Wäsche waschen ging noch nie so schnell und einfach wie heute. Die Arbeit erledigt die Maschine, für Riesenwaschkraft und Aprilfrische sorgen Waschmittel und Weichspüler. Die schmutzige Kehrseite: Jährlich landen hunderttausende Tonnen an Chemikalien nach dem Waschgang im Abwasser. Doch es geht auch sauberer und nachhaltiger. Das ist das Markenversprechen des jungen Bremer Unternehmens namens „Nature en Vogue“.
Gründerin Carina Hinrichsen produziert Wasch- und Reinigungsmittel, die aufs Wesentliche reduziert sind. Sie bestehen aus wenigen Inhaltsstoffen, man findet in ihnen kein Palmöl, keine tierischen Fette, Konservierungsstoffe oder Mikroplastik. Abgefüllt wird in wiederverwendbaren Flaschen und Gläsern. Man darf in diesem Fall wohl sagen: Da weiß man, was man hat.
Firmenzentrale und Produktionsstätte von Nature en Vogue ist eine Maisonettewohnung in einem Mehrparteienhaus am Weidedamm. Hier steht Carina Hinrichsen mehrmals pro Woche am Herd, um ihre Flüssigwaschmittel und Waschpulver zuzubereiten. Die Rezepturen und das Herstellungsverfahren hat sie in monatelangen Experimenten selbst entwickelt, und sie sind kein Geheimnis. Sie braucht nicht viel mehr als Waschsoda, Natron, spezielle Seife, einen großen Kochtopf, ein gutes Maß und etwas Geduld.
Mehrere Tage und mehrere Arbeitsschritte braucht es zum Beispiel, bis das Flüssigwaschmittel genau die richtige, anwendungsfreundliche Konsistenz hat, erklärt die Findorfferin. Als Aufheller im Waschmittel für weiße Wäsche dient Zitronensäure. Die Pulver sind duftneutral, in den flüssigen Varianten sorgen einige Tropfen bio-zertifizierter ätherischer Öle für den dezenten Duft nach Lavendel, Grapefruit, Orange oder Rosengeranie. Auch die braucht man eigentlich nicht, erklärt Hinrichsen. „Aber die meisten Menschen verbinden frisch gewaschene Wäsche mit einem Duft.“
Acht Kilogramm Waschmittel pro Kopf
Laut Daten des Umweltbundesamts werden in deutschen Haushalten pro Jahr rund 1,5 Millionen Tonnen Wasch- und Putzmittel verbraucht, davon alleine mehr als 600. 000 Tonnen Waschmittel – umgerechnet acht Kilogramm pro Kopf. Fast 565.000 Tonnen Chemikalien werden nach den privaten Waschgängen und Putztagen jährlich ins Abwasser gespült – Tenside, Enzyme, Silikone, Farb-, Bleich-, Duft- und Füllstoffe. Früher hielt es Carina Hinrichsen wie vermutlich die meisten Konsumentinnen und Konsumenten: „Ich habe nicht darauf geachtet, was ich da verwende.“
Das änderte sich an einem von vielen Homeoffice-Tagen in den frühen Monaten der Pandemie, als die angehende Steuerberaterin eine Pause nutzte, um sich die Zutatenliste ihres Waschpulverbeutels einmal näher anzuschauen. „Ich verstand nur Bahnhof“, gesteht die 30-Jährige. Herkömmliche Waschmittel können leicht aus dreißig bis vierzig Zutaten mit komplizierten Namen bestehen, und die junge Findorfferin machte sich auf, die chemischen Hieroglyphen zu entschlüsseln. „Ich bin keine Putzfee“, betont sie. „Ich wollte wissen, was in der Umwelt und auf meiner Haut landet.“
Ihre Erkenntnis: In den Pulvern, Gels und Tabs steckt viel zu viel „Gedöns“, auf das man gut verzichten kann. „Alles fing damit an, dass ich mir mein eigenes Waschmittel mit Zutaten aus der Drogerie mischte“, erzählt sie. „Ich konnte zuerst gar nicht glauben, wie sauber die Wäsche damit wurde.“ Den Härtetest bestand die Eigenkomposition, nachdem selbst die alte Reitjacke makellos und geruchsfrei aus der Maschine kam. Im Oktober 2020 kamen die ersten Produkte in den Verkauf, begutachtet und zugelassen vom Bundesamt für Risikobewertung.
Unterschied zu anderen Öko-Waschmitteln liegt in Regionalität
Der Online-Shop www.natureenvogue.com ging ins Netz, und auch die ersten stationären Abnehmer wurden sofort gefunden: Der „Made in Bremen“-Shop nahm die junge Bremer Marke in sein Sortiment auf, diverse Bremer Unverpacktläden und –wagen meldeten direkt Bedarf an. Für sieben Euro gibt es einen Liter flüssiges Vollwaschmittel – ein Preis, der sich durch die Ergiebigkeit relativiert. Bis zu 30 Waschladungen sind damit drin, sagt Hinrichsen – „bei normal verschmutzter Wäsche reicht ein Schnapsgläschen.“ Sie kann sich gut vorstellen, dass auch Super- und Drogeriemärkte Interesse zeigen könnten. Denn auch im konventionellen Handel verkauft sich Nachhaltigkeit schließlich ziemlich gut.
Nicht, dass es mittlerweile dort nicht schon Öko-Waschmittel und Haushaltsreiniger diverser Marken zu finden gäbe, doch die Bremerin geht noch einige Schritte weiter. „Ich versuche, die Rohstoffe soweit möglich lokal zu besorgen“, erklärt sie. Ein Beispiel: Claudia Schreiber, Inhaberin der Seifenmanufaktur „Martha´s Corner“ und eine Gleichgesinnte in Sachen ökologischem Bewusstsein, stellt exklusiv für die Kollegin eine spezielle fettfreie „Putzseife“ her – als pflanzliche Alternative zur Kernseife, die aus tierischen Fetten gewonnen wird. „Sie hat mich auch von Anfang an unterstützt und bestärkt“, erklärt Hinrichsen.
Mehr als Verständnis gab es auch von ihrem Arbeitgeber, erzählt die Betriebswirtschaftlerin, die ihr Unternehmen auch in Zukunft nebenberuflich betreiben will. „Er gehörte zu meinen ersten Kunden.“ Noch ist „Nature en Vogue“ ein Eine-Frau-Betrieb, in dem jedes einzelne Glas und jede Flasche von der Gründerin persönlich befüllt und auf den Weg gebracht wird. Auf längere Sicht soll nicht mehr in der privaten Küche produziert werden. „Ich merke, dass meine Produkte ankommen. Der nächste Schritt wäre eine eigene Produktionsstätte und vielleicht einige Mitarbeitende” sagt Hinrichsen. Denn es gibt noch viel zu tun. In der Entwicklungsphase sind unter anderem Spülmaschinentabs, ein Weichspüler, ein Waschmittel für Wolle und Seide sowie ein Allzweck-Haushaltsreiniger – mit so wenigen Inhaltsstoffen wie nötig. Und garantiert ohne Gedöns.