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Verkaufsstart am Donnerstag So groß war der Ansturm aufs Silvester-Feuerwerk

In einigen Geschäften begann der Böller-Verkauf schon um sechs Uhr morgens. Viele Baumärkte verzichten auf Knallerartikel und verweisen auf die Umwelt – der Feuerwerkshändler Comet hält das für "scheinheilig".
29.12.2022, 17:08 Uhr
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Von Christoph Barth Florian Schwiegershausen

Es ist Donnerstagvormittag, elf Uhr. Bei Zimmermann Sonderposten am Weserpark ragt die Warteschlange so weit aus dem Laden heraus, dass selbst die Überdachung nicht mehr ausreicht, um alle vor dem Bremer Schmuddelwetter zu schützen. Doch die Kunden warten geduldig. Ihr Ziel: Endlich wieder Raketen und Böller für die Silvesternacht kaufen – nach drei Jahren Pause.

Niko und Monika kommen aus dem Markt. Vom Anstellen bis zum Bezahlen hat es bei ihnen zwei Stunden gedauert. Ein Raketensortiment und viele römische Lichter hat das junge Paar gekauft. „Wir sind hier extra hingefahren. Ob wir das noch mal so machen, mal sehen“, sagt er. Aber es sei auch um die Preise gegangen, denn „die sind gestiegen“.

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Alle Zimmermann-Filialen hatten am Donnerstagmorgen bereits ab sechs Uhr geöffnet, die Filiale in Delmenhorst sogar schon um 0.05 Uhr. Früh aufzustehen, um die Lieblingsraketen zu bekommen, scheint gar nicht so abwegig zu sein. Denn bei Aldi in Bremen-Osterholz an der Schevemoorer Landstraße war das Feuerwerkssortiment "Lollipop" für 4,99 Euro bereits kurz nach acht Uhr ausverkauft. Zur Öffnung um sieben Uhr stand auch dort bereits eine Kundenschlange vor dem Eingang.

Es scheint so, als ob die Menschen mit ein paar Raketen und Knallern ein Stück Normalität zurückhaben wollen, dass ihnen durch die Pandemie genommen worden war.

Comet startet wieder Werksverkauf

Beim Bremerhavener Feuerwerkshändler Comet standen die ersten Kunden bereits um 6 Uhr morgens vor dem Tor, um die Böller ab Werk zu kaufen. „Zum ersten Mal seit 1093 Tagen“, hat Comet-Chef Richard Eickel ausgerechnet. Die Freude darüber ist ihm anzumerken. „Die letzten beiden Jahre waren eine harte Nummer“, räumt Eickel ein. Außer Wunderkerzen und Knallbonbons – dem sogenannten Jugendfeuerwerk – konnte Comet wegen des Böllerverbots nichts aus seinem Sortiment verkaufen. „Wir haben nur Kosten produziert und 25 Millionen Euro Verlust eingefahren“, rechnet Eickel vor.

Zum Ausgleich gab es staatliche Hilfen, aber auf 7 bis 8 Millionen Euro Verlust werde Comet wohl sitzenbleiben, schätzt er. Mit dem chinesischen Li&Fung-Konzern steht allerdings ein großer Gesellschafter hinter dem Bremerhavener Feuerwerkshändler, der das Minus wohl verkraften kann.

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Für dieses Jahr rechnet Eickel mit einem Geschäft, das an die Vor-Corona-Jahre anknüpft. „Das hängt natürlich immer von einigen Faktoren ab wie dem Wetter und der Konsumlaune“, räumt er ein. 50.000 Paletten mit Raketen und Böllern wurden in den vergangenen Wochen aus dem Zentrallager in Bremerhaven und einer Zweigstelle in Großenkneten ausgeliefert; rund 50 Millionen Euro Umsatz macht Comet – die Nummer zwei unter den deutschen Feuerwerksanbietern – mit der Silvesterknallerei.

Preise könnten nächstes Jahr steigen

Was dieses Jahr zum Verkauf steht, ist allerdings im Wesentlichen die Ware von 2020, die damals nicht in den Handel gehen durfte. „Silvesterfeuerwerk hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum“, erklärt Eickel – zumindest bei sachgemäßer Lagerung. Deshalb seien die Preise auch „weitgehend gleichgeblieben“. Für nächstes Jahr allerdings, wenn containerweise frische Ware aus China herangeschafft werden muss, könnte es teurer werden, prognostiziert der Comet-Chef.

Wichtigster Vertriebskanal für das Silvesterfeuerwerk bleiben Supermärkte und Discounter.  Die Baumärkte dagegen haben sich zum Teil aus dem Geschäft zurückgezogen. Hornbach am Weserpark verzichtet darauf - das sei aber auch schon vor drei Jahren so gewesen, wie zu hören ist. Das Sortiment sei "auf Anregung von „Tier und Umweltschutzverbänden" um Silvesterböller bereinigt worden, erklärte das Unternehmen der „Bild“-Zeitung. Auf der Straßenseite gegenüber im Bauhaus suchen Kunden ebenfalls vergeblich nach Raketen und Böllern.

Comet-Chef kritisiert Baumärkte als "scheinheilig"

Comet-Chef Eickel hält die Gründe für vorgeschoben. „Baumärkte waren im Feuerwerksverkauf auch vor Corona nicht sonderlich stark“, sagt er. Zwischen den Feiertagen hätten die Leute offenbar etwas anderes zu tun, als im Baumarkt einzukaufen. Insofern sei die Argumentation mit Tierwohl und Umweltschutz „scheinheilig“.

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Die Kritik am Silvesterfeuerwerk allerdings lässt nicht nach. Umwelt-, Ärzte- und Tierschutzverbände, soziale Organisationen und sogar die Gewerkschaft der Polizei fordern ein Ende der Knallerei. Die Argumente sind seit Jahren die gleichen: Hohe Feinstaubbelastung, sinnlose Geldausgaben, Verletzungsgefahr, Lärmbelastung, Müll auf den Straßen. Die pyrotechnische Industrie versucht dagegenzuhalten: Die Plastikkappen der Raketen sollen künftig aus Pappe sein; im Angebot sind Leuchteffekte ohne Knall. Und die Feinstaubbelastung aus der Silvesternacht betrage nicht einmal ein Prozent der gesamten Jahresmenge in Deutschland, rechnet Comet-Chef Eickel vor. „Ich stelle mich gerne der Diskussion über die Umwelt“, versichert er. „Aber man sollte nicht etwas verbieten, was eine lange Tradition hat und den Menschen Freude bereitet.“

Zur Sache

Wo nicht geböllert werden darf

Raketen und Böller dürfen in Bremen nur zwischen dem 31. Dezember, 18 Uhr, und dem 1. Januar, 1 Uhr, gezündet werden. Komplett verboten ist Feuerwerk im Schnoor, im Umkreis von 150 Metern um das Bremer Rathaus sowie an der Schlachte zwischen Teerhofbrücke und Bürgermeister-Smidt-Brücke. Begründet wird dies mit der Brandgefahr für die historischen Gebäude in der Innenstadt sowie mit den Menschenansammlungen an der Schlachte zu Silvester. Rund um den Bremer Flughafen dürfen im Umkreis von 1,5 Kilometern keine Raketen abgefeuert werden. Rund um Reet- und Fachwerkhäuser sowie Tankstellen und Tanklager gilt ein Feuerwerksverbot im Umkreis von 150 Metern. Auch in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern sowie Kinder- und Altersheimen darf nicht geböllert werden. Verstöße können mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro geahndet werden, in Flughafennähe sogar mit bis zu 10.000 Euro.

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