Es gibt einige Dauerbrenner in Bremen. Themen, die nie ein Ende finden. Sie binden Kräfte und Geld, strapazieren die Nerven aller Beteiligten und stoßen in der Bevölkerung mit der Zeit, und die berechnet sich in solchen Fällen meistens nach Jahren, auf Desinteresse und Gleichmut: Wird sowieso nichts. Zu oft gehört und gelesen. Zeitverschwendung.
Zuletzt war das beim Domshof zu beobachten. Große Aufregung zwar, als bekannt wurde, dass auf dem großen Platz in der Innenstadt quasi eine Sichtschutzwand entstehen sollte. Die Kritik kam aber eher aus Fachkreisen. Andere, die meisten, wenden sich bei solchen Diskussionen längst ab: Domshof? Ach geh! Der soll doch schon seit 20 Jahren verändert werden. Und? Was ist passiert? Nichts. Lasst mich also in Ruhe damit.
Es kann nicht gut sein, wenn die Öffentlichkeit sich aus Debatten verabschiedet, die sie als nutzlos empfinden muss, weil je nach Belieben mal das eine Argument obsiegt und mal wieder ein ganz anderes. Hinzu kommt, dass nicht selten alter Groll im Spiel ist. Allein um der Sache willen zu streiten, ist der Politik einigermaßen wesensfremd. Leider. Das vergrätzt Menschen, die am Problem orientiert sind und nicht an Interessen.
Ein weiteres Stück auf dieser Bühne wird gerade mit der Domsheide aufgeführt. Sie ist neben dem Hauptbahnhof der Verkehrsknotenpunkt schlechthin in der Stadt. Zehntausende, die dort jeden Tag Bus und Bahn benutzen, zwischen den Haltestellen hin und herhasten und höllisch aufpassen müssen, dass sie nicht über die Schienen und Weichen stolpern. Zwischen den Fahrgästen wuseln jene, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad den Platz queren wollen. Ein einziges Chaos - lange bekannt, immer wieder beklagt, nie beseitigt.
Nun aber sollte der große Wurf kommen: Umbau der Domsheide. Auch schon wieder Jahre her, dass dazu Untersuchungen angestellt wurden - Machbarkeitsstudien und was den Verantwortlichen auf der Regierungsbank und in den Amtsstuben sonst noch einfallen kann. Ein hartes Ringen im Senat, als für Bau und Verkehr noch die Grünen-Politikerin Maike Schaefer zuständig war. Sie legte sich insbesondere mit der SPD und ihrem Frontmann Andreas Bovenschulte an. Schaefer wollte einen zentralen Haltepunkt vor dem Konzerthaus Glocke. Bovenschulte, der als Bürgermeister zugleich Kultursenator ist, konnte das nicht passen. Ein großer Bahnsteig am Eingang zum Musikhaus, Verkehr im Minutentakt und massenhaft Menschen – da graut es dem Konzertgänger.
Der Streit wogte hin und her und war im Einzelnen schon nicht mehr richtig nachzuvollziehen. Am Ende wählte der Senat die Variante mit zwei auseinander liegenden Haltestellen - eine Konstellation im Grunde wie heute, nur etwas anders positioniert. Schon das kann Kopfschütteln auslösen: Wozu der ganze Aufwand? Warum die große Welle?
Vollends aus der Fassung geraten die Beobachter nach der jüngsten Volte des Vorgangs. Lange hatte man von den beiden nichts oder nur wenig dazu gehört, doch nun sind sie da, mit aller Macht und der Drohung, vor Gericht zu ziehen, sollte der Senat an seinen Plänen festhalten. Der Landesbehindertenbeauftragte und sein Vorgänger, der heute im Vorstand des Vereins „Selbstbestimmt leben“ sitzt, sind strikt dagegen, die damals von Senatorin Schaefer favorisierte Lösung zu verwerfen. Für sie ist allein die zentrale Haltstelle denkbar, um lange Wege zu vermeiden und der geforderten Barrierefreiheit Genüge zu tun.
Nun kann man mit Fug und Recht fragen, warum dieser Einwand so spät kommt. Das ist nicht seriös. Ratlos macht aber auch, dass der Senat bei seinen Planungen trotz des langen Vorlaufs offenbar geschlampt hat oder einfach nicht sehen wollte, mit welchen Risiken sie behaftet sind. Das Fracksausen, von den Behindertenvertretern verklagt zu werden, ist groß. Hinzu kommt, dass sich auch die organisierten Senioren in Stellung bringen und der Beirat Mitte jüngst einmal mehr ein klares Nein zu geteilten Haltestellen formuliert hat. Eine Riesen-Dilemma für die Regierung, und was kommt für die Domsheide dabei heraus? Möglicherweise gar nichts, und das wäre schlimm.