Mit viel Euphorie ist vor zwei Jahren eine Delegation von Kaufleuten aus Bremen und umzu in den Iran gereist, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Sie wollten die Aufbruchstimmung und die Öffnung des Landes direkt miterleben, nachdem der Iran das Atomabkommen mit den USA, der EU sowie China und Russland geschlossen hatte. Nach der Reise, die die Handelskammer Bremen damals organisiert hatte, kam dann allerdings recht schnell Ernüchterung, obwohl später auch Unternehmer aus dem Iran dem Land Bremen einen Besuch abstatteten. Denn am Ende blieben die Banken äußerst zurückhaltend bei der Finanzierung von Geschäften mit dem Iran.
Dazu sagt Volkmar Herr, Geschäftsführer International bei der Handelskammer: "Da gab es nur einzelne Banken, die vielleicht mal für langjährige Kunden ein Iran-Geschäft finanziert haben. Aber Neukunden konnten das vergessen." Die Geschäfte mit dem Iran haben sich für Bremen in einem kleinen Rahmen bewegt. So belief sich das Handelsvolumen laut Kammer im Jahr 2016 auf 200.000 Euro. Und im Jahr 2017 waren es 1,3 Millionen Euro. Entsprechend sei von den reinen Zahlen her der Schaden für Bremer Unternehmen als nicht so groß einzuschätzen.
Torsten Grünewald von der Bremer Handelskammer sagt, es sei noch zu früh, um jetzt als Unternehmen "kalte Füße" zu bekommen: "Wir sollten erst mal abwarten, bis die nötigen Informationen auch schriftlich vorliegen." Allerdings seien neue Geschäfte mit dem Iran jetzt keine gute Idee. Die Bremer Handelskammer wird über das Büro des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Washington weitere Informationen erhalten. Die Vize-Präsidentin des Büros, Freya Lemcke, war vor drei Wochen in Bremen Gast beim Deutschen Außenwirtschaftstag.
Wenn ein Unternehmen in Zukunft Geschäfte mit dem Iran macht, gilt es in den USA als geächtet, sodass ihm der Marktzugang in die Vereinigten Staaten verwehrt wird. Das trifft auch den Flugzeughersteller Airbus. Der hatte Ende 2016 einen Vertrag mit der Fluggesellschaft IranAir abgeschlossen, der die Lieferung von Flugzeugen zu einem Listenpreis von 16 Milliarden Euro vorsieht. Das deutsch-französische Unternehmen bezieht rund zehn Prozent seiner Komponenten aus den Vereinigten Staaten, sodass es unter die Sanktionsdrohungen fallen könnte.
Die treffen auch den Konkurrenten Boeing. Der US-Konzern hat den Verkauf von 80 Flugzeugen mit einem Listenpreis von 14 Milliarden Euro vereinbart. VW hat gerade den Export von Autos in das Land gestartet. Ungewiss ist außerdem, was die US-Pläne für das Hamburger Logistikunternehmen Eurokai bedeuten, dem zur Hälfte der Containerterminal-Betreiber Eurogate gehört. Denn Eurokai ist wiederum mit Partnerfirmen am Terminal der iranischen Hafenstadt Bandar Abbas beteiligt.
"Wir sollten abwarten, bis alle notwendigen Infos schriftlich vorliegen"
Auswirkungen könnte es auch beim Ölpreis geben. Der kletterte nach Trumps Ankündigung je Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zeitweise um rund drei Prozent auf knapp 77 Dollar. Verbraucher und Firmen müssen sich also darauf einstellen, dass die Energierechnungen höher ausfallen. Denn auch der Euro schwächelt, was die Rohstoffeinfuhren für hiesige Abnehmer zusätzlich verteuert. Das macht sich ebenfalls an den Tankstellen bemerkbar.
Ob sich das mittelfristig fortsetzt, ist ungewiss. Zwar haben die USA die Abnehmerländer aufgefordert, die Käufe innerhalb von 100 Tagen zu reduzieren. Andererseits hat Washington aber auch Ausnahmeregelungen in Aussicht gestellt. Die Furcht vor einer Drosselung der Iran-Lieferung trifft auf einen Markt, der wegen der starken Nachfrage in Folge der guten Weltkonjunktur ohnehin angespannt ist. Andererseits hat Saudi-Arabien angekündigt, seine Exporte steigern zu wollen, um Angebot und Nachfrage auszugleichen.
Iran stellt innerhalb der OPEC rund zwölf Prozent der Ölproduktion. Die tägliche Förderung entspricht rund vier Prozent der weltweiten Menge, fällt also durchaus ins Gewicht. Doch zu den wichtigsten Abnehmerländern zählen neben der EU China, Indien und die Türkei. Experten halten es für fraglich, ob diese Nationen sich von US-Drohungen beeindrucken lassen.
In jedem Fall nimmt die Unsicherheit zu. Dies gilt auch für den Handel und die Investitionen. Seit Unterzeichnung des Atomvertrages im Jahr 2015 mit dem Iran hat sich der deutsch-iranische Handel um 42 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro erhöht. Das Hauptproblem für die Wirtschaft insgesamt ist nun aber die Ankündigung von Präsident Trump, alle im Iran aktiven Firmen mit Sanktionen zu belegen. Dies löse in der Wirtschaft erhebliche Sorgen aus, beklagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Denn aufgrund der extraterritorialen Wirkung der Sanktionen drohen den Unternehmen in den USA empfindliche Strafen.“ Extraterritorial meint, dass die Vereinigten Staaten diese Strafen auch auf Geschäfte außerhalb ihres Gebiets anwenden.
Auch wenn die EU Investitionen in Teheran für rechtmäßig hält, riskieren französische, italienische oder deutsche Konzerne mit solchen Aktivitäten Sanktionen. Die Europäer werden nun versuchen, die Nachteile für ihre Firmen zu begrenzen. Ausdrücklich forderte der DIHK eine Absicherung der Unternehmen durch den Staat. „Jetzt sind Bundesregierung und EU gefragt, das europäische Iran-Geschäft zu schützen“, heißt es in einer DIHK-Erklärung. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte seine Bereitschaft zu, darüber nachzudenken. Allerdings könne die Prüfung geeigneter Instrumente dafür noch andauern.
Im Video: Aufgelöstes Atomabkommen verunsichert Bremer Wirtschaft