Ein Panzer, eine Halterung für Tablets und eine Luxusjacht haben auf den ersten und wohl auch auf den zweiten Blick wenig gemeinsam. Eine Parallele gibt es aber: Alle haben Teile aus Blech, die von der Bremer Firma Kolless hergestellt wurden.
In Huchting baut das Feinblechunternehmen beispielsweise Gehäuse und Blechkörper. Diese werden oft für Server oder Waschmaschinen genutzt. Der Großteil der Produkte wird in Kleinserien, also zu Stückzahlen von zehn bis 50 hergestellt. Meistens für Kunden aus dem maritimen Bereich, also dem Schiffbau. „Das ist schon seit der Unternehmensgründung durch Hans Jürgen Kolless so“, sagt der aktuelle Geschäftsführer Lutz Abram. Er hat das Unternehmen vor zwei Jahren von Andreas Albert übernommen, der weiterhin Gesellschafter ist. Dieser hatte Kolless wiederum 1996 mit seiner Albert-Gruppe gekauft, als der Firmengründer in den Ruhestand ging.
Obwohl Kolless damit kein Familienunternehmen mehr ist, sei es immer noch „ein familiäres Unternehmen“, sagt Abram. Jeden ersten Donnerstag im Monat wird das besonders deutlich: Dann frühstücken die 15 Mitarbeiter gemeinsam, bevor es an die Arbeit geht. Damit immer alle Beschäftigten auf dem Laufenden sind, präsentiert Abram dort jedes Mal die aktuellen Unternehmenszahlen sowie anstehende Projekte. „Wir legen viel Wert auf Transparenz und einen rücksichtsvollen Umgang mit unseren Mitarbeitern“, sagt Abram. Dies sei eine schützenswerte Eigenschaft des Unternehmens. Auch deshalb habe man im vergangenen Jahr erstmals seit langer Zeit wieder einen Auszubildenden eingestellt – um diese Werte an die nächste Generation weiterzugeben.
„Für die familiäre Struktur erwarten wir aber auch entsprechenden Einsatz: Sich auf Kosten der Kollegen zurückzulehnen, geht bei uns nicht“, sagt Abram. Vier Mitarbeitern habe man deshalb gekündigt. Die klare Haltung komme bei den Mitarbeitern jedoch gut an: „Jeder weiß, was von ihm erwartet wird und seitdem einige Störenfriede nicht mehr bei uns sind, ist das Betriebsklima viel besser geworden.“ Der Personaltausch hing jedoch auch mit der Restrukturierung zusammen, die der Betrieb in den letzten zwei Jahren durchlief.
Ausgeglichene Bilanz und Lohnerhöhungen
Als der 58-jährige Abram, der zuvor zehn Jahre als Interims-Manager in verschiedenen Metallbauunternehmen gearbeitet hatte, die Firma übernahm, hatte sie gerade das zweite Jahr in Folge rote Zahlen geschrieben. Abram tauschte daraufhin viele Kunden aus und passte die Produktionsvolumen an. Das Feinblechunternehmen stellt zwar weiterhin speziell nach Kundenwunsch gefertigte Bauteile her, jedoch mittlerweile häufiger in kleinen Serien als bisher. Die Folge: 2018 und 2019 war die Bilanz fast ausgeglichen, dreimal wurde der Lohn erhöht.
Damit bleibt die Herstellung von Sonderanfertigungen die DNA des Unternehmens. Die Kunden für diese Produkte sind bunt durchmischt, nur ihre Herkunft eint sie: 95% aller Abnehmer kommen aus Bremen und umzu. Sie heißen Lürssen, Airbus oder OHB, aber auch Mittelständler wie Optoprecision gehören dazu. Das Bremer Unternehmen baut beispielsweise eine Verkehrskamera zur Überwachung organisierter Kriminalität im Grenzbereich. Kolless stellt dafür das Gehäuse her.
Der skurrilste Auftrag zuletzt sei jedoch der Bau eines Gehäuses für ein Unterwasserstroboskop gewesen, das Fische von gefährlichen Bauten wie etwa Stauwerken fernhalten soll. Der Tierschutz war jedoch nicht das ausschlaggebende Argument für die Zusage zu diesem Auftrag. Abram findet es nicht so wichtig, wofür Kolless Bauteile genutzt werden. Deshalb baut das Unternehmen auch Leitern oder Wandhalterungen für Panzer. „Wir bauen Blechkörper. Wofür genau unsere Bauteile eingesetzt werden, können wir nicht beeinflussen, und es ist auch nicht unsere Aufgabe, das zu beurteilen“, sagt der 58-Jährige.
Ein Honigtestlabor aus Blech
Die Aufgabe seines Unternehmens sei es, Wünsche der Kunden umzusetzen. „Einmal kam beispielsweise eine Wissenschaftlerin mit einem Honigtestlabor aus Pappe zu uns, das wir auf Blech bauen sollten. Es war dann unsere Aufgabe, zu schauen, wie wir das mit unseren Materialien umsetzen können“, sagt Abram. Das Endprodukt habe dann natürlich „ein wenig anders ausgesehen“.
Wichtig sei für das Unternehmen aber eben nicht die spätere Anwendung der eigenen Produkte, sondern die Genauigkeit und Qualität der Bauteile. „Das ist das, was unsere Mitarbeiter sehr gut können, handwerkliche Präzision“, sagt der Firmenchef. Seine Mitarbeiter würden gerne arbeiten und seien stolz auf ihre Arbeit, mit der sie sich selbst verwirklichen könnten, ergänzt Abram, der gebürtig vom Niederrhein kommt. „Ich denke, das macht unsere Mentalität aus.“
Die „Liebe zum Blech“ eine seine Mitarbeiter. Wobei die Betonung auf „Blech“ liege. „Im Stahlbau beginnt das Material ab drei Millimeter dicke. Bei uns endet es dort“, sagt Abram. Die Zuneigung zum Werkstoff begründet er in den Eigenschaften der Bleche, die meist aus Edelstählen oder Aluminium bestehen. „Dadurch ist es gut formbar, sieht toll aus und hat einen hohen designerischen Anspruch.“
Bei aller Liebe zur handwerklichen Verarbeitung des Metalls zu Blech spielen auch neue Technologien eine Rolle für das Unternehmen: Erst zum Jahreswechsel bewilligte die EU eine Förderung für ein 3D-Drucker-Projekt mit dem Bremer Institut für angewandte Strahltechnik. „Wir hoffen, dass wir während des Projektes genügend Kunden und Wissen generieren können, um uns im Anschluss selbst einen 3D-Metalldrucker leisten zu können“, sagt er. „So führen wir Kolless in das nächste Jahrzehnt.“