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Stadtentwicklung in Bremen Grundstücke im Hulsberg-Viertel werden an Baugemeinschaften vergeben

Es ist eine andere Art zu planen, bauen und wohnen. Es sind Genossenschaften, die das bewerkstelligen. Nun bekommen sie im Bremer Hulsberg-Viertel eine weitere Chance.
31.08.2024, 05:00 Uhr
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Grundstücke im Hulsberg-Viertel werden an Baugemeinschaften vergeben
Von Jürgen Hinrichs

Die Stadt braucht Wohnungen – eine Binsenweisheit, die für jede größere Stadt in Deutschland gilt. Doch werden auch welche gebaut? Immer weniger, lautet die Antwort. Im vergangenen Jahr waren es in Bremen 1642 Einheiten, im Jahr davor 1849. So teilt es das Statistische Landesamt mit. Aufhorchen lässt vor diesem Hintergrund ein besonderer Plan: Die groß angelegte Vergabe von Grundstücken an Baugemeinschaften. Konkret handelt es sich um Flächen und Gebäude im neuen Hulsberg-Viertel auf dem ehemaligen Klinikgelände. Entstehen sollen dort bis zu 180 Wohneinheiten – auf eine Weise, die den Marktgepflogenheiten ein Schnippchen schlägt.

„Die Grundstücke werden nun exklusiv an Baugemeinschaften vermarktet“, kündigt Florian Kommer an, „und zwar zum Festpreis, damit es keinen Überbietungswettbewerb gibt. Es zählt nur das beste Konzept.“ Kommer ist Geschäftsführer der Grundstücksentwicklung Klinikum Bremen-Mitte GmbH (GEG). Bei der Größenordnung, die in den Verkauf gebracht werde, bleibe niemand auf der Strecke. „Es ist genug für alle da – bestimmt!“, so Kommer. Ein solches Volumen für Baugemeinschaften habe es in Bremen seines Wissens auf einen Schlag noch nie gegeben – „weder in der Überseestadt noch auf dem Ellener Hof in Osterholz und auch nicht im Tabakquartier in Woltmershausen“. Am kommenden Montag ab 18 Uhr gibt es in der Friedenskirche an der Humboldtstraße eine Informationsveranstaltung zur Grundstücksvergabe an Baugemeinschaften.

Ein Projekt dieser Art ist in dem Quartier bereits verwirklicht worden. Es heißt Karl und liegt an der Friedrich-Karl-Straße. Rund 50 Erwachsene und 20 Kinder teilen sich dort 29 Wohnungen. Von der Vergabe des Grundstücks bis zum Einzug Anfang 2024 sind gut vier Jahre vergangen – nicht mitgerechnet die lange Zeit der Planung und basisdemokratischer Entscheidungsfindung. Ein Prozess, der nicht immer einfach war, wie zwei Bewohnerinnen bei Radio Bremen erzählten. Die Herausforderung sei gewesen, die richtigen Menschen zusammenzubringen. Jeder und jede habe viel Energie aufbringen müssen. „Das ist zäh, birgt Konflikte, schafft aber auch schöne Momente.“ Und: „Es stärkt den Zusammenhalt.“

Mit Frida geht auf dem Hulsberg bald die nächste Baugemeinschaft an den Start. Im kommenden Monat soll der Kaufvertrag für das Grundstück beurkundet werden, sagt GEG-Chef Kommer. Ziel sei, im Jahr 2026 insgesamt 36 Wohnungen zu beziehen. Rechnet man die etwa 180 für die Zukunft geplanten Einheiten hinzu, werden es im Hulsberg-Quartier am Ende knapp 250 Wohnungen sein, die von Baugemeinschaften belegt sind. Das macht ein gutes Viertel dessen aus, was in Bremen in den vergangenen Jahrzehnten an solchen Projekten entstanden ist. Eines davon, das größte mit drei Gebäuden und zusammen 60 Wohnungen, liegt am Dedesdorfer Platz in Walle.

Der Senat hatte vor vier Jahren beschlossen, Baugemeinschaften zu fördern, weil sie aus Sicht der Regierung dazu beitragen, attraktiven und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und außerdem wichtig für die Quartiersentwicklung sind. Seitdem wird unter bestimmten Bedingungen ein Betrag für jede Wohnung ausgeschüttet. Zu Beginn des Programms waren das bis zu 40.000 Euro pro Einheit. Zuletzt waren es bis zu 60.000 Euro.

Die Förderung zielt auf Baugemeinschaften, aber auch darauf, dass überhaupt gebaut wird. In Bremen klaffen – wie im Bund – Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Der Senat peilt zu Beginn jeder Legislaturperiode an, während der vier Jahre die Voraussetzungen für 10.000 Wohnungen zu schaffen. Doch was, wenn wegen schlechter Rahmenbedingungen der Wille zum Bauen fehlt? Im Jahr 2016 gab es im Land Bremen 2330 Baugenehmigungen, vier Jahre später waren es 1738. Der bisherige Tiefpunkt wurde im vergangenen Jahr mit 915 Genehmigungen erreicht.

Dazu passt die Halbjahresbilanz des Bauindustrieverbands Niedersachsen-Bremen von dieser Woche. „Der Absturz im Wohnungsbau geht ungebremst weiter“, stellt die Organisation fest. Die Auftragseingänge seien im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres um 14,3 Prozent eingebrochen. Für eine Besserung sieht der Verband keine Anzeichen: Der Blick auf die erteilten Baugenehmigungen, Frühindikator für die Nachfrage im Hochbau, zeige den anhaltenden Negativtrend. „Danach sind die Genehmigungen im Verbandsgebiet im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 30,2 Prozent zurückgegangen“, heißt es in der Mitteilung.

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Am kommenden Sonntag, 1. September, findet in Bremen erstmals der "Tag des offenen Wohnprojektes" statt. Informationen gibt es unter www.wohnprojektebremen.de.
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