwendige Finanzierung sicherzustellen. "Für die CDU-Fraktion steht fest, dass diese nur in einem verfassungskonformen Haushalt unter Einhaltung der Schuldenbremse realisiert werden kann", sagte Imhoff.

"Wichtiger Meilenstein"

Für Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) reichen die Impulse, die von der Transformation der Hütte ausgingen, weit über die Stahlindustrie hinaus. „Das hat die Kraft, eine Aufbruchstimmung für die Region zu erzeugen“, glaubt sie. Der Aufbau einer zukunftsfähigen Energieversorgung sowie die Nutzung von Wasserstoff in weiteren Branchen wie etwa der Luftfahrt würden neben grünem Stahl zum Markenzeichen Bremens. „Wir sind eine Wasserstoffregion“, so Vogt.

Noch allerdings ist der Umbau der Hütte keineswegs beschlossene Sache. Arcelor-Mittal kann jetzt zwar mit einer staatlichen Förderung rechnen – doch entschieden hat der Konzern über die Investition in seine deutschen Hüttenwerke noch nicht. Die Erzeugung von grünem Stahl bleibt ein energieintensiver Prozess, und Energie ist teuer in Deutschland. Der Konzern betreibt in Europa weitere Hüttenwerke in Belgien, Frankreich, Spanien und Polen, die mit den deutschen Werken um Investitionsmittel konkurrieren.

Reiner Blaschek, bis vor kurzem Chef der Bremer Hütte und jetzt für alle europäischen Flachstahlwerke von Arcelor-Mittal zuständig, kündigte an, dass man mit dem Förderbescheid jetzt an die "Feinplanung" des Projekts gehen könne. Das 25-köpfige Projektteam soll verdoppelt werden. Die Detailplanung werde zwölf Monate dauern, dann erst könne es eine "finale Investitionsentscheidung" geben. "Aber ich habe nicht zweieinhalb Jahre für dieses Projekt gekämpft, um es dann nicht umzusetzen", versicherte er. "Wir wollen den Scheck nicht zurückgeben."

Die IG Metall drängt auf eine schnellere Entscheidung: "Thyssen baggert schon, Salzgitter räumt das Gelände frei – wir können nicht warten, bis alle Fragen gelöst sind", mahnte Volker Stahmann von der IG Metall Bremen. "Wenn wir diese Chance verpassen, verlieren wir Jahre und sind im Hintertreffen."

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