Anfang der Woche ist es erneut passiert: In Verden versuchten Unbekannte, den Geldautomaten der Kreissparkasse zu knacken. Immer wieder kommt es zu solchen Vorfällen bei Banken – meist explosiv. Denn die Täter arbeiten in der Regel mit Sprengstoff. Der richtet massive Schäden an. In den Geldautomaten stecken beachtliche Summen.
In Verden scheiterte der Plan jedoch offenbar an der Technik eines Bremer Unternehmens: Nebel schlug die Gauner in die Flucht. Uns so kam es gar nicht erst zum Knall. Christian Römer ist der Geschäftsführer der Banken und Datentechnik Handelsgesellschaft (BDT). Sein Unternehmen hat die Bank mit den Sicherheitsvorkehrungen versorgt. Das Szenario ist aus seiner Sicht optimal verlaufen, weil die Schäden gering sind: "Es ist ein bisschen Nebelfluid weg. Das ist nicht schlimm." Über den Erfolg der Abwehr entscheiden Sekunden.
Auf die Sicherung von Geldautomaten haben sich die Bremer mit der Zeit spezialisiert. Wie das kam? Vor zehn Jahren seien Sprengungen der Geräte mit Gas so richtig aufgekommen. "Das verbreitete sich in alle europäischen Länder. Die Kunden fragten nach: Was können wir machen?", erinnert sich Römer. Die Bremer entwickelten also ein Produkt, das die Sprengung verhindert – mit Erfolg.
Weil die Täter sich stets neue Angriffsmethoden überlegen, müssen jedoch auch die Abwehrtechniken permanent weiterentwickelt werden. "Das ist ein Wettrennen", sagt Römer, der Feind der Panzerknacker - der natürlich kein Superheldencape trägt, sondern Pullover und Hemd.
Schon seit einiger Zeit nutzen die Täter überwiegend Festsprengstoffe. In wenigen Sekunden kommt es dabei zur Explosion: "Das geht schnell. Ansetzen. Peng! Geld einsammeln und Tschüss!" So rasch könne die Polizei gar nicht vor Ort sein. Gerade in ländlichen Gebieten seien die Täter aktiv. Was also tun? Weil diese Sprengungen sich schwer verhindern lassen, stecken in den Geldkassetten selbst vermehrt Sicherheitsvorkehrungen, die den Panzerknackern ihre Tour vermiesen sollen: Die Beute wird bei Explosion oder Erschütterung sofort zerstört.
Klebstoff macht aus Scheinen etwa einen harten Klotz – ein richtiger Ziegelstein. Vor Römer liegt ein Anschauungsexemplar. "Das ist unwiederbringlich zerstört", sagt er. Wobei dieser erste Versuch ein bisschen zu weit gegangen ist. Der Kleber darf das Geld nicht ganz treffen, damit die Bundesbank die Scheine noch zählen kann. Ein Tintentank könne ebenfalls recht effektiv sein: "Durch die Druckwelle bei der Sprengung geht der Plastiktank kaputt und die Tinte fällt – platsch – auf die Noten runter." Schon mehrere Vorfälle hätten gezeigt: Die Täter lassen das Geld dann vor Ort. Ihre Spuren führen häufig in die Niederlande, NRW und Niedersachsen trifft es deshalb besonders oft.
Klebstoff und Tinte sollen abschrecken
BDT schlägt den Banken ganze Sicherheitskonzepte für ihre Geschäftsstellen vor: Vergitterungen an Fenstern und Vernebelungsanlagen bis hin zu Geldkassettenlösungen. "Einfach nur Tinte einbauen und dann vergessen – das reicht oft nicht. Wir müssen uns schon Zeit verschaffen und es den Tätern damit so schwer wie möglich machen", sagt Römer. Um die 100 Banken nutzen die Systeme der Bremer. Geldautomaten werden ebenfalls noch ganz klassisch verkauft. Damit legte sein Vater 1992 den Grundstein fürs Unternehmen.
Aus Römers Sicht werden die Fälle von Geldautomatensprengungen nur zurückgehen, wenn die Banken konsequent in ihre Sicherheit investieren – damit der Schutz flächendeckend ist. Erst das schrecke die Täter ab. Im vergangenen Jahr haben die Unternehmen massiv reagiert bei den Kassettenlösungen. "Es gab einen Riesenschwung. Die Banken haben wirklich großflächig angefangen, solche Systeme nachzurüsten", sagt Geschäftsführer Römer. Ein echter Boom bei der Nachfrage, der anhält. In Niedersachsen sind die Fälle bereits stark rückläufig.
BDT ist bundesweit aktiv. In diesem Geschäft gebe es nur wenig Wettbewerber. Bei der Spezialisierung auf Geldautomaten sei man "fast alleine", sagt Römer. Insgesamt arbeiten für die Firma zwölf Mitarbeiter. Die Systeme liegen nicht immer richtig. Manchmal lösen Bankmitarbeiter unfreiwillig den Alarm aus oder Tiere, etwa eine Maus im Foyer. In einer Bank sorgte ein Schwarm Maikäfer für Probleme.
Ein Qualitätssiegel sind die Aufkleber des Unternehmens mit der Warnung: "Stop! Hier lohnt sich der Angriff nicht." Die gibt es nicht einfach so, obwohl das schon Banken angefragt haben: Wie teuer der Sticker denn sei? 3000 Euro sei die Antwort da gewesen – in dem Fall der Preis für die Abwehrlösung von Gassprengungen. "Da sind wir sehr penibel", sagt Römer. Denn klar ist auch: Wenn mit dem Aufkleber geschummelt wird, verliert er seine abschreckende Wirkung.
Immer weniger Geldautomaten
Christian Römer wollte eigentlich gar nicht in die Firma seines Vaters einsteigen. Computer sind früher seine Welt gewesen. "Geldautomaten waren Mechanik und laut und schwer", sagt Römer. Heute findet der IT-Systemelektroniker die Branche spannend. Die Banken seien dabei recht treue Kunden.
Ihre Treue zeigt sich derweil weniger bei den Standorten. Immer weniger Geldautomaten sind im Einsatz, und die Verwendung von Scheinen und Münzen nimmt ab. Römer hält dagegen das Bargeld hoch und glaubt auch dessen Zukunft als Zahlungsmittel. Wobei er zugibt, mittlerweile auch seltener bar zu zahlen: "Wenn ich auch anderes predige." In der Firma holt oft jemand Mittagessen für alle. Bisher floss dann Bargeld. Ein jüngerer Mitarbeiter bat jedoch um Zahlung per Paypal: "Da ist wieder ein Stück Bargeld im Alltag hier verloren gegangen. Jetzt machen es alle mit Paypal. Kontraproduktiv für uns, aber es ist eben so."
Das Unternehmen hat neben der Technik für Banken weitere Automaten mitentwickelt. Hier stehen zum Beispiel Schlüsselautomaten für den Fahrzeugverleih bereit. Sich immer wieder auf neue Lagen einstellen – das haben die Bremer schon von den Bankräubern gelernt.