Ein Hafen ist nur so gut wie seine Hinterlandanbindungen es sind. Genau das war und ist eine Stärke der bremischen Häfen. Das gilt insbesondere für Bremerhaven, wo der größte Anteil des Güterumschlags stattfindet. Das geht aus der Studie „Aktualisierung der Analyse und Prognose des See- und Hinterlandverkehrs der bremischen Häfen“ hervor. Angefertigt wurde sie vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) im Auftrag der Hafenmanagementgesellschaft Bremenports. Allerdings gibt es auch negative Entwicklungen: Im Feederverkehr hat die Seestadt Ladung verloren.
In diesem traditionell starken Transhipment-Segment, also in den Transporten, die in Bremerhaven angelandet und dann per Feederschiffe an andere Orte weiter transportiert werden, sanken die Mengen auf rund 2,8 Millionen Standardcontainer (TEU), was einem Anteil von 53 Prozent am Gesamtumschlag entspricht. 2013 waren es 61 Prozent. Den Grund dafür sehen die Autoren der Studie vor allem darin, dass die polnischen Seehäfen in Gdansk und Gdynia vermehrt direkt von den großen Containerschiffen angefahren werden und somit ein Umschlag über Bremerhaven nur noch im geringen Maße nötig ist.
Diese Entwicklung ist ein weiteres Argument für die Befürworter der Außenweser-Vertiefung. Nicht nur die Häfen entlang der Westrange, also Rotterdam und Antwerpen, nehmen Bremerhaven Ladung weg, auch Häfen im Ostseeraum machen der Seestadt zunehmend zu schaffen. Das Besondere ist beispielsweise am 2007 eröffneten und 2016 erweiterten Containerterminal in Gdansk nicht nur die Lage – der Hafen liegt an der Schnittstelle von Handelsrouten in der Ostsee und strategisch gut zu den Märkten in Polen sowie Mittel- und Osteuropa –, sondern auch die nautischen Eigenschaften: Das Terminal verfügt über eine maximale Wassertiefe von 17 Metern. Dadurch können auch Großcontainerschiffe mit einer Tragfähigkeit von 23.000 TEU abgefertigt werden.
Anpassung der Außenweser dringend benötigt
„Die Studie ist ein Beleg dafür, dass die bremischen Häfen sich trotz der schwierigen Wettbewerbssituation weiterhin auf einem guten Weg befinden und wir auch künftig auf ein stabiles Transportaufkommen mit dem Hinterland setzen können“, sagt Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD). „Gleichzeitig werden zwei weitere Dinge erneut deutlich: Zum einen, wie wichtig gute Verkehrsverbindungen in das Hinterland für den Erfolg an der Kaje sind und zum anderen, dass wir die Anpassung der Außenweser auch mit Blick auf die europäischen Mitbewerber dringender denn je benötigen.“ Denn nur so könne auch in Zukunft die Erreichbarkeit der bremischen Häfen für die größten Containerschiffe der Welt sichergestellt werden. Zugleich mache die Studie deutlich, dass nicht nur mit den polnischen Seehäfen weitere starke Konkurrenz für einzelne Märkte wachse, sondern auch mit den Adriahäfen wie Koper.
Im Hinterland wurden laut Studie 2018 zwischen den Containerterminals Bremerhaven und seinem Hinterland 2,6 Millionen TEU per Binnenschiff, Bahn oder Lkw transportiert. Das entspricht einem Plus von 300.000 TEU gegenüber dem Referenzjahr 2013. Positive Erkenntnisse gebe es auch, wenn man die Zahlen aufschlüsselt und sich die Regionen im Detail anschaut. So ist der Containertransport von und nach Nordrhein-Westfalen um 37 Prozent angestiegen. Schilling: „Dies zeigt, dass es sinnvoll ist, gerade in dem hart umkämpften und aufkommensstarken Bundesland selbstbewusst auf die Stärken der bremischen Häfen hinzuweisen."
Die Analyse der regionalen Strukturen im Hinterlandverkehr verdeutlicht die Rolle Bremens als Logistik-Standort. Hier werden – vor allem im Neustädter Hafen und im GVZ – Container mit Waren aus dem gesamten Bundesgebiet gepackt beziehungsweise Import-Container für die Distribution entladen, sodass die Waren teilweise Quelle oder Ziel außerhalb Bremens haben. Aufgrund dieser Logistik-Funktion ist das Stadtgebiet Bremen mit etwa 800.000 TEU (2013: 650.000 TEU) Quelle beziehungsweise Ziel von doppelt so vielen Containern wie das zweitplatzierte Bayern.
Basis für die Studie sind die Umschlagsergebnisse des Jahres 2018, als die bremischen Häfen einen Containerumschlag von 5,4 Millionen TEU verzeichneten. „Die Studie schreibt die Ergebnisse einer Untersuchung des Jahres 2013 fort und ist damit ein zentrales Instrument für die künftige Hafenentwicklung", so Bremenports-Chef Robert Howe.