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Beratung im Bremer Finanzamt Hilfe auf den letzten Drücker bei der Grundsteuererklärung

Einmal wurde die Frist bereits verlängert. Doch am Dienstag war endgültig der letzte Tag für die fristgerechte Abgabe der Grundsteuererklärung. Das Bremer Finanzamt mobilisierte alle Reserven, um zu helfen.
31.01.2023, 19:56 Uhr
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Hilfe auf den letzten Drücker bei der Grundsteuererklärung
Von Christoph Barth

Das rot-weiße Flatterband am Eingang des Bremer Finanzamts gibt sein Bestes: Es flattert und knattert mit jeder Windböe, die über den kahlen Platz fegt. Eine kleine Warteschlange hat sich unter das Vordach des Gebäudes geflüchtet, halbwegs geschützt vor dem kalten Nieselregen. Der Grund für den Andrang steht unübersehbar auf einem knallroten Aufkleber an der Tür: "Abgabe bis 31. 01. 23". Alle, die hier stehen, wissen, was gemeint ist, denn nur deshalb sind sie hier: Es ist der letzte Tag zur fristgerechten Einreichung der Grundsteuererklärung.

Eine Treppe tiefer im Inneren des Gebäudes finden normalerweise Schulungen statt. Referatsleiter Robert Bauer jedoch hat die beiden Unterrichtsräume an den letzten beiden Tagen der Frist in ein Beratungszentrum umfunktioniert. An zwölf Tischen sitzen seine Beamten und helfen überforderten Hausbesitzern beim Kampf mit den Formularen. "Die meisten gehen hier glücklich wieder raus", hat er beobachtet.

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So wie Dieter Beine. Der Rentner gehört zu den vielen Bremern, die die unvermeidliche Abgabe der Grundsteuererklärung bis zum letzten Tag vor sich hergeschoben haben. "Ich habe das Formular nicht verstanden", gibt er unumwunden zu. Die Anrechnung von Wegeflächen auf seinem Grundstück und andere Spitzfindigkeiten der Steuerbürokratie hätten ihn überfordert. In der Bürgersprechstunde konnte ihm geholfen werden und Beine verlässt das Amt mit einem breiten Lächeln im Gesicht. "Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe", sagt er.

Üblicherweise gibt es Beratung im Finanzamt nur mit Termin. Im Endspurt um die leidige Grundsteuerreform jedoch mobilisierten Referatsleiter Bauer und seine Kollegen alle Reserven und öffneten zwei Tage lang von 9 bis 16 Uhr die Türen. Am ersten Tag kamen 350 Hausbesitzer mit ihrer Sammlung von Formularen, Nachweisen, Belegen und Berechnungen ins Haus. Gleichzeitig gingen noch einmal 4700 Steuererklärungen auf elektronischem Wege ein, über das Steuerportal "Elster" – so wie es das Finanzamt am liebsten hat, weil die Zahlen dann direkt in seinen Rechnern landen. Aber nicht bei allen Steuerpflichtigen konnte sich das Amt mit diesem Begehren durchsetzen. Etwa ein Siebentel der Steuererklärungen gingen in Papierform ein. Und auch in der Bürgersprechstunde im Finanzamtskeller wird mit Formularen gearbeitet. 

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"Ich wünschte mir schon, dass die etwas einfacher zu verstehen wären", seufzt Frank Schröder. "Ich stand da jedenfalls vor wie der Ochs' vorm Berg." Er muss gleich für mehrere Objekte eine Steuererklärung abgeben, in Vertretung seiner Mutter, die sich selbst nicht mehr darum kümmern kann. Auf dem Tisch in der Ecke des Raumes, an dem er mit der Finanzbeamtin Maren Brinkert sitzt, liegen die grünen Formulare kreuz und quer, wie ein Sinnbild seiner Verzweiflung. "Ich wusste gar nicht, wo ich da anfangen soll", räumt Schröder ein. Mit ein bisschen amtlicher Hilfe jedoch kommt jetzt Ordnung in die Dinge. Und siehe da: "Eigentlich ist das gar kein Hexenwerk", stellt Schröder fest. "Es ist alles machbar und geht sogar ziemlich schnell." Die Erleichterung ist ihm anzumerken.

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"An den Formularen können wir sicherlich noch etwas verbessern – da gibt es noch Potenzial", räumt Referatsleiter Bauer ein, der sich das Ganze natürlich nicht selbst ausgedacht hat, sondern nur das weitergeben kann, was andere entworfen haben. Es ist wie so oft: In dem Bemühen, alles für jeden möglichst gerecht zu machen, wird die Sache immer komplizierter – bis hin zur Anlage "Weinbau", der in Bremen eher selten betrieben wird. Bei der Suche nach Flurstücksnummern und Bodenrichtwerten macht es einem das Amt noch vergleichsweise einfach. Aber wie berechnet man eine Wohnfläche – mit Dachschrägen, Treppen, Abstellkammer und Terrasse? Und fällt ein Reihenhaus in die Kategorie "Einfamilienhaus" oder "Wohneigentum"?

Gerechtigkeit ist jedoch das eigentliche Ziel der ganzen Aktion, und darum müssen da nun alle durch. Häuser und Grundstücke sollen nicht mehr nach Einheitswerten besteuert werden, die noch aus 1960er-Jahren stammen, sondern nach ihrem heutigen Wert. Nicht jeder sieht das ein, und so wartete die Bremer Finanzbehörde am letzten Tag der bereits einmal verlängerten Frist noch immer auf fast ein Viertel der fälligen Grundsteuererklärungen. Im Amt laufen Wetten, ob im Schlussspurt die 80-Prozent-Marke noch geknackt wird – die genauen Zahlen will die Finanzbehörde am Mittwoch vorlegen.

Fest steht: Wer seine Erklärung nicht abgegeben hat, wird im März ein Erinnerungsschreiben bekommen – mit einer letzten Frist. Dann drohen Verspätungszuschläge und sogar Zwangsgelder, auch wenn die Bremer Finanzbehörde die ganz große Keule lieber nicht schwingen möchte. Wer am Dienstag im Nieselregen vor dem Finanzamt stand, ist diese Sorge jedenfalls los.

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