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Ausbildungsfonds-Klage Konflikt bei der Handwerkskammer

Vergangene Woche schien es, als ob sich die Handwerkskammer einig sei bei der Klage gegen Bremens geplante Ausbildungsabgabe. Doch die Arbeitnehmervertreter in der Handelskammer sehen das etwas anders.
22.07.2023, 05:00 Uhr
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Konflikt bei der Handwerkskammer
Von Florian Schwiegershausen

Bei der Klage gegen die in Bremen geplante Ausbildungsabgabe regt sich Widerstand in der Handwerkskammer. Denn im Vorstand der Kammer sind zwei von sechs Mitgliedern Arbeitnehmervertreter. Und die lehnen es ab, dass sich die Handwerkskammer dieser Klage anschließt. Einer dieser Arbeitnehmervertreter ist Vizepräses Thomas Sengewald. „Wir werden das juristisch prüfen lassen, ob es der Kammer erlaubt ist, sich der Klage anzuschließen, wenn sie nur von der Arbeitgeberseite getragen wird“, sagte er dem WESER-KURIER.

Dass die Arbeitnehmer in der Kammer eine Stimme haben, geht auf die besondere Struktur zurück. So sind in der Vollversammlung zu zwei Dritteln Arbeitgeber vertreten und zu einem Drittel Arbeitnehmer, wobei es sich um Gesellen aus den verschiedenen Gewerken handelt. Thomas Sengewald ist Maler- und Lackierergeselle und Betriebsrat bei seinem Arbeitgeber Aug. Hespenheide in Findorff. Das Gewerkschaftsmitglied der IG Bau ergänzt: „Das kann doch nicht sein, dass hier nur die Arbeitgeber klagen. Dürfen wir als Arbeitnehmer dann auch klagen, wenn es die Arbeitgeber nicht möchten?“

Was darf eine Kammer und was nicht?

Sengewald betont gleichzeitig die bisherige gute Zusammenarbeit im Vorstand der Handwerkskammer und wie sehr man sich gegenseitig schätze. In manchen Punkten habe man gleiche Ansichten, jedoch nicht bei der Klage gegen den Ausbildungsfonds. Es sei nun an der Zeit zu prüfen, was die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts darf und was nicht. Sengewald hat Sorge, dass man die Arbeitnehmer in Zukunft zu sehr übergehen werde.

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Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke begrüßt die juristische Prüfung: „Dann wissen wir hinterher klar und deutlich, woran wir sind.“ Er sei immer auf Ausgleich aus – auch beim Thema Ausbildungsabgabe habe er versucht, alle Seiten zusammenzubringen. Doch das sei nicht gelungen. Denn die Arbeitnehmervertreter vertreten hier eine andere Position. Beim Pressetermin vor gut einer Woche hatte Kurzke betont, dass die Klage von einer großen Mehrheit der Mitgliedsbetriebe innerhalb der Kammer getragen werde. Ab August 2024 sollen Betriebe ab fünf Beschäftigten aufwärts 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme in den Fonds einzahlen. Für jeden Azubi erhalten sie im Gegenzug pro Jahr 2500 Euro. Die Mittel aus dem Fonds sollen außerdem dazu dienen, zum Beispiel pädagogische Unterstützung für lernschwächere Azubis zu finanzieren. Nun muss der Staatsgerichtshof darüber entscheiden.

Präses sieht die Tarifparteien in der Pflicht

Kurzke sagte vergangene Woche am Tag, an dem die Klage beim Staatsgerichtshof eingereicht wurde: „Mit dem Ausbildungsfonds mischt sich die Regierung in ein Gebiet ein, das nach den bewährten Regeln unserer Volkswirtschaft eindeutig den Tarifparteien überlassen bleiben sollte.“ Statt einer „kostspieligen“ und „bürokratischen“ Ausbildungsabgabe sollte man laut Kurzke lieber vorhandene Instrumente zur Unterstützung Jugendlicher nutzen.

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Dem hält Sengewald entgegen, dass die Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen genug Gelegenheiten gehabt hätten, einen solchen Ausbildungsfonds, wie es ihn in ähnlicher Weise bereits im Maurerhandwerk gibt, auf den Weg zu bringen. Der Maler sieht eher die Kreishandwerkerschaft als Körperschaft, die sich der Klage anschließen könne, in der Pflicht, jedoch nicht die Kammer.

Sollte die juristische Prüfung ergeben, dass es nicht rechtens ist, sich der Klage anzuschließen, würde das an der Gesamtsituation nichts ändern. Dann würden eben nur noch vier statt fünf Kammern gegen die geplante Ausbildungsabgabe juristisch vorgehen. Sengewald findet es bezeichnend, dass sich außer diesen fünf Kammern nicht weitere diesem Weg angeschlossen haben.

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