Jahrelang konnten sich Maurer, Dachdecker und Maler vor Aufträgen kaum retten – die Baubranche boomte. Das hat sich in den letzten Monaten geändert: Steigende Preise und Zinserhöhungen verteuern das Bauen – jeder, der sich gerade mit einem Neubauprojekt herumschlägt, bekommt das zu spüren. Folge: Die Auftragsbücher leeren sich, vor allem im Wohnungsbau. In Bremen scheinen die meisten Unternehmen und Handwerksbetriebe mit der aktuellen Lage noch zufrieden zu sein. Allerdings wächst die Sorge, dass sich das in den kommenden Monaten ändern könnte.
Sowohl die Handels- als auch die Handwerkskammer Bremen veröffentlichten in dieser Woche ihre Konjunkturberichte für den Herbst. In beiden tritt die Baubranche als eines der größten Sorgenkinder auf. Die Handelskammer verzeichnet für die Bauunternehmen im Land Bremen erneut eine verschlechterte Auftragslage: Beurteilte im Sommer noch fast ein Viertel der Unternehmen die eigene Lage als gut, sind es im Herbstreport nur noch einige wenige. Der Großteil – fast 80 Prozent – ist mit der gegenwärtigen Lage immerhin noch zufrieden; jedes sechste Unternehmen sieht jetzt schon schwarz.
Ein etwas freundlicheres Bild ergibt sich aus dem Konjunkturbericht, den die Bremer Handwerkskammer am Mittwoch vorlegte: Dort vermelden 30 Prozent der Baugewerke rückblickend für den Sommer eine positive Entwicklung; 70 Prozent berichten von gleichbleibenden Geschäften; kein Baubetrieb verzeichnet für die vergangenen Monate eine negative Entwicklung. Ähnlich sieht es bei den Ausbaugewerken aus.
Deutlich düsterer fällt der Blick in die Zukunft aus: Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer und selbst Inhaber eines Malerbetriebes, spricht von einer "Sowohl-als-auch-Lage": "Der Rückblick auf den Sommer fällt erstaunlich positiv aus, aber gerade im Baubereich machen wir uns große Sorgen", stellt er fest. "Die Konjunktur bricht deutlich ab, die Aussichten sind dunkel bis sehr dunkel."
In der Befragung der Handelskammer erwartet kein einziges Bremer Bauunternehmen in den kommenden zwölf Monaten eine Verbesserung der Lage; knapp die Hälfte rechnet mit einer weiteren Verschlechterung. Entsprechend werden die Investitions- und Personalpläne zurückgefahren: Positive Impulse sind in der Bauindustrie in diesen Bereichen erst einmal nicht zu erwarten. "Die negativen Erwartungen und die Investitionszurückhaltung sprechen leider gegen eine schnelle Erholung", befürchtet Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer.
Allerdings sind nicht alle Baugewerke von der Krise gleichermaßen betroffen. Wer Beton anmischt und Mauern für Wohnhäuser hochzieht, hat im Moment weniger zu tun. Elektriker jedoch wie Markus Sieveke, Geschäftsführer von Pawel Elektrotechnik, können über einen Mangel an Aufträgen nicht klagen: Solaranlagen und Wärmepumpen anzuschließen, ist weiterhin gefragt. "Ich könnte noch ein, zwei Leute gebrauchen, sonst müssen wir auch mal Aufträge ablehnen", sagt er.
Keine Sorge um die Jobs
Bauunternehmen versuchen, Auftragslöcher im Wohnungsneubau mit anderen Jobs auszugleichen, zum Beispiel in der Gebäudesanierung. "In diesem Bereich ist die Nachfrage weiterhin stark", sagt Handwerkskammer-Präses Kurzke. Auch Gewerbehallen oder Straßen werden weiterhin gebaut – die meisten Bauunternehmen in der Region fahren mehrgleisig. Christian Wechselbaum, Regionalleiter Weser-Ems der Gewerkschaft IG Bau, warnt denn auch vor zu viel Schwarzmalerei: "Für viele Betriebe in der Region ist die Auslastung weiterhin gut", versichert er. Und die Beschäftigten müssten sich wenig Sorgen um ihren Job machen: "Auch auf dem Bau herrscht Arbeitskräftemangel", sagt Wechselbaum. In der Boomphase hätten die Betriebe zu wenig Mitarbeiter gehabt, "das gleicht sich jetzt wieder aus", so der Gewerkschafter. Eine Entlassungswelle befürchtet er nicht.
Für Auftraggeber und Kunden könnte die Flaute am Bau auch ihre positiven Seiten haben. Baumaterialien wie Holz und Stahl werden mangels Nachfrage wieder günstiger; die ersten Bau- und Handwerksbetriebe reagieren mit Preissenkungen, um noch an Aufträge zu kommen, berichtet "Die Welt". Der Preis für den Neubau von Wohngebäuden lag im August zwar noch 6,4 Prozent über dem Vorjahresniveau, aber kaum noch über den Preisen drei Monate zuvor. Rohbauten werden sogar schon wieder billiger, stellt das Statistische Bundesamt fest. Ob die Preise auf breiter Front bröckeln, scheint allerdings fraglich. "Wir hören von den Herstellern, dass der Höhepunkt wohl erreicht ist", berichtet Elektrikermeister Sieveke. "Aber runtergehen werden die Preise nicht."