Auf dem großen Gelände erinnert nichts mehr an die Anfänge. Zahlreiche Transporter parken in einer Reihe rechts neben dem Eingang. Ein Lkw verlässt eine der hohen Hallen. Ein anderer nimmt seinen Platz ein. Kein typisches Bild für eine Handelsvertretung. Doch die Bremer Firma Tiemann kümmert sich eben auch um die Wartung und den Service der Fahrzeuge. Wer einen Fuß auf das Gelände setzt, kann kaum erahnen, womit das Unternehmen in den ersten Jahren sein Geld verdient hat.
Vor 113 Jahren wurde Tiemann an der Hohentorstraße in Bremen gegründet. Damals importierte und handelte Inhaber Werner Tiemann mit Rohtabak. Von Landmaschinen, Lastwagen oder gar Transportern war noch lange keine Rede. Erst in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts orientierte sich die Bremer Firma um und setzte neue Schwerpunkte.
Von da an bestimmten nicht mehr kleine Tabakblätter den Arbeitsalltag, sondern Landmaschinen und Nutzfahrzeuge. „Die Perspektiven waren einfach besser“, sagt Caspar Plump, Mitglied der Geschäftsführung, zu der Umstrukturierung heute. Tiemann sah damals „ein rentables Geschäft“, wie Plump es beschreibt. Einer der ersten Deals gelang ihm bereits 1924, als Tiemanns Traktoren Bierfässer der Brauerei Beck von der Produktion zum Hafen transportierten.
Ab 1927 war Tiemann dann als Handelsvertreter für den Traktorhersteller Lanz mit seinem Bulldog tätig. Sieben Jahre später begann die Partnerschaft mit dem Lkw- und Bushersteller MAN. Damals zog auch die Zentrale von Tiemann um. Seit 1934 befindet sich der Hauptsitz an der Neuenlander Straße. Auch heute noch ist Tiemann Handelsvertreter von MAN Truck & Bus Deutschland sowie unter anderem für VW-Nutzfahrzeuge als Handels- und Servicepartner und für das Unternehmen John Deere, das den Hersteller Lanz aufgekauft hat.
Caspar Plump selbst ist vor etwa fünf Jahren zum Unternehmen gestoßen und leitet das Geschäft mit seinem Onkel Dirk Plump. „Zwar zieht er sich vermehrt aus dem operativen Geschäft zurück, aber bei Fragen kann ich mich immer an ihn wenden“, sagt der 36-jährige Geschäftsleiter. Schließlich kann sein Onkel auf eine jahrelange Erfahrung zurückgreifen. Er leitete ab den 1970er-Jahren mit seinem Bruder Wolfgang Plump das Geschäft.
"Bremen ist unsere Basis"
Tiemann war immer schon ein familiengeführtes Unternehmen. Die Größenordnung hat sich allerdings ein wenig geändert. Arbeiteten vor zehn Jahren etwa 450 Menschen für Tiemann, sind es heute beim Unternehmen mehr als 500 im Elbe-Weser-Dreieck und in Sachsen-Anhalt. In Bremen arbeiten mehr als 60 Beschäftigte im Service und Verkauf. Der Zuwachs macht sich auch auf dem Gelände bemerkbar: Vor etwa 15 Jahren wurde die Zentrale in Bremen neugebaut. In der gläsernen Eingangshalle steht auch ein restaurierter, blauer Lanz-Bulldog-Traktor. Er erinnert an die Anfangszeit des Handels mit Landmaschinen und bildet einen Kontrast zum heutigen Unternehmen.
Allerdings wird der Platz auf dem Gelände langsam knapp. „In Bremen sind wir mittlerweile fast am Limit angekommen“, sagt Caspar Plump. Das heißt nicht, dass das Unternehmen nicht mehr wachsen kann. Denn neben dem Hauptsitz in der Hansestadt gibt es 15 weitere Niederlassungen, die sich auf den Vertrieb und Service von Landtechnik und Nutzfahrzeugen spezialisiert haben. So ist das Unternehmen unter anderem in Bremerhaven, Hamburg und Verden vertreten – und plant einen weiteren Standort im Süden Hamburgs.
Derzeit stehen an der Neuenlander Straße mehrere Lkw in den Hallen, auch ein Bus ist zur Kontrolle vor Ort. Die Durchfahrtshallen besitzen zwei Tore, sodass die Mitarbeiter keinen Rückwärtsgang mehr benötigen. Sie können nach der Inspektion oder Reparatur einfach weiterfahren und müssen Mehrtonner nicht mühselig rückwärts manövrieren. Außerdem besitzen die Hallen an allen Standorten eine Fußbodenheizung, damit die Mitarbeiter auch im Winter keine kalten Füße bekommen. Für Caspar Plump ist das ein konsequenter Schritt der Weiterentwicklung – doch sicher nicht der letzte.
Handlungsbedarf sieht er nicht nur für sein Unternehmen, sondern auch für Bremen. „Wir müssen gerade hinterherschwimmen“, sagt der Geschäftsleiter. Hamburg habe sich in den vergangen Jahren zum Beispiel stärker entwickelt. Bremen müsse dafür sorgen, dass sich Unternehmen in der Stadt niederlassen und Fachkräfte vor Ort ausgebildet werden können. Dennoch glaubt Caspar Plump, der seine Karriere in der Wirtschaftsprüfung und der Unternehmensberatung begonnen hat, an den Standort: „Bremen ist unsere Basis.“
Um diese weiter zu stärken, sieht er auch die Arbeitgeber in der Pflicht. „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Bremen besser entwickelt“, sagt er mit Blick auf die Zukunft. Besonders die kommenden Jahre sind aus seiner Sicht spannend. „Unser Transportergeschäft wird immer wichtiger“, sagt Caspar Plump. Das hänge mit dem Verkehr in den Städten zusammen. Dieser solle reguliert werden – zum Vorteil der Transporter. Außerdem werde sich im Servicebereich eine Menge verändern. Es gebe bereits eine Technik, die die Wahrscheinlichkeit berechne, welches Bauteil ausfallen könnte. Die Fernwartung gibt nach Ansicht des Geschäftsleiters zahlreiche Möglichkeiten: „Bald werden wir, ohne am Fahrzeug zu schrauben, bereits Fehler erkennen und reagieren können.“