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Made in Bremen: Buhlmann-Gruppe Eine feste Verbindung

Die Stahlrohre und Versorgungsleitungen der Buhlmann-Gruppe bilden das Gerüst für industrielle Anlagen oder Fahrzeuge. Zum Bremer Unternehmen gehören heute gut 700 Mitarbeiter.
27.09.2020, 05:00 Uhr
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Von York Schaefer

Die Buhlmann-Gruppe könnte man als „Hidden Champion“ im wahrsten Sinne des Wortes bezeichnen. Die Produkte, mit denen das 1945 gegründete Bremer Familienunternehmen weltweit handelt, sind in den meisten Fällen unsichtbar – verborgen hinter Außenwänden oder Mauern, vergraben unter der Erde. Die Stahlrohre, Rohrverbindungen und Versorgungsleitungen, die das Unternehmen vertreibt, bilden das Gerüst für industrielle Anlagen, für Kraftwerke, Maschinen und Fahrzeuge.

So wie auch die Entwicklung von Unternehmen wie Buhlmann in den vergangenen 75 Jahren als eine Art Gerüst diente für die industrielle Entwicklung der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg. Angefangen vom kleinen Schrotthändler im kriegszerstörten Bremen über die Belieferung der damals boomenden Werftenindustrie und später der Petrochemie bis hin zum modernen Global Player mit Kunden auch aus der Energiewirtschaft, etwa für riesige Solarkraftanlagen.

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Gespräch mit Firmenchef Jan-Oliver Buhlmann im Firmensitz am Arberger Hafendamm, ein vierstöckiges Gebäude, das mit seinen breiten Fensterfronten einen Kontrast bildet zu den sonstigen Zweckhallen im Gewerbegebiet Hemelinger Hafen. Auch innen ist die Kunstsinnigkeit des 2016 verstorbenen, ehemaligen Geschäftsführers Karl Buhlmann noch immer präsent. Im lichtdurchfluteten Foyer ist die Wand bis unter die Decke in einem weißen Scherenschnittmuster gestaltet, modernes Design und edle Materialien bestimmen das Bild im gesamten Haus. Man wähnt sich ein wenig in einem Architektur- oder Grafikbüro – und nicht bei einem der größten Stahlhändler Europas mit gut 700 Mitarbeitern an sechs nationalen und 20 internationalen Standorten und einem Jahresumsatz von gut 300 Millionen Euro.

Die Wurzeln des Unternehmens liegen allerdings in den Trümmern des zerbombten Hohentorshafen. „Meine Großeltern haben sich mit Essensmarken beim Schlangestehen für Fleisch kennengelernt“, erzählt Enkel Jan-Oliver Buhlmann über die Firmengründer Karl August und Mathilde Buhlmann. Laut Legende hätten die beiden damals zwar kein Fleisch bekommen, aber dafür die Liebe gewonnen. Sie haben Stahlschrott gesammelt und für Schiffsreparaturen in die stadtbremischen Häfen gebracht. Für das erste Firmengebäude soll Mathilde Buhlmann noch selber Steine geklopft haben. Im Herbst 1945 hat das Paar dann das Unternehmen unter dem Namen „Bremer Röhren- und Eisenhandel“ gegründet, in den 50er- und 60er-Jahren bestimmte der Handel mit Blechen und Röhren für die stark expandierende Werftenindustrie in Norddeutschland das Geschäft.

Die Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt der Unternehmung

„Eine klassische Gründungsgeschichte der Nachkriegszeit“, sagt Buhlmann. Im geräumigen Büro des 38-Jährigen hängen die großformatigen Bilder seiner Kinder. Der Begriff des Familienunternehmens hat für den Chef in dritter Generation eine besondere Bedeutung mit Verantwortung. „Der Begriff ist ja nicht nur durch eine bestimmte Eigentümerstruktur definiert. Familie bedeutet auch, dass unsere Mitarbeiter im Mittelpunkt der Unternehmung stehen“, erklärt der Betriebswirt seine Firmenphilosophie.

„Wir sind mit Stahlrohren groß geworden“, hat sein Onkel Karl Buhlmann mal über die starke Identifikation mit dem Unternehmen gesagt. Auch der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel ist überzeugt vom Buhlmann’schen Konzept. „Manche Unternehmen bekommen dann ein Problem, wenn die Weitergabe an die nächste Generation nicht gut klappt und der alte Chef nicht loslassen kann. Aber das ist bei Buhlmann, wie ich weiß, vorbildlich gelöst worden, denn hier wurde immer zeitig auf die Nachfolgegeneration umgeschaltet“, sagt Hickel im Unternehmensmagazin.

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Bis in die 1970er-Jahre hinein war Buhlmann eine eher kleinere mittelständische Firma. 1971 errichtete man dann in Düsseldorf ein externes Lager mit Vertriebsbüro, um näher an den Kunden aus der Energiewirtschaft
zu sein. „Der Weg führte langsam weg von den Werften hin zu Kesselrohren für Kraftwerke und Energieträger“, skizziert Jan-Oliver Buhlmann die Entwicklung des Firmenportfolios. Große Werften sind auch heute noch Kunden. „Das ist aber inzwischen mehr ein Nischengeschäft.“ In den Achtzigern waren es Karl und Bruder Bernhard Buhlmann, Vater von Jan-Oliver Buhlmann, die das Geschäft
in Richtung Kessel- und Anlagenbau ausrichteten.

Der nächste Schritt ab den Neunzigern war die zunehmend internationale Ausrichtung. Es kamen Kunden aus der Chemiebranche und die Raffinerien der Petrochemie hinzu. 1999 gründete man die erste Repräsentanz in China als deutsch-chinesisches Joint Venture. Während seines Studiums leitete Jan-Oliver Buhlmann die Niederlassung in der Shandong Provinz südlich von Peking. 2010, nach Stationen in der Verkaufsleitung eines Discounters und einer Personalberatung, ging er mit der Familie für zwei Jahre nach Schanghai.

3000 Tonnen Stahlrohre auf Lager

Besuch im Lager am Firmensitz, an dem etwa 130 Menschen arbeiten. Bis zu 3000 Tonnen Stahlrohre lagern hier: vom klassischen C- oder Kohlenstoffstahl, verwendet etwa als Leitungsrohr, bis zum hochwertigeren Edelstahl für die Lebensmittelbranche. Gerade werden zwölf gut sechs Meter lange Rohre per Kran für die Auslieferung an einen großen Werftkunden vorbereitet.

Nach den Boomjahren 2003 bis 2008 sieht Jan-Oliver Buhlmann heute die größten Herausforderungen für die Stahlindustrie in der Energiewende und Digitalisierung. „Da müssen wir die Prozessketten von der Anfrage bis zur Auslieferung komplett neu denken.“ Buhlmann ist Unternehmer und Experte. Über ein vermeintlich prosaisches Produkt wie Stahlrohre kann er ungemein spannend erzählen. Vielleicht gelingt so auch irgendwann die Übergabe an die nächste Generation.

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