Empfänge, Konferenzen, Vorträge und Geschäftsessen – in anderen Zeiten ballten sich in so manchem Kalender die Termine. Die Pandemie sorgte jedoch dafür, dass vor allem Veranstalter kräftig auf die Bremse treten mussten. Treffen fanden zeitweise nur digital statt. So fiel im vergangenen Jahr auch der Wirtschaftsempfang der Handelskammer Bremen aus.
An diesem Dienstag aber setzte die Kammer ihre Tradition fort. 450 Gäste aus Wirtschaft und Politik kamen zur Veranstaltung: im wahrsten Sinne in spektakulärer Kulisse. Aufgrund der besonderen Umstände lud die Handelskammer in diesem Jahr ins Weserstadion ein. Ein Empfang auf der Tribüne neben der Ostkurve in einem sonst leeren Stadion – ein ungewohntes Bild. "Nach den vielen Monaten, in denen wir uns lediglich in kleinen Runden auf dem Bildschirm sehen konnten, freue ich mich riesig darüber, Sie alle wieder persönlich zu treffen", sagte Janina Marahrens-Hashagen, die Präses der Handelskammer.
In ihrer Begrüßung lobte die Gastgeberin zunächst Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) für ihren Einsatz während Corona. "Sie haben sich für die schnelle und pragmatische Unterstützung der Unternehmen mit den Soforthilfen eingesetzt. Sie hatten immer die Nöte der einzelnen Branchen im Blick." Auf den Rängen gab es nach diesen Worten Applaus. Marahrens-Hashagen sparte aber zugleich nicht mit Kritik an Bremens Bildungspolitik, an zu langsamen Verwaltungsvorgängen und schließlich den Verkehrsexperimenten in der Martinistraße und am Wall. "Die Innenstadtwirtschaft unterstützt die Idee, unnötige Durchgangsverkehre zu unterbinden und den Bereich zwischen Wall und Weser deutlich autoärmer zu gestalten", sagte die Unternehmerin. Es fehle aber an einem guten Gesamtkonzept für den Verkehr. Und weiter: "Wir fordern den Abbruch beider Verkehrsversuche." Dafür gab es ebenfalls Applaus.
Als Ehrengast sprach beim Wirtschaftsempfang der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Peter Adrian. Seine Festrede stand dabei unter der Überschrift: „Gemeinsam gestalten – die wirtschaftspolitischen Herausforderungen nach der Bundestagswahl“. Adrian wies dabei unter anderem darauf hin, dass Unternehmen ein verlässlicheres Umfeld für Investitionen geboten werden müsse. "Die Wirtschaft braucht einen spürbaren Investitionsruck." Die Kreditanfragen stagnierten derzeit.
Zu den aktuell laufenden Sondierungsgesprächen in Berlin äußerte er sich zurückhaltend. "Wir freuen uns eigentlich auf jede Konstellation, wenn sie in der Lage ist, mit uns intensiv sachlich zu diskutieren", sagte der DIHK-Präsident am Rande der Veranstaltung. Die Unternehmen hätten genügend Probleme, über die es miteinander zu reden gelte.
Adrian warnte dabei vor Alleingängen beim Klimaschutz in Deutschland und Europa. Denn dann bestünde die Gefahr, dass die Industrie von anderen Wirtschaftsräumen wie China und Nordamerika abgehängt werde. Adrian wies unter anderem auf die steigenden Energiepreise hin. "Wobei die Kostensteigerungen, die uns der europäische Green Deal bescheren wird, derzeit noch gar nicht eingepreist sind." Die Betriebe seien bereit, am Transformationsprozess mitzuwirken, doch dafür müsse es die richtigen Rahmenbedingungen geben.
Der gebürtige Kölner steht seit März an der Spitze des DIHK. Seit 2006 gehört er bereits als Präsident der IHK Trier dem Vorstand an. Adrian gründete im Anschluss an eine Banklehre und ein Volkswirtschaftsstudium die Triwo AG. Das Unternehmen entwickelt und betreibt bundesweit Industrie- und Gewerbeparks. "Insofern bin ich natürlich nah an den verschiedenen Industriebereichen und hänge natürlich auch etwas davon ab", sagte er im Gespräch mit dem WESER-KURIER.
Warum er sich überhaupt ehrenamtlich engagiere neben seiner Aufgabe in der Firma? Diese Frage warf der Unternehmer in seiner Festrede selbst auf. "Mein Wunsch war es, etwas dazu beizutragen, dass sich das Unternehmerbild in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich verbessert." Denn oft falle es negativ aus. Er hoffe auf einen guten Dialog der Wirtschaft mit der sich neu konstituierenden Bundesregierung. "Denn die aktuelle Situation, das gilt für Bremen sowie für viel andere Regionen, fordert politisches Handeln auf vielen Feldern."
Adrians Besuch im Fußballstadion war eine Ausnahme. Schon seit 50 Jahren sei er nicht mehr in einem Stadion gewesen – zuletzt in der Schulzeit bei einem Sportfest. "Ich bin ein Antisportler", sagte der DIHK-Präsident. Als guter Gastgeber hatte er sich aber dennoch auf die Kulisse vorbereitet: "Wollen wir alle hoffen, dass Bremen hier in Kürze wieder erstklassig ist – so wie die Kammer."
Ganz vertraut ist dagegen Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt, die sonst zu Spielen von Werder herkommt, das Stadion an der Flussschleife. In ihrem Grußwort ging sie auf die aus ihrer Sicht drei großen Herausforderungen für das Land Bremen und die Wirtschaft ein: die Digitalisierung, den demografischen Wandel und den Klimaschutz. Dabei handele es sich um große strukturelle Herausforderungen. "Wir reden tatsächlich von einer umfassenden Transformation in allen Bereichen."