Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Kaffee selbst rösten Es interessiert ihn die Bohne

Christian Engelke hatte keine Lust mehr auf billigen Kaffee aus dem Supermarkt. Deswegen röstet er seine Bohnen nun selbst – unter anderem in einer Popcornmaschine.
14.07.2017, 20:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Es interessiert ihn die Bohne
Von Stefan Lakeband

Für Christian Engelke ist London eine Stadt mit großen Gegensätzen. Hier hat er einen der schlechtesten Kaffees seines Lebens getrunken, aber auch einen der besten. Und genau das sollte ihm ein neues Hobby bescheren. Nur wusste er das noch nicht, als er damals den ersten Schluck nahm und begeistert war. Vor einigen Jahren übernachtete Engelke über Airbnb in einer Wohnung in London. Sein Gastgeber bot ihm einen Kaffee an und er wunderte sich. „Er hat extrem gut geschmeckt.“ Das war der entscheidende Moment, in dem ihm klar wurde: Kaffee ist nicht gleich Kaffee.

Mittlerweile weiß der 35-Jährige, was Kaffee so besonders macht. Woher stammen die Bohnen? Wie fein wurden sie gemahlen? Wie wurde der Kaffee aufgebrüht? Das alles spielt eine Rolle. Und natürlich die Röstung. Während Kaffeefreunde den Mahlgrad und die Art der Zubereitung beeinflussen können, haben sie auf die Röstung selbst keinen Einfluss. Engelke wollte das nicht hinnehmen: Er ist selbst unter die Kaffeeröster gegangen.

Viel ausprobiert

Wenn es auf seiner Terrasse im Bremer Norden nach Getreide riecht und es raucht, dann röstet Engelke. In seiner Küche könnte er es natürlich auch machen. „Es qualmt aber so sehr, dass der Rauchmelder anspringen würde.“ Deswegen geht er dafür lieber vor die Tür. Viel hat er in den vergangenen zwei Jahren schon ausprobiert. Er hat seine Bohnen mit einem Heißluftföhn geröstet, in einem alten Brotbackautomaten und auf einem Blech im Backofen. Richtig zufrieden war er nie.

„Die Bohnen müssen eigentlich immer in Bewegung bleiben“, sagt Engelke. Sonst verbrennen sie zu leicht. Und auch für die richtige Temperatur und die richtige Zeit braucht es Fingerspitzengefühl, viele Tests – und ein wenig Recherche. Engelke hat viel im Internet gelesen: Auf der ganzen Welt gibt es Leute, die ihren Kaffee lieber selbst rösten, anstatt ihn fertig im Geschäft zu kaufen. Und er liest auch einen Röst-Tipp, der ihn zufrieden macht: eine Popcornmaschine. Hier werden die Bohnen heiß genug, aber auch automatisch umgewälzt. Mittlerweile ist der selbstständige Unternehmer sogar noch einen Schritt weiter. Er hat sich eine Röstmaschine für den Heimbedarf gekauft – die mache das Rösten noch einfacher und sei „idiotensicher“.

Die hellgrünen Rohbohnen bekommt Engelke aus dem Internet. Auch hier hat er viel rumprobiert. „Ich habe etwa 30 Sorten getestet, zwei davon haben mir gefallen.“ Einer seiner Lieblingskaffees ist die Sorte Uganda Bugisu, intensiv und würzig im Geschmack. Und lecker, wie Engelke findet. Deswegen bestellt er regelmäßig größere Mengen, auch gerne mal fünf oder zehn Kilogramm. Schließlich röstet er im Schnitt jede Woche selbst etwa 300 Gramm auf einmal.

Fertig geröstete Bohnen von großen Kaffeeketten oder von Discountern kauft er nicht, und er zeigt direkt wieso. Er schüttet eine Handvoll Rohbohnen auf einen Teller. „Alle haben die gleiche Größe“, sagt er. Zum Vergleich macht er das gleiche mit fertigen Espresso-Bohnen aus dem Supermarkt. Hier sind die Bohnen unterschiedlich groß, einige sehen verschrumpelt aus. „Das ist eigentlich Abfall“, sagt Engelke. „Egal was man im Supermarkt kauft, damit fährt man eigentlich nicht gut.“

Verschiedene Geschmacksnoten

Nach dem Rösten müssen die Bohnen noch ein bis zwei Tage liegen. Dann können sie mit dem Sauerstoff reagieren und entfalten ein besseres Aroma, sagt Engelke. Normalerweise macht er sich den Kaffee in einem Vollautomaten, der die Bohnen direkt mahlt. „Gegen einen ganz normalen Filterkaffee spricht aber auch nichts“, sagt er. „Ich will einfach nur, dass mein Kaffee schmeckt.“ Missionieren will er aber nicht. Wenn einer seiner Freunde seinen Kaffee nicht mag, sei das natürlich okay. Er möge ja auch nicht jeden Kaffee. Am liebsten ist er ihm, wenn er etwas erdig und kräftig schmeckt. Denn wie Wein kann auch Kaffee ganz verschiedene Geschmacksnoten entfalten. Manche haben Zitrusaromen, andere sollen an Schokolade erinnern, wieder andere schmecken sauer, einige süß.

Und noch etwas könnte Kaffee bald mit Wein gemeinsam haben, wenn es nach Engelke geht. „So wie Leute darauf achten, wo die Trauben angebaut wurden, so achten sie vielleicht auch irgendwann darauf, woher ihr Kaffee kommt.“ Bis es so weit ist, will er seinen Kaffee aber auch weiterhin selbst rösten.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)