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Citylab im Lloydhof in Bremen Erste erfolgreiche Start-ups ziehen um

Zum Jahresende wechselt der Lloydhof in Bremen den Besitzer. Das Citylab für Existenzgründer soll dennoch bis Ende 2018 bleiben. Schon jetzt wagen aber einige der Start-ups den Schritt raus aus dem Lloydhof.
05.12.2017, 22:20 Uhr
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Erste erfolgreiche Start-ups ziehen um
Von Nico Schnurr

In der kommenden Woche werden Thorsten Tendahl und Karin Take nach Dortmund reisen. Sie wurden eingeladen, im Ruhrgebiet interessiert man sich für ihre Erfahrungen bei der Bremer Wirtschaftsförderung. Einige Innenstädte im Westen sind verödet, vielerorts gibt es Leerstände. Was man dagegen tun kann, wissen Tendahl und Take. In Dortmund wollen sie von einer Bremer Erfolgsgeschichte erzählen. So zumindest bewerten die beiden Projektleiter das Citylab.

Seit April 2016 vermietet die Stadt im Lloydhof leerstehende Ladenflächen an junge Existenzgründer zur Zwischennutzung. Bei niedrigen Mieten und kurzen Kündigungsfristen von vier Wochen können Start-ups testen, wie ihre Produkte ankommen. Zum Jahresende geht die Fläche in den Besitz der DLH Bremen GmbH über. Bis Ende 2018 soll der Lloydhof trotzdem ein Labor bleiben – und wird sich dennoch wandeln.

„Probierraum für neue Ideen“

Von einem „Probierraum für neue Ideen“ sprechen die Projektleiter. Gestartet war das Citylab dabei vor allem als ein Wiederbelebungsversuch. Denn lange war der Lloydhof tot. Vor fünf Jahren hatte ihn die Stadt gekauft, er sollte Teil eines großen Einkaufszentrums im Ansgariquartier werden. Doch das Projekt scheiterte, die Stadt blieb auf der Immobilie sitzen. Fast 100.000 Euro standen der Wirtschaftsförderung zur Verfügung, um mit dem Citylab wieder Leben in den Lloydhof zu bringen. Anderthalb Jahre waren die 22 Ladenflächen fast vollständig von jungen Gründern belegt. Bald wird sich das ändern.

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„Wir werden ein Citylab in der Lightversion“, sagt Karin Take. Inzwischen haben drei Mieter den Schritt aus dem Labor geschafft, aus ihrem Experiment wurde ein Geschäftsmodell. Weitere Unternehmer könnten zum Jahresende folgen. Neue Gründer werden die frei gewordenen Flächen aber nicht beziehen. Bis das Citylab schließt, werden sogenannte Pop-up-Stores, provisorische Läden, die nur für wenige Wochen öffnen, die Lücken im Lloydhof schließen.

Wenn Karin Take in Dortmund erklären wird, warum das Projekt zur Zwischennutzung im Lloydhof ein Erfolg war, wird sie auch von Malte Blank erzählen. Nach dem Studium hat der Jungunternehmer aus seiner Liebe für individuelle Sneaker eine Geschäftsidee gemacht. Ein „absoluter Quereinsteiger“ sei er gewesen, sagt Blank. „Viele Leute werden meine Entscheidung für ziemlich naiv gehalten haben.“ Seit dem Start im April 2016 hat er im Lloydhof unter dem Namen „Blnks“ Schuhe aus 50 verschiedenen Ledermaterialien gestaltet und sie an die Füße seiner Kunden angepasst. Seit ein paar Wochen macht er das nicht mehr im Citylab.

Ein behütetes Umfeld

Blank ist umgezogen, an der Bischofsnadel teilt er sich nun ein Geschäft mit Vanessa Just, die mit ihrer „Nur Manufaktur“ bereits den Sprung in die freie Wirtschaft geschafft hat. „Das ist ein ziemlich großer Schritt, der ohne das Citylab nicht denkbar gewesen wäre“, sagt Blank. Als ihm ein Mikrokredit versagt wurde, zweifelte er. Blank war sich nicht mehr sicher, ob die Idee vom Sneaker-Start-up wirklich so gut ist, wie er immer gedacht hatte. „Erst das Citylab hat mir die Angst angenommen“, sagt Blank. Er traute sich, „Blnks“ zu gründen, weil er ahnte, im Lloydhof „in einem behüteten Umfeld“ Zeit zu haben. Zeit dafür, „ein Gefühl zu bekommen, wie es überhaupt in der Wirtschaft läuft“.

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Inzwischen schlafe er ruhiger, sagt Blank. Auch wenn die Miete steige und die Kündigungsfristen andere seien, wisse er nun, worauf er sich da eingelassen habe mit seinem Unternehmen. Geholfen hätten ihm dabei auch die vielen Gespräche mit anderen Mietern im Lloydhof wie etwa Frederik Niemann vom Vintage-Möbelhaus Wedderbruuk. „Einfach machen“, habe er jungen Gründern wie Malte Blank geraten, sagt Niemann. Mit seinem Möbelgeschäft war Niemann über vier Jahre im Lloydhof vertreten. Noch bevor es das Citylab gab, war er da. „Erst mit dem Citylab kam Fahrt rein, vorher war es schwer für uns“, sagt Niemann.

Inzwischen hat aber auch Wedderbruuk den Lloydhof verlassen. „Wir sind ein bisschen in die richtige Selbstständigkeit geglitten“, meint Frederik Niemann. Der Umzug ins Viertel, in einen eigenen Laden, habe sich nach der langen Phase im Ansgariquartier kaum mehr wie ein großer Sprung angefühlt. „Im Citylab lernt man, sich zu bewähren“, sagt Niemann. „Nach ein paar Wochen stellen die Kunden Ansprüche, als sei man Karstadt – da kannst du nicht öffnen und schließen, wann du willst.“

Das Citylab als Crashkurs

Auch Boris Schimanski hat aus der Zeit im Citylab gelernt. Sein Geschäft Calafant gibt er zum Jahresende auf. Der hauptberufliche Comiczeichner war mit seinen Spielwelten aus Karton in den Lloydhof gezogen. Er wollte herauszufinden, ob sein Spielzeug nicht nur online, sondern auch in einer Filiale funktioniert. Künftig will er seiner Produkte nur noch in schon bestehenden Geschäften anbieten. „Das Citylab war für mich ein Crashkurs in Betriebswirtschaft“, sagt Schimanski.

Ob junge Gründer in Bremen auch nach Ende des Citylabs die Chance haben, eine größere Fläche gemeinsam auf Zeit zu nutzen, ist unklar. „Das wird gerade politisch disktuiert“, sagt Karin Take. Zumindest ein Projekt in der Größenordnung des Citylabs scheint derzeit allerdings unwahrscheinlich.

Hinweis: In diesem Text war zunächst die Rede davon, dass das Projekt bis Mitte 2018 laufen sollte. Tatsächlich läuft es laut Citylab noch bis Ende 2018. Wir haben das korrigiert.

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