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Effizienzhaus Bremer Stadtwerder: So lebt es sich mit Wärmepumpe und Solaranlage

Eine Bremer Familie hat bei ihrem Eigenheim auf dem Stadtwerder direkt auf eine Wärmepumpe und Fotovoltaik gesetzt. Wie lebt es sich dort? Ein Besuch vor Ort mit dem Architekten des Hauses.
18.03.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Stadtwerder: So lebt es sich mit Wärmepumpe und Solaranlage
Von Lisa Schröder

Auf dem Stadtwerder ist in wenigen Jahren viel passiert. Auf der Halbinsel in der Weser entstand eine neue Wohnsiedlung. Ganz am Anfang war dort eine Familie zunächst allein auf weiter Flur. Das Zuhause von Ertan Dogu und Sandra Rybak wirkt auf einem Foto von damals aus der Ferne beinahe etwas verloren.

Im Jahr 2011 zog die Familie her. Fortschrittlich ist ihr Haus dabei nicht nur beim Bautempo gewesen: Die Energieeffizienz des Gebäudes ist von Anfang an bedacht worden. Was viele in diesen Zeiten gerne hätten, gibt es hier schon: Eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach liefert Energie, eine Wärmepumpe ist sofort installiert worden. Wie lebt es sich damit?

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Zusammen mit dem Architekten des Hauses sitzt das Paar heute am Küchentisch – und ist mit den Entscheidungen zufrieden. Das Wohnklima im Haus sei "super", sagt Sandra Rybak. Damals hätten sie viel Geld für die Technik in die Hand genommen und dafür anderswo bei der Ausstattung auch Abstriche gemacht. "Es sieht hier alles ganz schön aus. De facto haben wir aber zum Beispiel recht billige Türen." Der Fokus auf die Energieeffizienz sei jedoch genau richtig gewesen. Vielen ist das wegen der Krise um Strom und Gas erst bewusst geworden: "Wir erstrahlten plötzlich im hellen Glanz, weil wir so clever waren."

Holz hinter Putz

Auf den ersten Blick sieht man es wegen der Putzfassade nicht: Das Haus besteht aus Holz. Geplant hat es der Experte Hans-Martin Kahrs. Der Architekt mit Nachhaltigkeitsansatz musste nicht viel Überzeugungsarbeit leisten: "Als Passivhausplaner ist uns die Energieeffizienz immer sehr wichtig. Und da muss man eben sagen: Sandra und Ertan waren komplett offen dafür." Die beiden hätten ein Haus bestmöglich ausgerichtet auf die Zukunft haben wollen – ökologisch, effizient und langfristig wirtschaftlich. Dabei auf Holz für die Hülle zu setzen, das sei heute ein echter Trend. "Ich glaube, das fängt erst richtig an."

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Die Zusammenarbeit lief gut. "Als wir mit Martin darüber gesprochen haben, fand ich das Konzept immer besser", erinnert sich Ertan Dogu. Über die Wärmeversorgung machte er sich damals Gedanken – gerade bei einem Neubau erschien ihm der Verzicht auf fossile Energieträger richtig. Dafür musste unter anderem tief gebuddelt werden: 100 Meter ging es für die Erdwärmepumpe hinab.

Vor zehn bis 15 Jahren war das in Deutschland noch selten. Die Variante war schon damals teurer – in anderen Ländern wie Schweden aber durchaus verbreitet. Von den Kunden, sagt Kahrs, die ökologisch bauen wollten, habe nur ein Teil in diese Richtung gedacht: "Das war in einschlägigen Kreisen eher noch ein bisschen verschrien." Zu der Zeit habe es großes Interesse an nachwachsenden Brennstoffen wie Holzpellets gegeben. Das habe sich in Richtung Effizienz aber nicht durchgesetzt.

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3000 bis 3500 Kilowattstunden im Jahr

Ertan Dogu zufolge könnte die Wärmepumpe von der Menge her allein mit dem Strom vom Dach betrieben werden: Je nach Sonnentagen produziere die Fotovoltaikanlage 3000 bis 3500 Kilowattstunden im Jahr. So viel Energie verbrauche die Anlage zum Heizen und zur Warmwassererzeugung. "Das ist eigentlich ein emissionsfreies Haus", sagt Dogu. Ein Ökostromtarif sorgt an Wolkentagen für Energie. Für die Einspeisung des überschüssigen Stroms gibt es eine Vergütung.

Ein Energieeffizienzhaus zu errichten, das war bei diesem Projekt auch zur Erfüllung von Kreditvorgaben wichtig. Die Standards hätten aber locker erreicht werden können. "Wichtig bei den Häusern ist, sehr dicht zu bauen. Es darf nicht ziehen", sagt Kahrs. Für ein gutes Raumklima sorgt deshalb eine Lüftungsanlage.

Das hört sich an wie ein Kühlschrank.
Bauherr Ertan Dogu über die Wärmepumpe

Im Treppenhaus hinter Schiebetüren versteckt schlägt das Herz des Hauses – ganz leise. Dort befinden sich Wärmepumpe und Lüftungsanlage in einem Schrank. Lärm machten die nicht. "Das hört sich an wie ein Kühlschrank", sagt Dogu über die Wärmepumpe und macht ein sanftes Summen vor. "Wir hören es hinter der Tür nie." Die Wärmepumpe heize relativ gleichmäßig. Auf Temperaturwechsel reagiere sie darum mit etwas Verzug.

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Überall im Haus herrscht fast dieselbe Temperatur. Kalte Wände? Gebe es hier nicht. Wegen der guten Isolierung müsse zudem nicht viel geheizt werden. Die Wärme wirkt: Wäsche trockne auf dem Ständer in zwei Stunden. "Ich friere total leicht", sagt Rybak. Es fühle sich schon anders an, in ihrem Zuhause die Heizung aufzudrehen – ohne schlechtes Gewissen: "Hier macht es fast keinen Dreck."

In den eigenen vier Wänden hat Kahrs gerade erst den Wechsel geschafft. Der Architekt baut mit seiner Frau ihr gemeinsames Altbremer Haus um. "Wir haben ein Effizienzhaus daraus gemacht", sagt er – mit Wandheizung und Wärmepumpe. Eine Solaranlage soll zudem aufs Dach.

Nachrüstung als Herausforderung

Der Wandel im Bestand sei eine Herausforderung – von den heute viel höheren Investitionskosten über die unklaren Lieferzeiten bis zur Umsetzung der Sanierung selbst. "Es gibt eine sehr große Verunsicherung. Das ist gut nachvollziehbar", sagt Kahrs dazu. Dennoch begrüßt er die aktuell vorgesehenen strengeren Pläne für nachhaltigere Heizungen. Aus seiner Sicht ist lange viel verschlafen worden: "Irgendwann muss es eine Keule geben, damit die Menschen in Gang kommen."

An Freiwilligkeit glaubt auch Dogu bei der Sache nicht. Die Technik im Haus sei bei der Anschaffung zwar teurer gewesen, am Ende habe sich die Investition aber gelohnt. Vorreiter im Baugebiet zwischen den beiden Weserarmen zu sein, bereut die Familie ebenfalls nicht. Der Bauplatz mitten auf der Brache neben der Umgedrehten Kommode – "das war schon witzig", erinnert sich Ertan Dogu an die Zeit. Vorher wären hier alte Wasserbecken der SWB gewesen. Für das Haus sei also, was ihnen wichtig war, keine Natur versiegelt worden. "Im Gegenteil. Jetzt gibt es hier viel mehr Bäume und Grün als vorher."

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