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Personalnot in Betrieben Fachkräftemangel trifft Mittelstand besonders hart

Die Delmenhorster Kranbau-Firma Helfer boomt, findet aber keine Schlosser und Elektriker. Der Arbeitsmarkt sei wie leergefegt, Fachkräfte zu finden werde immer schwieriger.
31.01.2019, 06:00 Uhr
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Fachkräftemangel trifft Mittelstand besonders hart
Von Peter Hanuschke

Es riecht nach Stahl, es wird geschweißt, gehämmert und geformt. In den über 2000 Quadratmeter großen Fertigungshallen der Firma Helfer Elektrotechnik Kranservice GmbH und auf dem Außengelände am Delmenhorster Wehrhahn ist viel los. Kranbrücken mit einer Spannweite von bis zu 45 Metern warten auf den Abtransport. Stahlelemente in unterschiedlichen Größen werden gefertigt, um sie später beim Kunden zusammenzusetzen.

Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, die Teile mit Antrieben und Hubwerken sowie umfangreichen elektrischen Anlagen auszurüsten. So wird daraus ein tonnenschwerer Sonderkran mit besonderen Funktionen. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Und dennoch könnte es besser laufen: Die Arbeit erfordert Fachkenntnisse, nur leider werden die dafür notwendigen Fachkräfte immer seltener.

Arbeitsamt hat keine Leute zum Vermitteln

„Vor ein paar Jahren hatten wir auf unsere Stellenanzeigen locker 40 bis 50 Bewerbungen“, sagt Firmenchef René Helfer. „Inzwischen geht das häufig gegen null.“ Der Arbeitsmarkt sei wie leergefegt. „Dabei suchen wir gar nicht mal den Ingenieur, von dem immer die Rede ist, wenn es um das Thema Fachkräftemangel geht. Wir benötigen Schlosser und Elektriker.“ Auch diese Facharbeiter zu bekommen, werde immer schwieriger.

„Wir stehen auch in engem Kontakt zum Arbeitgeberservice beim Arbeitsamt, aber selbst die haben keine Leute zum Vermitteln“, sagt seine Frau Manuela Helfer, die im Unternehmen unter anderem für Personal zuständig ist. „Wir wären ja froh, wenn wir jemanden bekommen, der zumindest über Grundkenntnisse verfügt. Weiterbilden kann er sich bei uns intern und extern.“ Auch Ausbildungs- und Studienabbrecher seien willkommen, wenn sie denn motiviert seien, im Berufsleben Fuß zu fassen. „Wir bilden ja auch aus, und es ist vorteilhaft, wenn der Auszubildende mindestens schon volljährig ist.“

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Dass es in einigen Berufen einen Engpass an Personal gibt, bestätigt die Agentur für Arbeit Oldenburg-Wilhelmshaven. Das betreffe auch den Bereich Facharbeiter, so Sprecherin Claudia Zimmermann. Von Seiten der Agentur gebe es deshalb verschiedene geförderte Ausbildungs- beziehungsweise Fortbildungsmaßnahmen – beispielsweise Schweißerlehrgänge. Denn gerade auch Schweißer würden seit Jahren dringend gesucht.

Es sei vielleicht ein bisschen vermessen, in einer seit Jahren gut laufenden Konjunktur von Problemen zu sprechen, aber diese habe nun einmal einen Mangel an Facharbeitern zur Folge, so Manuela Helfer. Deswegen sei es noch wichtiger, diejenigen zu erreichen, die es trotz der guten Konjunkturlage bislang nicht in den ersten Arbeitsmarkt geschafft hätten. „Ich weiß, dass es in diesem Zusammenhang verschiedene Programme gibt, um diesem Personenkreis die notwendigen Grundlagen zu vermitteln, aber offenbar muss das noch ausgeweitet werden.“

Großindustrie bei Bewerbern beliebter

Helfer Elektrotechnik Kranservice beschäftigt derzeit 26 Mitarbeiter, davon sind der Großteil Konstruktionsmechaniker und Kranmonteure. Erschwerend sei für den Mittelstand, dass viele Fachkräfte einen Job in den großen Industrieunternehmen bevorzugten. „Manchmal werden sie auch gezielt abgeworben. Es wäre zumindest fair, wenn wir wie im Fußball dann eine Art Ablöse bekämen“, findet Unternehmenschef Helfer. „Ernsthaft, wenn der Fachkräftemangel nicht mittelfristig behoben wird, bekommen am Ende alle Unternehmen ein Problem, schließlich werden viele Industriebetriebe auch vom Mittelstand beliefert, was eine enorme Zuverlässigkeit erfordert.“

Dass der eine oder andere Facharbeiter in der Region zu einem Industrieunternehmen der Luft- und Raumfahrt oder Automobilbranche wechsele, dafür gebe es nachvollziehbare Gründe. „Da kann man manchmal sicherlich schon mehr verdienen, da können wir nicht immer mithalten“, räumt Helfer ein. „Derjenige, dem es vornehmlich um den Verdienst geht, ist dort sicherlich auch bestens aufgehoben.“ Und sicherlich gebe es da auch Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung, wobei genau das eigentlich die Stärke des Mittelstands sei. „Unternehmen, die das versäumen, sind schnell vom Markt verschwunden.“

Das Delmenhorster Unternehmen konstruiert und baut Kräne nach den individuellen Wünschen der Kunden. „So sind wir in der Lage, ein breites Spektrum an Kunden, vom Kleinstbetriebe bis zur Großwerft, zu beliefern. Außerdem fertigen wir sogenannte Prozesskrane, die vollautomatisiert zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt benötigt werden“, sagt Renè Helfer. „Bei uns ist auf jeden Fall viel Abwechslung garantiert, was sicherlich zur Arbeitszufriedenheit beiträgt“. Hinzu komme, dass talentierten Mitarbeitern schnell Verantwortung übertragen werde. Diese Wertschätzung wirke sich auch positiv auf deren Verdienst aus.

Dass Karriere, Handwerk und Mittelstand zusammenzubringen sind, das hat René Helfer selbst erlebt. Er hat dafür auch selber die Weichen gestellt: Zunächst musste der heute 50-Jährige dafür sorgen, dass nach dem Mauerfall seine Ausbildungszertifikate aus der DDR anerkannt werden. Danach nahm er verschiedene Jobs an und machte seinen Meister. Dabei hat er nie seine Leidenschaft aus Kindheitstagen aus den Augen verloren: den Kranbau.

Fertigung in den eigenen Produktionshallen

Nach ein paar Jahren in der Kran-Branche wagte er 2004 den Schritt in die Selbstständigkeit. Der Ein-Mann-Betrieb mit Sitz in Achim konzentrierte sich zunächst auf die sogenannte Sachkundigen-Abnahme für Krananlagen, eine wiederkehrende Sicherheitsüberprüfung zur Unfallverhütung. Schnell erweiterte er das Geschäftsfeld und stellte Fachkräfte ein. Schon bald hatte sich der Betrieb im Bereich Konstruktion, Fertigung und Montage von Standard- und Sonderkranen für Hallen- und Außenbereiche etabliert. Einen großen Stellenwert hatte dabei stets der Service. 2011 übernahm der Betrieb das Stahl- und Metallbauunternehmen Hullmann & Volbers in Delmenhorst.

Seitdem wird der Bau der konstruierten Kräne nicht mehr fremdvergeben. Helfer fertigt in den eigenen Produktionshallen. Das war der Auslöser dafür, mit der Vorbereitung und Einführung eines Qualitätsmanagements zu beginnen. Heute verfügt das Unternehmen nach eigenen Angaben unter anderem über die weltweit anerkannte Qualitätsnorm Iso 9001 und erfüllt alle erforderlichen schweißtechnischen Qualitätsstandards.

Seit der Gründung des Unternehmens sind weitere Geschäftsfelder wie Montage und Service für Industrietore und Ladebrücken hinzugekommen. So werden auch Edelstahl-Elemente für den Bau von Mega-Jachten und für Fahrgeschäfte hergestellt. „Wir sind breit aufgestellt“, so Helfer. Es gebe eine Vielzahl an Aufgaben und abwechslungsreichen Arbeiten, die zum großen Teil selbstständig ausgeführt werden. „Vielleicht erleichtert das ja die Entscheidung, hier bei uns in einem erfolgreichen mittelständischen Unternehmen in einem motivierten Team mitzuarbeiten.“

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