Egal ob IT, Automobilbau oder im Gesundheitswesen – Wissen und Fachkenntnisse spielen für viele dieser Bereiche die entscheidende Rolle. Auch in Bremen gewinnt die sogenannte Wissenswirtschaft immer mehr an Bedeutung. Rund ein Drittel aller Beschäftigten arbeiten landesweit in diesem Wirtschaftszweig. Im Vergleich mit anderen Städten weist der jedoch Defizite aus. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung der Arbeitnehmerkammer hervor.
„Die Wissenswirtschaft ist sehr wichtig für eine Stadt“, sagt Tobias Peters, Referent bei der Arbeitnehmerkammer. Die Ressource Wissen stehe bei den Unternehmen dieses Wirtschaftszweiges im Vordergrund, und „sie steht für die Zukunftsfähigkeit des Arbeitsmarktes“. In der Stadt Bremen ist der Anteil der Beschäftigten in der Wissenswirtschaft mit 34 Prozent gering ausgeprägt, wie ein Vergleich zeigt. In Hamburg liegt er bei 38 Prozent, in Hannover bei fast 40. Spitzenreiter sind München (51 Prozent) und Stuttgart (53 Prozent).
Vor allem in den Bereichen IT, Beratungsdienstleistungen, dem Finanzwesen und dem Medien- und Kulturbereich liegt Bremen hinter anderen Standorten zurück. Gleichzeitig sind in den Bereiche IT- und Kommunikationsdienstleistungen, Beratung und Forschung sowie Gesundheit viele neue Arbeitsplätze entstanden. Auch bei der wissensintensiven Industrie steht Bremen auf dem ersten Blick gut da. Dazu zählen etwa die Luft- und Raumfahrt, aber auch der Automobilbau.
Doch gerade in Letzterem sieht Peters große Unterschiede zu Städten wie Stuttgart oder München. Während dort Konzernzentralen angesiedelt seien, in denen Forschung und Entwicklung stattfinde, sei Bremen lediglich Produktionsstandort. Zwar zählten die Beschäftigten zur Wissenswirtschaft, aber der Anteil von Akademikerinnen und Akademikern unter den Beschäftigten im bremischen Autobau liegt bei 6,6 Prozent. In München oder Stuttgart hat rund die Hälfte einen akademischen Abschluss. „Selbstverständlich sind es keineswegs nur Akademikerinnen und Akademiker, die komplexe Tätigkeiten verrichten. Doch sind Arbeiten in der Produktion eher von Automatisierung bedroht“, heißt es dazu in der Untersuchung. Die Zahl der Beschäftigten im wissensintensiven Segment der Industrie blieb seit 2007 in Bremen relativ konstant, während sie in anderen Industriebereichen abgenommen hat.
Laut Peters ist eine stabile Wissenswirtschaft wichtig für die Zukunft eines Standortes. „Da steht Bremen aktuell nicht so gut da“, sagt er. Durch Strukturwandel seien in den vergangenen Jahrzehnten viele Arbeitsplätze weggebrochen, die nicht kompensiert worden seien. Ein positives Zeichen sei hingegen das Gründungsgeschehen in der Hansestadt. Der Anteil der wissensintensiven Wirtschaftszweige an allen Gründungen von Unternehmen liegt bei fünf Prozent. Bremen liegt damit im Bundeslandvergleich auf Rang zwei hinter Berlin.#
Doch das Gründungsgeschehen alleine reicht nicht aus
„Bremen hat mit dem sogenannten Starthaus schon gute Ansätze, Gründungen zu bündeln und zu befördern. Und auch bei der Wissenswirtschaft hat Bremen Fortschritte gemacht“, sagt Ingo Schierenbeck, Hauptgeschäftsführer der Arbeitnehmerkammer. Das Land müsse aber noch mehr dafür tun, um auch attraktiv genug zu sein, damit hochqualifizierte Beschäftigte gern für einen Job nach Bremen wechseln oder nach dem Studium in der Stadt blieben. Die Stadt brauche bezahlbaren Wohnraum, gesicherte Kinderbetreuung, ein gutes Freizeit- und Kulturangebot und natürlich gute Bildungseinrichtungen.
Der Kammer-Chef plädiert daher dafür, die Wissenswirtschaft auch bei der Neugestaltung der Innenstadt mitzudenken. Sie müsse auf der Prioritätenliste ganz nach oben. „Die Innenstadt muss zukünftig mehr sein als nur Einkaufsmeile. Sie sollte sich umfassend wandeln zu einem Quartier, in dem gelebt und gearbeitet wird – mit einem Mix aus Wohnen, Büros und Gewerbe, attraktiven Leuchtturmprojekten und innovativer Nutzung“, fordert Schierenbeck. Um wissensintensive Branchen in die City zu holen, sei es gut, Teile der Hochschule und Universität in der Innenstadt anzusiedeln. „Arbeiten und Leben gehören zusammen", sagt er, "auch in der Innenstadt. Davon profitiert auch der Einzelhandel."