Die Verladung des sogenannten Flight Models 1, die erste flugtaugliche Oberstufe für die neue Trägerrakete Ariane 6, hat dann doch noch am späten Montagabend nach Redaktionsschluss im Neustädter Hafen auf das Ariane-Transportschiff „Canopée“ geklappt. Ursprünglich war das für den Vormittag geplant, wurde aber wegen des Sturms dann eigentlich auf diesen Dienstag verschoben. Gebaut und entwickelt wurde die Oberstufe im Bremer Ariane-Werk - wie schon für die Vorgängermodelle. Laut der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa soll die Trägerrakete zwischen Mitte Juni und Ende Juli erstmals vom Weltraumbahnhof Kourou, der im Übersee-Departement Französisch-Guayana an der Nordostküste Südamerika liegt, abheben.
Auf den Einsatz der Ariane 6, die Satelliten ins Weltall transportiert, wartet die europäische Raumfahrtindustrie sehnlichst. Denn mit dem letzten Start der Ariane 5 im Juli hatte Europa keinen eigenen Zugang mehr zum Weltraum. Der Bau der gesamten neuen Trägerrakete ist vier Jahre im Verzug. Den ersten kommerziellen Flug mit einer größeren Nutzlast plant der Raketenvermarkter Arianespace für Ende dieses Jahres. Bei ihrem Erstflug wird die Rakete nur ein paar Kleinsatelliten an Bord haben.
Wie lange dauert die Fahrt bis Kourou?
Die Fahrt mit dem Schiff von Bremen über Le Havre - in Frankreich werden die weiteren Teile der Rakete geladen - in den guyanischen Hafen von Pariacabo in der Nähe der Raketenbasis Kourou dauert etwa 14 Tage. Die „Canopée“ ist eine „Maßanfertigung“ für den Transport der Ariane 6. Das 121 Meter lange und 23 Meter breite RoRo-Schiff mit einem offenen Ladedeck und hohen Seitenwänden ist darauf ausgelegt, mit einer einzigen Fahrt alle Stufen und Unterbaugruppen der Trägerrakete zu befördern. Die „Canopée“ kann zudem aufgrund ihres geringen Tiefgangs den Kourou-Fluss bis zum Hafen Pariacabo befahren.
Mit der „Canopée“ sollen sich die Transportkosten für Ariane-Komponenten halbieren und die Umweltauswirkungen verringern. Das besondere an dem Schiff, das vom französischen Konstruktionsbüro VPLP entworfen wurde: Es hat einen kombinierten Hybrid- und Segelantrieb und ist mit eigens entwickelten Flügelsegeln ausgerüstet: Vier 30 Meter hohe sogenannte Oceanwings mit einer Gesamtfläche von 1452 Quadratmetern sollen das Hauptantriebssystem des Schiffes unterstützen. Außerdem sollen unter anderem Solarmodule zur Deckung des Energiebedarfs an Bord zum Einsatz kommen. Die „Canopée“ hat nach Angaben der Entwickler eine Reisegeschwindigkeit von 16 Knoten. Mit der Umsetzung des Projekts hatte die Ariane Group vor fünf Jahren das französische Unternehmen Alizés für dieses Projekt ausgewählt. Bei Alizés handelt es sich um ein Joint Venture der Unternehmen Jifmar Offshore Services und der Reederei Zéphyr & Borée, einem noch jungen Schifffahrtsunternehmen, das sich auf klimafreundlichen Seetransport spezialisiert hat.