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Falsche Ansprache Warum viele Studenten nach dem Abschluss nicht in Bremen bleiben

Vielschichtig versucht Bremens Wirtschaftsförderung, die Hochschul-Absolventen für eine Arbeit bei einem Unternehmen in der Hansestadt zu gewinnen. Doch die Studenten sagen: Die Ansprache geht an uns vorbei.
22.08.2021, 22:04 Uhr
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Warum viele Studenten nach dem Abschluss nicht in Bremen bleiben
Von Florian Schwiegershausen

Das Problem versuchen das Wirtschaftsressort und die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) seit Jahren besser in den Griff zu bekommen: Viele Studierende verlassen nach ihrem Abschluss die Hansestadt und suchen ihren ersten Arbeitgeber lieber woanders. Es gibt eine Reihe von Projekten und Internetseiten, um Fachkräfte für Bremen zu gewinnen. Das haben sich vier Studierende von der Bremer Uni während ihrer Semesterferien angeschaut und kommen in ihrer Analyse zu dem ernüchternden Ergebnis: Die Ansprache der jungen Menschen geht völlig an den Studis vorbei.

"Sowohl bei der Wirtschaftssenatorin, der WFB und den drei Hochschulen kommen viele Ideen herum, aber es fehlt an einer kollektiven Lösung", sagt BWL-Studentin Franziska. "Gerade die Angebote der Verwaltung sind nicht unbedingt auf die Zielgruppe der Studierenden ausgerichtet." Das ist eines der Ergebnisse, die sie zusammen mit den Kollegen Lea, Pauline und Malcolm erarbeitet hat. Im Rahmen des Summercamps vom Lehrstuhl für Unternehmensgründung und Entrepreneurship haben sie innerhalb von knapp drei Wochen nach Lösungsansätzen gesucht. Die Aufgabe hatten sie von der WFB selbst bekommen.

So ergab die Umfrage der vier: Viele Studierende wollen nach ihrem Bachelor oder Master Bremen den Rücken kehren, weil sie den Arbeitsmarkt unattraktiv finden. Franziska stellt fest: "Es fehlt nach Ansicht der Absolventen an den richtigen Stellen und den richtigen Arbeitgebern." Doch "coole Arbeitgeber" wie es Franziska ausdrückt, gebe es ja in Bremen. Die seien auch auf den verschiedensten Internetseiten zu sehen, gingen aber anscheinend an den Hochschulabsolventen vorbei. Student Malcolm gibt den Tipp: "Sie müssen dringend auf die Plattformen Instagram und Linkedin gehen. Denn da sind die jungen Leute unterwegs." Dort informieren sich die jungen Menschen inzwischen über Arbeitgeber und Arbeitsplätze. Der Inhalt müsse aber entsprechend angepasst werden.

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Doch "coole Arbeitgeber" wie es Studentin Franziska ausdrückt, gebe es ja in Bremen. Die seien auch auf den verschiedensten Internetseiten zu sehen, gingen aber anscheinend an den Hochschulabsolventen vorbei. Student Malcolm gibt hier einen einfachen Tipp: "Sie müssen dringend auf die Plattformen Instagram und Linkedin gehen. Denn da sind die jungen Leute unterwegs." Dort informieren sich die jungen Menschen inzwischen über Arbeitgeber und Arbeitsplätze. Der Inhalt müsse aber entsprechend angepasst werden.

Bereits im vergangenen Semester haben Franziska und ihre Kommilitonen einen Podcast zusammen mit Bremer Betrieben gemacht: "Dabei haben wir uns so an Studierende gerichtet, wie es Studierende wohl eher hören möchten." Die WFB wolle die Anregungen gern aufgreifen. Es ist nicht das erste Mal, dass das Summercamp an der Bremer Uni für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation ist. Martin Holi vom Lehrstuhl sagt: "Es ist unser Anliegen, während dieser knapp drei Wochen und auch während der Seminare im Semester den Studierenden zu zeigen, dass wir hier in Bremen tolle Unternehmen haben und es nicht unbedingt der riesengroße Arbeitgeber in einer anderen Stadt sein muss."

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Von Jahr zu Jahr nehmen mehr Unternehmen und Institutionen am Summercamp teil und stellen den studentischen Teilnehmern eine Aufgabe, die sie in drei Wochen lösen sollen. In der Vergangenheit hat mancher Teilnehmer dabei seinen künftigen Arbeitgeber gefunden.

Bei HEC die Teams im Homeoffice besser vernetzen

Für das IT-Unternehmen HEC, das zum Team Neusta gehört, sollte das Studi-Team ein Konzept entwickeln, wie die Beschäftigten im Homeoffice weiterhin über Computer Kontakt zu den Beschäftigten halten können. Einer der Vorschläge von den Studierenden: Gemeinsamen Computerspiele und Belohnungssysteme. "An die Komponente mit den Spielen haben wir bisher nicht gedacht", sagt HEC-Berater Oliver Schaper. Das werde man im Unternehmen diskutieren.

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Der Bremer Getränkelogistiker Logipack ist zum ersten Mal dabei. Hier haben sich die Studenten Gedanken gemacht, wie man die Abläufe besser in eine digitale Form bekommen kann. Die analoge Form von Lieferscheinen und Kommissionierungszettel bei der Erfassung der leeren Flaschen sei oftmals fehlerbehaftet. Am Ende entschieden sie sich bei ihrer Kosten-Nutzen-Analyse für eine App. Mit der könne man per Smartphone oder Tablet den Papierkram ersetzen. In der Geschäftsführung von Logipack ist man begeistert. Es sei bestimmt nicht die letzte Teilnahme am Summercamp gewesen. Und Student Jakob sagt: "Unsere Lösung wäre auch etwas für andere Branchen."

Fotobuch spielt Videos wie bei Harry Potter in der Tageszeitung

Ein Team aus drei Informatikstudierenden hat für den Fotoproduktehersteller Cewe an einem Fotobuch mit Harry-Potter-Effekt gearbeitet. Es soll an die Zeitung "Der Tagesprophet" in den Harry-Potter-Filmen erinnern, in denen sich die Bilder auf den Seiten bewegen. Das Stichwort ist virtuelle Realität und werde in Zukunft so funktionieren: "Wenn die Kamera eines Smartphones ein bestimmtes Foto erfasst, wird darauf ein Video abgespielt." Zum Foto vom Karibikstrand wird das Smartphone also das Video mit dem Meeresrauschen abspielen. Die Kunden müssen dazu beim Bestellen des Fotobuchs auch die zugehörigen Videos hochladen. Die landen dann bei Cewe auf einem Server.

Student Julius und seine Kollegen haben für Bremerhavens Magistrat eine Internetseite für Geflüchtete entwickelt. Dafür haben sie zusammen mit verschiedenen Institutionen mehr als 100 Fragen erarbeitet, die in sechs Sprachen beantwortet werden. Dafür hat Julius bereits während seiner Klausurenphase vor dem Summercamp Gesprächstermine gemacht. Julius gibt zu: "Ich hatte anfangs gedacht, dass die Fragen nach Sportvereinen wichtig seien. Am Ende waren es aber die Fragen rund um Behörden. Zum Beispiel: Was ist ein Standesamt?" Das positive Feedback macht ihn und seine Kollegen glücklich: "Es ist schön, wenn man auf diese Weise etwas Sinnstiftendes tun kann, wovon noch viele profitieren können."

Info

Interesse am Summercamp wächst von Jahr zu Jahr

Zum fünften Mal hat der Lehrstuhl für Mittelstand, Existenzgründung und Entrepreneurship (Lemex) von der Bremer Uni das Summercamp veranstaltet. Beteiligt hat sich zum ersten Mal das Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung. Mit 84 Studierenden aus fünf Ländern, darunter zum ersten Mal auch welche von der Jacobs University, gab es so viele Teilnehmer wie noch nie. Auch von den Partnerunis in Rom, Essex (Großbritannien), Bloemfontein (Südafrika) und Colorado (USA) gab es Teilnehmer. Sie haben alle in knapp drei Wochen in 25 Projekten von 23 Unternehmen, Behörden und Institutionen eine Problemlösung erarbeitet. In diesem Jahr waren unter anderem Cewe, die Sparkasse Bremen, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die Hochschulrektorenkonferenz, Laureus, Logipack und der Magistrat der Stadt Bremerhaven dabei.

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