Frau Ronowski, im Moment schauen alle auf die hohen Inflationsraten. Bremen trägt zur Errechnung des Werts bei. Wie werden die Preise hier ermittelt?
Joanna Ronowski: Jeden Monat werden in Bremen circa 9000 Einzelpreise von Gütern des sogenannten Warenkorbes manuell erhoben. In unserem Auftrag sind dafür Preisermittler ehrenamtlich im Einsatz. Dabei geht es sowohl um Güter wie Lebensmittel oder Bekleidung als auch um Dienstleistungen. Was kostet eine Nachhilfestunde? Wie teuer ist zum Beispiel ein Herrenhaarschnitt?
Die Ermittler gehen also ins Geschäft und machen sich Notizen?
Genau richtig. Wir haben 18 Preiserheber, die vor Ort die Preise ermitteln.
Und wird die Marke vorgegeben oder bloß das Produkt – zum Beispiel Spaghetti?
In einem Erhebungskatalog werden die einzelnen Produkte genau beschrieben. Es sind bestimmte Qualitätsmerkmale zu berücksichtigen wie etwa die Größe oder das Gewicht. Es gibt bei Spaghetti dann vielleicht die Kategorie Vollkorn, aber keinen Hinweis auf einen Hersteller. Außerdem spielen bei der Ermittlung Ortsangaben wie das Wohnviertel eine Rolle oder auch die unterschiedlichen Geschäftstypen: Supermarkt, Discounter oder Fachmarkt.
Die vielen Preise, die allein in Bremen zusammenkommen, welchen Anteil haben die letztlich an der bundesweiten Inflationsrate?
Der bremische Anteil beläuft sich auf 0,8 Prozent des gesamten Verbraucherpreisindex für Deutschland. Dieser Anteil sowie die Zusammensetzung der Verbrauche in den Haushalten in Bremen wird durch eine Befragung alle fünf Jahre ermittelt – die sogenannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe.
Es gibt also für Bremen auch eine eigene Inflationsrate?
Ja. Wir ermitteln sie ebenfalls monatlich. Im Jahresschnitt lag die Inflationsrate hier bei 3,4 Prozent. In Deutschland waren es im vergangenen Jahr 3,1 Prozent. Im Dezember lag die Inflationsrate in Bremen bei 6,1 Prozent.
Wie entstehen die Unterschiede zwischen Bremen und dem Rest der Republik?
Wir müssen hierbei berücksichtigen, dass Bremen das kleinste Bundesland ist und somit die geringste Stichprobe hat. Preissprünge haben hier deshalb eine größere Auswirkung. Es spielt auch eine Rolle, wann eine Preisentwicklung bei uns in Bremen ankommt. Denn es handelt sich ja bei der Inflationsrate um einen Durchschnittswert der Entwicklung der Länder. Und dann gibt es hier natürlich bestimmte Verbrauchsstrukturen. Wir sind ein Stadtstaat.
Was kann denn genau anders sein?
Die jeweiligen Verbrauche schlagen sich zu einem gewissen Anteil beim Verbraucherpreisindex nieder. Die Unterschiede liegen nicht hauptsächlich darin begründet, dass ein Bayer mehr Hunger hätte als ein Bremer, sondern dass es in den Bundesländern verschiedene Haushaltstypen gibt – wie mehr Einfamilienhaushalte oder eine höhere Anzahl von Transferleistungsempfängern. Es ist weniger ein Effekt, dass wir hier einen anderen Brotpreis haben, was es natürlich auch gibt.