Die Handelskammer rechnet mit einem schwierigen Jahr 2024. Sei die bremische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2023 noch leicht gewachsen, hätten sich die Aussichten zum Jahresende zunehmend verdunkelt. "Und die Zeichen stehen nicht auf raschen Aufschwung", sagte Hauptgeschäftsführer Matthias Fonger bei der Vorstellung der Handelskammer-Jahresbilanz. Bundesweit drohe die Abwanderung von Industrieproduktion ins Ausland. "Wir müssen darauf achten, dass das nicht auch in Bremen passiert", so Fonger.
Grund für diese Befürchtung gebe es, ergänzte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht auf Nachfrage. "Die bremische Wirtschaft ist mittelstandsgeprägt und loyal", versicherte er. "Bevor wir gehen, muss einiges passieren." Anders sei das bei Unternehmen, bei denen die Entscheidungen nicht in Deutschland getroffen würden. Als Beispiel nannte Dubbers-Albrecht die Arcelor-Mittal-Stahlwerke, die ihre Produktion mit Milliardeninvestitionen auf die Herstellung von "grünem Stahl" umrüsten wollen. Auch bei Unternehmen, die bereits im Ausland engagiert seien, gebe es Überlegungen, ob man weiter in Deutschland investieren solle.
Leichtes Wachstum im ersten Halbjahr
In der ersten Jahreshälfte ist die bremische Wirtschaft noch um 0,8 Prozent gewachsen – und lag damit über dem Bundesdurchschnitt, der bereits eine schrumpfende Wirtschaftsleistung verzeichnete. Im vergangenen Jahr hatte die bremische Wirtschaft mit einem Wachstum von 5,1 Prozent sogar an der Spitze aller Bundesländer gelegen. Für die zweite Jahreshälfte liegen noch keine Zahlen vor, aber die vierteljährlichen Konjunkturumfragen der Handelskammer unter den Bremer Unternehmen ließen nichts Gutes erwarten, befürchtet Fonger.
Besonders schlecht schnitt der Hafen ab. In den ersten zehn Monaten sank der Gesamtumschlag um fast elf Prozent, bei den Containern sogar um 11,5 Prozent. "Wir benötigen massive Investitionen in die Häfen", forderte Präses Dubbers-Albrecht. Die könne Bremen nicht alleine stemmen – hier sei auch der Bund gefragt. "Der Containerumschlag ist von volkswirtschaftlicher Relevanz – so wollen wir in Berlin argumentieren und das werden wir weiter bis zum Allerletzten versuchen", kündigte Dubbers-Albrecht an. Angesichts des Milliardenlochs im Bundeshaushalt finde man dafür allerdings in Berlin nicht viele Zuhörer, räumte er ein.
Sieht man sich in Sachen Hafenausbau auf einer Linie mit dem rot-grün-roten Senat, übt die Kammer an anderer Stelle heftige Kritik an der Bremer Landespolitik. So seien seit 2018 zwar 759 Stellen an den Schulen, bei der Polizei und bei der Feuerwehr geschaffen worden, aber gleichzeitig auch 1125 in der "Verwaltungsbürokratie", rechnet Hauptgeschäftsführer Fonger vor. "Es wird also nicht gespart, es wächst weiter an", kritisierte er. "Das kann so nicht weitergehen." Die Bürokratie müsse abgebaut werden.