Das Firmenschild ist zurückhaltend, wenn nicht unscheinbar. Es hängt an einem Gebäude, das etwas zurückliegt, gegenüber vom Sitz der Bremer Straßenbahn AG am Flughafendamm. Das Unternehmen Biolog Life Science Institute Forschungslabor und Biochemica-Vertrieb GmbH ist auf Werbung nach außen nicht angewiesen. Die Firma hat keine Laufkundschaft.
Der schwere Katalog, den Biolog drucken lässt, enthält insbesondere Nukleotide, Bausteine der Nukleinsäuren DNA und RNA. Die Kunden sind Wissenschaftler, innerhalb und außerhalb Deutschlands und Europas, vor allem in den USA. Das Einsatzgebiet der Biolog-Produkte ist die biologische, biochemische und pharmakologische Forschung in akademischen Einrichtungen und in Unternehmen.
Die mittelständische Firma ist ebenfalls ein Spin-off der Uni Bremen, Abteilung Bioorganische Chemie. Der Chemiker Hans-Gottfried Genieser zählte zu einem Arbeitskreis, der sich mit Molekülen befasste, „die aus den gleichen Atomen bestehen und sich ähneln wie Bild und Spiegelbild“, aber biologisch unterschiedliche Eigenschaften und damit Wirkungen haben können.
Mit den Molekülen kann man zelluläre Signalwege beeinflussen, mit dem einen könne man sie verstärken, mit dem anderen blockieren. Die Forschungserkenntnisse zu dem Herstellungsverfahren dieses Molekül-Paars hätten in der Fachwelt für hohe Aufmerksamkeit gesorgt, erzählt Genieser. „Die Anfragen nahmen derart überhand, dass die akademische Institution mit der Produktion überfordert war.“
Biolog wurde 1989 gegründet. Genieser begann, zunächst als Ein-Mann-Betrieb und Mieter im Institut für Honigforschung, die Reagenz zu produzieren und zu verkaufen. Er produzierte, verkaufte, schrieb Rechnungen, verschickte, setzte sich mit Zoll-Bestimmungen auseinander. Die Produkte werden aus chemischen Bausteinen gewonnen, die diverse Umwandlungen erfahren, um die gewünschten Verbindungen einzugehen.
Dabei entstehen auch unerwünschte Nebenreaktionen und -produkte. Deshalb wird das Produkt mithilfe mehrerer Chromatographie-Schritte gereinigt, um es in Milligramm-Einheiten verkaufen zu können. Noch heute verkauft Biolog eben jenes Molekül-Paar, als eines von an die 850 Produkten. Biolog hat Patente für sieben Molekül-Großgruppen inne.
Anderthalb bis zwei Millionen Euro pro Jahr
Die Firma wuchs, nicht schnell, aber stetig. Den Umsatz beziffert Genieser auf rund anderthalb bis zwei Millionen Euro pro Jahr. „Andere sind nach 25 Jahren an der Börse“, sagt Genieser. „Aber ich war immer sehr konservativ. Ich habe immer nur, wenn das Geld da war, neue Geräte gekauft oder neue Mitarbeiter eingestellt, und auf Fremdkapital verzichtet.“
20 Frauen und Männer arbeiten mittlerweile für die Biolog GmbH. Es sind überwiegend Chemiker und Laboranten, Andrea Intemann ist Biologin. Sie ist als Projekt-Managerin unter anderem für das Qualitätsmanagement zuständig. Das Unternehmen ist nach der entsprechenden Norm zertifiziert. Wie in anderen Firmen werden die Produkte, die in alle Welt verschickt werden, chargenweise streng kontrolliert.
Spezialisiert hat sich die Bremer Firma auf die Signalübertragungsforschung. Die GmbH entwickelt und produziert Signalmoleküle, die innerhalb der Zelle wirken, Prozesse anschieben oder blockieren und ihre Wirkung nachweisen. Biolog entwickelt solche Moleküle auf Nachfrage oder Auftrag, forscht aber auch selbst und bietet dem Markt neue Produkte an. „Wir verstehen uns aber nicht nur als ein Laden mit Molekülen“, sagt Geschäftsführer Genieser, „wir stehen für unsere Kunden auch für wissenschaftliche Beratung zur Verfügung“.
Zu den Einsatzfeldern der Produkte Marke Biolog gehört die Humanmedizin: „Eine der Substanzklassen, die wir intensiv bearbeiten, wird mittlerweile in klinischen Studien gegen Krebs verwendet, in der Immun-Onkologie“, sagt Frank Schwede, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung. Wissenschaftler beschäftigten sich mit diesen Substanzen auch intensiv als Wirkverstärker von Impfstoffen. „Unser Kundenstamm weitet sich sehr in Richtung Pharma-Kunden aus.“
Verbindung zu anderen Wissenschaftlern ist eng und international
Biolog sei nicht darauf ausgelegt, selbst Medikamente zu entwickeln. „Aber wir sind an der Vorstufe beteiligt, durch unsere Wirkstoffe“, sagt Genieser. Einer der Biolog-Bestseller sind „zyklische Dinucleotide“ aus der Gruppe der Immunostimulatoren. Unter ihnen habe das Bremer Unternehmen weltweit die meisten Molekül-Variationen entwickelt – die einen seien so ausgestattet, dass sie nur langsam abgebaut werden, andere tragen einen Farbstoff, der Forschern ermöglicht, ihre Wirkung nachzuvollziehen, andere seien bereits an Trägermaterial gebunden.
Die Verbindung zu anderen Wissenschaftlern ist eng und international. „Wir können unsere eigenen Produkte nicht selbst testen, wir brauchen Partner, die biologisch arbeiten und Testsysteme haben, mit denen die Wirkung überprüft werden kann.“ Es gebe darunter Arbeitsgruppen mit Forschern, die sich mit Krebs beschäftigen, andere mit Malaria oder Diabetes.
Diese Kooperation sei für beide Seiten attraktiv, zumal wenn gemeinsame Veröffentlichungen in hoch angesehenen Journalen die Folge seien, sagt Schwede. Biolog kann auf eine Vielzahl derartiger Publikationen verweisen. Eine weitere Folge solcher Kooperationen sei die Teilnahme an EU-Förderprojekten, die gezielt die Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren Unternehmen mit Universitäten und Hochschulen stärkten, um wissenschaftliche Forschungsergebnisse auch an den Markt zu bringen.
„Wir haben gerade ein EU-Projekt mit einigen akademischen Partnern abgeschlossen, das sich um degenerative Augenerkrankungen drehte. Eines unserer Moleküle ist dabei positiv aufgefallen, wir haben daraufhin noch passendere Moleküle entwickelt.“ Aus dieser Kooperation ist vor gut einem Jahr eine gemeinsame Firma entstanden, die ein Medikament für die Augenheilkunde entwickelt.
Biolog ist als Mitglied des i³-Life-Sciences-Clusters Nordwest an dem Projekt „Klick-Fish“ beteiligt, mit dem neue Verfahren zur Markierung von Nukleinsäuren sowie Sonden für die sogenannte Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (die den Nachweis von gewissen DNA-Strukturen durch farbige Markierungen ermöglicht) und die breite Anwendung in der biologischen Forschung entwickelt werden. Das Cluster biete die Gelegenheit, auch innerhalb Bremens Kontakte zu knüpfen, was nicht selbstverständlich sei. Viele Firmen träten öffentlich nicht groß in Erscheinung, weil ihre Kundschaft andernorts angesiedelt sei, „man weiß oft gar nichts voneinander“, sagt Genieser.
Das gemeinsame Projekt „Klick-Fish“, das mit Bundesmitteln gefördert wird, sei gute Werbung für das Cluster: Die drei beteiligten Firmen (neben Biolog Zytovision aus Bremerhaven und Si-Chem aus Bremen) ergänzten sich ideal. Die gemeinsame Entwicklung habe gute Chancen, von allen Firmen kommerziell genutzt werden zu können und der Humanmedizin zu dienen.