Die Corona-Krise beschert dem Handwerk Stagnation. Das gilt allerdings nur bezogen auf die Ausbildungssituation. Denn ansonsten zeigt sich das Gewerbe bisher stabil, wie am Freitag beim Gespräch „Handwerk in der Corona-Pandemie“ deutlich wurde. Viele Betriebe wie aus den Bau- oder Ausbau-Gewerken arbeiten nahezu unverändert weiter. Schneider haben zugleich zusätzliche Geschäftsfelder entdeckt, weil Masken für den Schutz von Mund und Nase in diesen Zeiten gefragt sind.
Doch die Bewerber verhalten sich zurückhaltend, und so kamen auch im Handwerk bis April 15 Prozent weniger Ausbildungsverträge zustande im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Kein Wunder, so die Einschätzung von Christoph Lenderoth, der einen Glasereibetrieb in Bremen-Walle führt: Denn durch das Kontaktverbot wegen Corona sei jungen Menschen auch die Möglichkeit zur Probearbeit verwehrt worden. Gut sei aber, das hielt Andreas Meyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer fest, dass die Abschlussprüfungen noch vor den Sommerferien absolviert werden können und Alt-Azubis somit Platz für neue Lehrlinge schaffen.
Nach guten Auszubildenden könne man sich im Handwerk die Finger lecken, wie Stefan Hagens, Friseur und Geschäftsführer von Hairliner’s Hagens und Kaemena, betont. Er habe bereits Bewerbungen von Lehrlingen insolventer Betriebe erhalten. Genau dieses Bild – nämlich wie wertvoll gute Auszubildende sind – zeichnet auch Silke Gohlke, Kosmetikerin und Geschäftsführerin der Firma Hautquartier. Von 30 jungen Frauen, die ihre Ausbildung ehemals begonnen haben, nehmen in diesem Jahr gerade einmal fünf letztendlich an der Abschlussprüfung teil. Und eine dieser fünf Nachwuchskosmetikerinnen ist ihre Auszubildende. „Die Abbrecherquote ist sehr hoch“, hält Gohlke fest. Denn es gebe zwischen den Erwartungen an die Ausbildung und der Realität eine hohe Diskrepanz.
Christoph Lenderoth hat im Zuge der Corona-Krise auf automatisch angetriebene Türen unter anderem via Funksender umgerüstet. Darüber hinaus fertigt sein Betrieb nun Glastrennwände an als Schutz vor Tröpfcheninfektionen durch Husten, Niesen oder Sprechen. Für dieses Jahr hat er bereits zwei Auszubildende gefunden, sucht aber noch zwei als Glaser, einen oder eine als Systemplaner oder -planerin und in diesem Jahr zudem auch einen Kaufmann oder eine Kauffrau. Eine Stelle, die sogar dazugekommen sei – trotz Corona-Pandemie.
Unveränderte Anzahl an Ausbildungsplätzen
Der Malereibetrieb August Hespenheide hat auch bereits drei Auszubildende eingestellt. Für einen weiteren ist sogar noch Platz im Betrieb, wenn der Bewerber passt, wie Sonja Hespenheide-Hollweg betont. Sie kümmert sich im Unternehmen um die Ausbildung. Vier Stellen für Lehrlinge – das ist die Anzahl, die man hier auch sonst immer vergeben hat.
Der Betrieb arbeitet momentan denn auch normal weiter – natürlich unter den geltenden Abstandsregeln. Dennoch: Hespenheide-Hollweg sagt, es sollte finanzielle Unterstützung für Ausbildungsbetriebe geben: „Denn die Corona-Krise kann für manche Betriebe, die sowieso schon schwanken, ob sie ausbilden sollen, ein zusätzlicher Anlass sein, keine Notwendigkeit mehr in den Ausbildungen zu sehen. Einfach auch, weil ihnen die finanzielle Lage zu unsicher ist.“ Beim Heizungsbauer Hurtzig in der Gete arbeiten fünf Azubis. „Damit sind wir sehr gut dabei“, sagt Mitarbeiter Jens Weigelt. Und auch was die Auftragslage betrifft ist das Unternehmen derzeit noch gut aufgestellt. „Momentan sieht es so aus, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen.“