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Ernesto Harder "Wenn es die Gewerkschaft nicht gäbe, müssten wir sie jetzt erfinden"

Ernesto Harder ist seit Kurzem Geschäftsführer des DGB Bremen-Elbe-Weser. Nun steht seine Wahl zum Vorsitzenden in Bremen an. Was Harder antreibt und warum es ihn mit Besuch in die Ständige Vertretung zieht.
15.01.2022, 04:30 Uhr
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Von Lisa Schröder

In der Böttcherstraße hat die Ständige Vertretung ihren Sitz. Das Lokal bringt das Rheinland an die Weser. Ein Stadtbummel mit Ernesto Harder muss hier entlang führen – eine Reminiszenz an seine alte Heimat Bonn. Gerne komme er sonst mit Besuch aus dem Rheinland her. "Dann gehen wir immer in die StäV. Ist doch klar", sagt Harder. Auf seinen Teller kommt das "Altkanzler Filet": Currywurst mit Pommes.

Die Pandemie macht Besuche gerade schwerer. Obendrauf hat das Lokal seit dieser Woche wegen des Coronageschehens vorübergehend geschlossen. Dabei hätte Harder einen Grund, hier zum Anstoßen herzukommen: Seit Dezember ist er der neue Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbunds für die Region Bremen-Elbe-Weser. Und an diesem Sonnabend dürfte er sehr wahrscheinlich auch zum Vorsitzenden des Stadtverbands Bremen gewählt werden. Damit wird Ernesto Harder zum Gesicht des DGB in Bremen und zum Nachfolger von Annette Düring. "Das sind schon ganz große Fußstapfen, in die ich da trete", sagt er mit Blick auf Dürings Leistung und Präsenz in der Stadt. Schon vor langer Zeit sei sie in der Sache auf ihn zugekommen.

Erneut wartet auf Harder eine andere Aufgabe. Bis Dezember war er bei der IG Metall für die Luft- und Raumfahrtbranche in Bremen zuständig. "Das habe ich wahnsinnig gerne gemacht", sagt Harder. Denn man erreiche etwas in den Betrieben. Menschen zu helfen, das sei eine Erfüllung. Wer ihn bei Kundgebungen im Einsatz für Beschäftigte gehört hat, der kennt Harder als Mann deutlicher Worte. Das will er nicht ändern: "Klare Kante. Da bin ich ganz Metaller. Das gehört schon dazu."

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In Ostfriesland geboren ist Harder in Bonn aufgewachsen. Dort hat er auch Politikwissenschaften und Geschichte studiert und selbst Politik gemacht. Zuletzt war er Vorsitzender der SPD Bonn. Als seine Frau Claudia Bogedan in Bremen Bildungssenatorin wurde, ging es für Harder 2015 mit in die Hansestadt. Für ihn sei der Schritt klar gewesen. Zuvor habe ihm seine Frau jahrelang den Rücken freigehalten: "Ich war sieben Tage die Woche unterwegs." Heute ist Bogedan Geschäftsführerin der Hans-Böckler-Stiftung mit Zentrale in Düsseldorf. Der Lebensmittelpunkt der Familie mit zwei Kindern aber soll Bremen bleiben.

Angesichts der Herausforderungen schlägt aus Harders Sicht die Zeit der Gewerkschaften. "Wenn es die Gewerkschaft nicht gäbe, müssten wir sie jetzt erfinden", sagt Harder mit Verweis auf die Pandemie, die Digitalisierung oder die Umbrüche im Bereich Energie und Mobilität. Genau in solchen Zeiten sei eine starke Interessensvertretung wichtig. "Das ist meine Aufgabe." Für Bremen fordert der Gewerkschafter unter anderem Fortschritte bei der Ausbildungsumlage und beim Tariftreuegesetz. Der Wirtschaftsstandort, sagt Harder, sei spannend und toll: "Ich würde mir wünschen, dass wir das als Bremerinnen und Bremer häufiger nach außen darstellen."

Als Geschäftsführer des DGB ist er für die Region von Cuxhaven bis Stade, Bremerhaven, Rotenburg, Verden und Osterholz-Scharmbeck zuständig. Als Stadtverbandsspitze in Bremen wird er darüber hinaus auch politisch verantwortlich sein für die Arbeit des DGB vor Ort. 40 Delegierte aus den acht Mitgliedsgewerkschaften stimmen über den Vorsitz ab. Harder freut sich spürbar auf die Aufgabe – er müsse natürlich erst gewählt werden. Da sei er demütig. Wenngleich es keinen Gegenkandidaten gibt: Es gehe darum, die Kandidatur zu begründen, um das Vertrauen zu bitten.

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Direkt nach der Schule trat Harder, Jahrgang 1977, in die SPD ein. Zur Sozialdemokratie habe ihn ein Gerechtigkeitsempfinden geführt. In seiner neuen Funktion soll die Partei aber keine Rolle spielen. Als Vorsitzender wolle er sich für die Beschäftigten des Landes einsetzen und dazu mit allen demokratischen Parteien sprechen. Als Gewerkschafter fühlt er sich dabei wohl: "Ehrlich gesagt vermisse ich die Parteipolitik gar nicht so."

Derzeit treiben Ernesto Harder die Folgen der Pandemie um. "Wenn man sich das anguckt, was da auf den Kundgebungen los ist, macht mich das schon betroffen." Als Bremens erster Gewerkschafter will er seinen Teil dazu beitragen, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht verloren geht.

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