Auch wenn die Fahrzeuge einen deutlichen Vorteil gegenüber Elektroautos bei der Reichweite haben, werden mit Wasserstoff angetriebene Autos bis auf Weiteres ein Nischendasein führen. Deutsche Hersteller haben die Entwicklung mit Brennstoffzellentechnologie eher im Hintergrund betrieben. Nun kommt öffentlich ein wenig Bewegung in diesen Markt: Auf der Automobilmesse IAA in Frankfurt stellt BMW das Wasserstoff-Concept-Car BMW i Hydrogen Next vor. Bis 2022 soll es eine Testserie der Fahrzeuge geben, die im Grunde genommen umgerüstete X5 sind. Auch Mercedes hat Wasserstoff nicht aus den Augen verloren und ist sogar schon ein Stück weiter: Im Bremer Werk läuft seit 2018 die Produktion des GLC F-Cell. Das Fahrzeug fährt hauptsächlich mit Brennstoffzelle, zusätzlich gibt es noch eine Lithium-Ionen-Batterie als Energiequelle.
Wie viele GLC F-Cell bisher das Werk verlassen haben, das behält der Hersteller für sich. Laut Mercedes sollen aber nur recht wenige GLC F-Cell im Vergleich zum rein batterieelektrischen SUV-Mercedes EQC gebaut werden, der ebenfalls in Bremen gefertigt wird und ab Herbst zum Verkauf stehen soll.
Dass das Fahrzeug noch nicht so in der Öffentlichkeit präsent ist, hat seinen Grund: Bislang wurde der GLC F-Cell lediglich an Behörden und Partnerunternehmen ausgeliefert, die sich auch im weitesten Sinne mit Wasserstoff beschäftigen oder diese Antriebsart als eine Alternative ansehen, sagte eine Daimler-Sprecherin dem WESER-KURIER. Zu den ersten Kunden gehörte etwa der Müllfahrzeughersteller Faun in Osterholz-Scharmbeck, das sich selbst bereits seit Jahren mit alternativen Antrieben beschäftigt.
Privatleute sollen in nächster Zeit aber auch die Gelegenheit bekommen, den Brennstoffzellen-Mercedes zu fahren. „Wir planen in Deutschland sieben Hubs beispielsweise in Berlin, Hamburg, München und Stuttgart, wo der GLC F-Cell für Probefahrten zur Verfügung steht“, so die Sprecherin. Darüber hinaus soll das Fahrzeug auch über Langzeitmiete genutzt werden können – ähnlich wie bei einem klassischen Autovermieter. Das Auto koste dann 799 Euro im Monat. „Wir wollen über diesen Weg Erfahrungen sammeln, wie dieses Auto im Alltag ankommt – etwa bei der Betankung.“
Wasserstoff-Tankstellen-Netz soll ausgebaut werden
Dass Wasserstoff-Tankstellen-Netz sei mit 75 Standorten in Deutschland ja noch sehr dünn. „Das wird aber ausgebaut“, so die Sprecherin. So will Daimler für Deutschland gemeinsam mit seinen Partnern im Joint Venture H2 Mobility bis Ende 2019 das Wasserstoff-Tankstellennetz auf 100 Stationen ausbauen. Das langfristige Ziel der Partner sieht ein Netz von bis zu 400 Wasserstofftankstellen bis zum Jahr 2023 vor. Ähnliche Infrastrukturprojekte werden in Europa, den USA und Japan vorangetrieben. „Wir planen als nächsten Schritt, den GLC F-Cell in Japan in den Markt zu bringen.“
Der GLC F-Cell kann sowohl mit Strom aus der Brennstoffzelle als auch mit dem aus dem Netz fahren. Im Prinzip ist das Fahrzeug ein Plug-in-Hybrid, es nutzt aber in erster Linie Wasserstoff als Energiequelle. Der Tank hat ein Fassungsvermögen von 4,4 Kilogramm. Vorteil des Brennstoffzellenfahrzeuges ist, dass es so schnell betankt werden kann wie ein beliebiges Fahrzeug mit Verbrennungsantrieb. Getankt wird Wasserstoff. Das Auto hat zudem einen Akku mit einer Kapazität von knapp 14 Kilowattstunden. Der GLC F-Cell hat eine Reichweite von 430 Kilometern mit Wasserstoffbetrieb, weitere 50 Kilometer schafft er elektrobetrieben mit Batterie.
Daimler hat bereits über mehrere Fahrzeuggenerationen hinweg Erfahrungen mit wasserstoffbetriebenen Elektrofahrzeugen gesammelt und nach eigenen Angaben Millionen von Testkilometern rund um den Globus absolviert. Bereits 1994 stellte Mercedes-Benz das erste Brennstoffzellenfahrzeug vor – den Necar 1. Es folgte unter anderem 2003 die A-Klasse F-Cell. Das aktuelle Brennstoffzellensystem sei im Vergleich zur Vorgängergeneration 30 Prozent kompakter und passe erstmals in einen konventionellen Motorraum. Weitere Verbesserungen gegenüber der B-Klasse F-Cell seien 40 Prozent mehr Antriebsleistung und 90 Prozent weniger Platin. Und das Gewicht sei um 25 Prozent geringer.
Bei der Fertigung des Wasserstoff-SUV wird das Bremer Werk hinsichtlich der Antriebssystemintegration des GLC F-Cell von Edag unterstützt. Das Unternehmen ist in unmittelbarer Werksnähe angesiedelt. Die einzelnen Bauteile kommen aus verschiedenen Werken in Bremen zusammen: So hat unter anderem die Daimler-Tochter NuCellSys in Kirchheim-Nabern bei Stuttgart das gesamtheitliche Brennstoffzellenaggregat und das Wasserstoff-Speichersystem des GLC F-Cell entwickelt. Das Wasserstofftanksystem wird im Mercedes-Benz Werk Mannheim gefertigt. Das Herzstück des Brennstoffzellensystems, der Brennstoffzellenstack, der aus etwa 400 Brennstoffzellen besteht, entsteht bei Mercedes-Benz Fuel Cell in British Columbia in Kanada. Es ist nach eigenen Angaben das weltweit erste Werk, das ausschließlich Produktion und Fertigungsverfahren von Brennstoffzellen-Stacks betreibt.
BMW verfolgt auch mehrere Strategien. Der Hersteller will bis 2023 seine 25 Modelle auch alle elektrifiziert anbieten können – zwei Jahre früher als bisher geplant. Das Unternehmen geht weltweit von einem sehr unterschiedlichen Tempo bei der Entwicklung der E-Mobilität aus. „Wir werden in der Lage sein, konventionelle Motoren, batterieelektrische Antriebe sowie Plug-in-Hybride und in Zukunft auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle anzubieten“, so BMW-Chef Oliver Zipse.