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Werk in Huchting Bosch baut in Bremen 370 Jobs ab

Für das Bremer Bosch-Werk in Huchting gibt es gute und schlechte Nachrichten: Das Werk bekommt eine Zukunftsperspektive. Die geht aber einher mit einem massiven Stellenabbau.
08.02.2018, 17:22 Uhr
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Von Peter Hanuschke

Das Bremer Bosch-Werk Automotive Steering in Huchting, in dem derzeit verschiedene Pkw-Lenksäulen hergestellt werden, bekommt laut Unternehmensangaben eine Zukunftsperspektive - allerdings geht damit ein massiver Stellenabbau einher: Die Mitarbeiterzahl in der Stammbelegschaft soll von 390 soll bis 2020 auf 150 sinken. Ziel von Bosch Automotive Steering ist es, den Personalabbau sozialverträglich zu erreichen. Außerdem verlieren 130 befristet angestellte Mitarbeiter ihren Job.

"Wir sind geschockt", sagte der Bremer IG-Metall-Bevollmächtigte Volker Stahmann am Donnerstag auf Nachfrage des WESER-KURIER. Man sei seit Wochen als Gewerkschaft mit der Werkleitung im Dialog, und es sei klar gewesen, dass sich etwas verändern müsse. "Doch von diesem harten Schritt sind wir überrascht - das können wir so nicht hinnehmen."

Bosch begründet den Schritt mit dem hohen Preis- und Kostendruck im Markt für mechanisch verstellbare Lenksäulen. Die wirtschaftliche Situation sei seit Jahren schwierig, so Werkleiter Vincent Harter. Zudem hätten sich vor allem neue Anbieter vor allem aus dem asiatischen Markt etabliert - damit sei der ohnehin hohe Kostendruck weiter angestiegen. Das Werk schreibe deshalb hohe Verluste. Den Bremer Standort will das Unternehmen weiterhin durch den Bau von Lenksäulen sichern - allerdings durch elektrisch verstellbare.

Produktion wird verlagert auf Bosch-Werke in Ungarn und Frankreich

Laut Bosch gehen Marktprognosen für dieses Produktgebiet in den nächsten fünf Jahren von einem Wachstum im zweistelligen Prozentbereich aus. „Um an der positiven Marktentwicklung bei elektrischen Lenksäulen teilzuhaben, müssen wir in Bremen wettbewerbsfähiger werden", so Harter. "Das erreichen wir, indem wir uns voll auf dieses Wachstumsprodukt konzentrieren und unsere Fertigung kostengünstiger und effizienter aufstellen.“

Bereits jetzt würden die elektrisch verstellbaren Lenksäulen in Bremen produziert, erläuterte der Werkleiter. "Und sie werden hier auch entwickelt. Dieser Bereich ist die Zukunft - nicht nur weil es die Menschen gerne bequem haben, sondern auch im Hinblick aufs autonome oder teilautonome Fahren." Dafür seien elektrisch verstellbare Lenksäulen mit eine Voraussetzung. Dass Bosch derzeit auch Mitarbeiter befristet beschäftigt hat, liege daran, weil "wir bei mehreren Projekten für die klassischen Lenksäulen eine Hochlaufphase haben, die uns deshalb aber dennoch nicht in eine wettbewerbsfähigere Situation versetzt", so Harter.

Diese Produkte des Bremer Werks sollen künftig an anderen Standorten von Bosch Automotive Steering gefertigt werden: Die mechanisch verstellbare Lenksäule soll das Werk im ungarischen Eger, und die Lenkzwischenwelle das Werk in Vendôme in Frankreich übernehmen. "Beide Werke stellen diese Produkte bereits heute her", heißt es in einer Mitteilung. Die Fertigungskompetenz werde so gebündelt, und die Produkte könnten insgesamt kostengünstiger hergestellt werden. Damit will Bosch Automotive Steering nach eigenen Angaben dem hohen Preis- und Kostendruck im Markt begegnen.

„Mit der Spezialisierung des Werks auf ein Wachstumsprodukt und den Kostensenkungen steigern wir unsere Produktivität", sagt Harter. "Damit schaffen wir eine echte Zukunftsperspektive für unseren Standort Bremen.“

Das trifft dann aber nur noch auf einen Teil der Belegschaft zu, weil die Produktion von elektrisch verstellbaren Lenksäulen weniger personalintensiv ist, wie die der mechanischen Produkte. Zudem gibt es bei Bosch Automotive Steering die Planung, in neue stärker automatisierte Montagelinien zu investieren.

Sozialplan soll vereinbart werden

Ob das Unternehmen den Personalabbau tatsächlich sozialverträglich hinbekommt, ist offen. Versucht werden soll das etwa dadruch, frei werdende Stellen unbesetzt zu lassen, durch Vorruhestandsregelungen oder Aufhebungsverträge mit Abfindungszahlungen. Betriebsbedingte Kündigungen will das Unternehmen zwar vermeiden, aber "sie können jedoch nicht ausgeschlossen werden", heißt es in der Mitteilung. „Dieser Schritt ist für uns nicht einfach, aber notwendig, um langfristig fit für den Wettbewerb im Markt zu sein und dem Standort eine Zukunft zu ermöglichen", so Harter.

Jetzt gehe es darum, alle Beteiligten einzubinden. Erste Gespräche hätten Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter bereits geführt. Im nächsten Schritt sollen Verhandlungen starten, um einen Interessenausgleich und Sozialplan zu vereinbaren.

"Wir werden jetzt zunächst einmal unsere Mitglieder zusammenrufen", sagt Gewerkschafter Stahmann. Es sei im Grunde genommen alles ungeklärt, was zeitliche Abfolgen angehe, und für wen überhaupt mögliche Sozialpläne infrage kämen.

Wie die Ausweitung der Produktion von Elektroautos die Beschäftigungsstrukturen in der Automobilwirtschaft verändern können, damit beschäftigen sich auch die Mitarbeiter des Autozulieferers Continental. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat befürchteten laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" keine unmittelbaren Einschnitte zu Lasten der Mitarbeiter, wenn der Vorstand die Strukturen erneuern sollte. Sie sähen aber die Gefahr, dass im Konzern eine Zweiklassengesellschaft entsteht, sollte Conti in "alte" Verbrennungstechnik und zukunftsfähige Elektro- und Digitalgeschäfte aufgeteilt werden. Nach einem Treffen des Aufsichtsrats in dieser Woche hieß es dazu: "Entscheidungsreife Pläne liegen dafür weiterhin noch nicht vor."

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