In der Bremer Innenstadt feierten im vergangenen Jahr auf einen Schlag gleich vier Läden mit neuen Konzepten ihre Eröffnung – und das mitten in der Krise. Zufall war das nicht, sondern die Antwort der Politik auf den grassierenden Leerstand im Zentrum. In schwierigen Zeiten soll mit Aktionsprogrammen etwas für die Entwicklung der Innenstadt unternommen werden.
Wettbewerbe der Wirtschaftsförderung Bremen unterstützen die Pop-up-Stores. Die Miete für die Flächen in teils bester Lage wird dabei für ein knappes Jahr übernommen. Gerade sind drei weitere Konzepte auserkoren worden und erwecken bald ebenfalls verlassene Geschäfte wieder zum Leben. In einigen Monaten läuft die Förderung für die Pop-up-Stores der ersten Stunde aus. Geht es trotzdem weiter?
Frequenz fehlt besonders unter der Woche
"Ekofair" sitzt in der Obernstraße. Im Wettbewerb der WFB haben die Gründer Urs Siedentop, Felix Halder und Erik Wankerl sich damals mit einem Concept-Store durchgesetzt. Viele Produkte aus Bremen sind in dem nachhaltigen Kaufhaus zu finden: Schmuck, Gewürze, Bettwäsche, Seife und Unterwäsche. "Hier ist ganz viel Liebe, Herzblut, Zeit und Energie reingeflossen", sagt Geschäftsführer Siedentop. Der Laden über zwei Etagen, in dem zuvor die Modekette Gerry Weber Mieter war, ist vom Team mit viel Engagement umgebaut und ausgestattet worden. "Wir haben hier alles selbst gemacht."
Die Zuversicht aber fehlt heute, viele Monate nach dem Auftakt im vergangenen Jahr, den Laden weiter zu betreiben. "Wir sind schweren Herzens zum Entschluss gekommen, dass wir am 30. April das letzte Mal unsere Türen fürs Publikum öffnen werden", sagt Urs Siedentop beim Gespräch vor Ort. Grund dafür seien auch durch die Pandemie hervorgerufene Faktoren, die man selbst nicht in der Hand habe: "Und ich sehe leider nicht, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird." Vor allem fehle unter der Woche die Frequenz und damit der Umsatz.
Viele Menschen, die sonst in der Mittagspause in der City Einkäufe erledigen, arbeiten weiter im Homeoffice. Das spüren die Geschäfte im Zentrum. Und generell ist eine Zurückhaltung immer wieder da, wenn die Infektionszahlen steigen. Wenige Menschen bummeln auch an diesem grauen und regnerischen Nachmittag durch die Stadt. Der Januar gilt im Handel ohnehin als schwieriger Monat.

Die Inhaber von "Ekofair" werden den Laden in der Bremer Obernstraße noch bis April führen – dann ist vorerst Schluss.
Die Lage des Geschäfts sei schön, aber eben kein Selbstläufer mehr wie früher. "Wir hatten nur im Dezember wirklich das Gefühl, dass wir von der Laufkundschaft profitieren", schaut Siedentop auf die vergangenen Monate zurück. Die Kunden seien gezielt ins Geschäft gekommen, etwa auf Empfehlung von Freunden hin.
Viel Kaufkraft sei zugleich in den Onlinehandel abgewandert. Ob sie zurückkomme? "Im Moment sind wir nicht in der Lage, das hier ohne Förderung fortzuführen", sagt der Geschäftsführer. Dabei sei das Kaufhaus eigentlich auf viel positive Resonanz gestoßen, sagt Siedentop. Er ist sich sicher: "Das Konzept funktioniert."
Ganz entfalten konnte es sich aber wegen der Pandemie nicht. "Ekofair" mit dem Café im Foyer sollte ein Ort der Begegnungen werden, für Kunst und Kultur sowie für den Austausch zum Thema Nachhaltigkeit. "Unser Konzept war ja von Anfang an so ausgelegt, dass wir nicht nur Waren verkaufen, sondern auch Aktionen auf der Fläche machen wollten", sagt Siedentop. "Wir wollten hier zur festen Institution werden mit wöchentlichem Programm." Am Ende der Förderung sollte "Ekofair" eigentlich auf eigenen Beinen stehen können.
Shoppen mit Erlebnis – ein Ansatz, der gern genannt wird, wenn es um die Zukunft des Einzelhandels geht, wenn Antworten auf den Onlineboom gefunden werden sollen. Wegen Corona aber konnten einige Formate bei "Ekofair" nicht stattfinden oder nur unter erschwerten Bedingungen. Selbst wenn man das Konzept noch weiter optimiere, selbst wenn es gute Gespräche mit dem Vermieter gegeben habe, verändere das nichts an den schwierigen Rahmenbedingungen, sagt Siedentop: "Uns ist das Risiko einfach zu hoch."
Bundesweit hat Bremen für sein Programm gegen Leerstand und für neue Ideen Aufmerksamkeit bekommen. Es ist ein Experiment für die City, auf das andere schauen. Untereinander tauschen sich die Bremer Pop-up-Stores der ersten Generation regelmäßig aus. Wie geht es bei den anderen Geschäften weiter?
„Hello Good Buy“ will verlängern
Neben "Ekofair" gehört zu den Siegern der ersten Runde auch „Hello Good Buy“. Der norwegische Secondhand-Laden für junge Mode liegt ebenfalls in der Obernstraße, ganz in Sichtweite. Hier ist noch keine konkrete Entscheidung gefallen, wie es weitergeht, aber das Geschäft möchte noch nicht "Goodbye" sagen. "Wir sind dabei, eine mögliche neue Vereinbarung auszuhandeln, um unseren Aufenthalt hier in Bremen zu verlängern", so Geschäftsführerin Sarah Elise Gjemdal.
Der Pop-up-Store von Faex, der in kurzem Abstand immer wieder neue, ausgesuchte Modekollektionen präsentiert, plant ebenfalls eine Fortsetzung. "Wir wollen auf jeden Fall in Bremen bleiben", sagt die Sprecherin des Berliner Unternehmens, Gabriele Warszinski. "Das Feedback der Bremerinnen motiviert uns." Es liefen derzeit Gespräche mit der WFB.
Auch Warszinski weist auf die schwierigen Bedingungen wegen Corona hin. Die Hoffnung sei nun, dass sich die Situation im Sommer wieder verbessere. "Wir sind eigentlich ganz optimistisch." Zu Beginn des Projekts habe aber wohl niemand gedacht, dass die Pandemie alle noch so lange intensiv beschäftigen werde.
Fortsetzung des Konzepts in der Zukunft
Für "Ekofair" stehen derweil die Chancen ebenfalls nicht schlecht, dass das Ende der Geschichte vorläufig ist und noch eine Fortsetzung folgt. "Vielleicht machen wir zu einer anderen Zeit an einem anderen Ort mit einem ähnlichen Konzept weiter", sagt Siedentop. Ideen in der Schublade gebe es einige. "Wir sind da ganz umtriebig, kreativ und weiterhin positiv unterwegs." Generell blickt der Geschäftsführer nicht verbittert zurück, sondern ist den Partnern, Kunden und der Wirtschaftsförderung dankbar für die Unterstützung.
Nur gerade wollen die Gründer abwarten, wohin die Reise geht und sich zunächst auf einen guten Abschluss in der Obernstraße konzentrieren – vielleicht auch mit ein paar weiteren Aktionen, wenn es die Lage zulässt. Man habe tolle Sachen auf die Beine stellen können, sagt Urs Siedentop. "Vielleicht haben wir den ein oder anderen durch schöne Produkte überzeugt, nachhaltigere oder gesündere Alternativen auszuprobieren."