Ulrich Walker steht vor zwei Bildschirmen und macht einen Spagat zwischen dem, was war, und dem, was sein soll. Der Vorstandsvorsitzende von Borgward erklärt Autohändlern und -importeuren aus dem Nahen Osten, was seine Automarke so besonders macht. Dafür hat sich der ehemalige Daimler-Manager auch einen besonderen Ort ausgesucht: das Bremer Rathaus.
Zuvor waren die Unternehmer aus Ländern wie Katar, Bahrain, Iran, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf einer Zeitreise durch Bremen. In alten Borgward-Fahrzeugen haben sie sich auf die Spuren von Carl F.W. Borgward begeben – dem Mann, der ein Autoimperium aufgebaut hat, das längst wieder zerfallen ist, dessen Spuren aber noch in der Stadt zu sehen sind. Die alte Borgward-Villa, das Denkmal in Sebaldsbrück, das alte Goliath-Werk.
Es ist das Erbe des Autobauers, das Walker nun fortsetzen will. Nicht einfach so, keine Eins-zu-eins-Kopie, sondern eine moderne Adaption soll das neue Borgward werden. Das wurde am Donnerstag noch einmal deutlich. Denn die aktuellen Modelle wurden nicht zuerst in Deutschland verkauft, sondern in China. Als Nächstes folgen Südostasien und Südamerika. Und natürlich die Länder im Nahen Osten. Um das zu besiegeln, hat Borgward Repräsentanten der Länder nach Bremen eingeladen, um entsprechende Verträge zu unterzeichnen und um das historische Erbe zu vermitteln, das sie antreten werden.
In China laufe das schon ganz gut, sagt Walker. Bislang hat Borgward die beiden Modelle BX7 und BX5 auf den Markt gebracht. „Wir haben bislang etwa 50.000 Fahrzeuge verkauft und haben etwa 170 Händler.“ Mittlerweile sei man in jeder größeren Millionenstadt des Landes vertreten – mehr als er erhofft habe. „In China hat keiner auf uns gewartet. Wir müssen nun mit unseren zwei Fahrzeugen im Wettbewerb bestehen.“
China bleibt größter Markt
Gleiches gilt nun für die Länder im Nahen Osten. Die Strategie aus China könne man aber nicht einfach so übertragen. Denn die Herausforderungen für die Autos seien hier ganz andere, etwa die klimatischen Bedingungen oder die Beschaffenheit der Straßen. Wie viele Autos Borgward im Nahen Osten verkaufen möchte, will Walker nicht verraten. „China wird aber auch weiterhin unser größter Markt bleiben.“
Doch egal in welchem Land, die Marke Borgward soll ein Lebensgefühl vermitteln. Das macht Tomás Caetano, Marken- und Marketing-Direktor bei Borgward, deutlich. „Wir leben den Zeitgeist von Carl F.W. Borgward. Wir dürfen uns aber nicht nur auf seinem Erbe ausruhen, sondern müssen weitermachen.“
Seine Vision: Borgward soll in die Top vier der Premiumhersteller aufsteigen. Die Kunden, so beschreibt er es, kämen aus dem „progressiven, modernen Mainstream“. Sie seien weniger an sichtbarem Luxus interessiert, sondern wollten die Welt nachhaltig verändern; ihr Einkommen liege im mittleren bis hohen Bereich.
Diese Käufergruppe soll mit einem besonderen Konzept angesprochen werden – zumindest in Europa. „Wir dürfen nicht nur Autos verkaufen, wir müssen den Kunden wie einen Gast bei uns zu Hause behandeln“, sagt Caetano. Deshalb soll der Verkauf nicht über gewöhnliche Autohäuser stattfinden, sondern über Marken-Boutiquen, wie Tom Anliker erklärt, Vizepräsident für Marketing und Verkauf. So sollen etwa in Einkaufszentren und Innenstädten Läden entstehen, in denen Borgward nicht nur seine Modelle präsentiert, sondern die ein Gefühl für die Marke vermitteln.
Boutiquen statt Autohäuser
„Kunden wissen ja schon heute mehr als die Verkäufer, weil sie sich vorher im Internet über Leistung, Preis und Ausstattung informieren“, sagt Vorstandschef Walker. In den Boutiquen geht es aber darum, dass die Käufer das Fahrzeug kennenlernen, sich hineinsetzen und eine Probefahrt machen können. Neu soll auch die Zusammenarbeit mit sogenannten Agenten sein. Das Besondere an diesen Verkäufern: Sie sollen potenzielle Kunden zu Hause besuchen und dort das Auto vorstellen. Allerdings, sagt Walker, „den ein oder anderen klassischen Händler wird es sicherlich auch noch geben.“
Nachdem Borgward vergangenes Jahr in China mit dem Verkauf gestartet war und nach und nach andere Schwellenländer folgen, sollen Fahrzeuge mit dem Rhombus ab 2019 auch wieder in Bremen zusammengesetzt werden. Das Unternehmen hatte sich im April für ein 140.000 Quadratmeter großes Grundstück im Bremer Güterverkehrszentrum entschieden.
Dort sollen Teile, die aus dem chinesischen Werk angeliefert werden, zum Borgward BXi7 endmontiert werden – dem ersten Elektroauto der Marke. „Mit dem Werk in Bremen liegen wir voll im Plan“, sagt Walker. Die ersten Architektenentwürfe lägen bereits vor. Im Bremer Süden solle nicht nur ein Montagewerk entstehen, sondern auch eine Teststrecke und ein Auslieferungszentrum.