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Handwerkermangel Vergebliches Warten auf die Solarzellen

Jeder vierte Hausbesitzer in Deutschland will in diesem Jahr in eine Fotovoltaikanlage investieren. Auch Michael Timmermann hätte sie gerne längst gern auf dem Dach. Doch dann kam die Absage.
13.05.2022, 15:12 Uhr
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Vergebliches Warten auf die Solarzellen
Von Florian Schwiegershausen

"Pünktlich wie die Maurer" lautet der alte Spruch. Den würde Michael Timmermann am liebsten auch auf die Energietechnik-Handwerker übertragen. Doch die haben ihn versetzt. Gern hätte er spätestens für diesen Sommer die neue Fotovoltaikanlage auf dem Dach seines Reihenhauses in Betrieb genommen. Aber daraus wird wohl nichts. Zwar hatte er bereits vom Handwerker die Zusage, der hat den Auftrag kurzerhand storniert. Dabei hat Timmermann sich doch rechtzeitig gekümmert.

Rückblick: 2019 kauft er ein Reihenhaus. Bereits damals zieht er einen Energieberater hinzu. Denn bezüglich der Energiewende wollte Timmermann nicht die Katze im Sack kaufen. Fotovoltaik auf dem Dach sei möglich, lautete das Fazit des Experten. Im Herbst 2021 bemüht er sich dann um einen Handwerksbetrieb, der die Solarpanels auf das Dach bringen soll. Er kontaktiert einige Betriebe aus Bremen und zwei von umzu. "Die meisten lehnten aufgrund ihrer guten Auftragslage ab", berichtet er.

Firma storniert Auftrag nach drei Monaten Wartezeit

Dann sagt ein örtlicher Betrieb zu und kommt zum Haus, um sich alles vor Ort anzuschauen. "Auch er bremste unsere Erwartungen. Wegen der vollen Auftragsbücher würde es dauern, bis wir ein Angebot erhalten", erinnert sich Timmermann. Doch dann geht es doch schneller als gedacht für eine Fotovoltaikanlage samt Stromspeicher. Die Familie stimmt im Januar dem Angebot zu und erteilt den Auftrag. Es soll einen weiteren Ortstermin für die Aufmaße geben.

Doch daraus wird nichts. Mitte April kommt die Absage: Der Betrieb storniert den Auftrag, weil der Dachdecker abgesprungen sei. Timmermann sagt zerknirscht: "Wir hatten uns auf der sicheren Seite gewähnt, müssen nun aber wieder ganz von vorn beginnen." Denn sie fürchten, dass sie sich bei den anderen Betrieben ganz hinten in der Reihe anstellen müssen. Aber auf der Suche sind sie nun wieder.

Handwerkskammer-Präses ebenso betroffen

Dabei haben sie sich rechtzeitig gekümmert – als noch nicht damit zu rechnen war, dass ein Ukrainekrieg aufzeigt, wie abhängig Deutschland von russischem Erdöl und Erdgas ist. Doch Timmermann ist kein Einzelfall. Selbst für Bremens Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke gestaltet es sich schwierig, eine Fotovoltaikanlage auf das Dach seines Hauses zu bekommen: "Ich bin überhaupt froh, dass schon mal vier Betriebe gekommen sind, um sich das vor Ort anzuschauen. Das war im Februar und März, aber ein Angebot habe ich bis heute nicht." Das sagte der Präses vor wenigen Wochen bei der Präsentation der Frühjahrsumfrage des Bremer Handwerks. Bei Oliver Kriebel, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführer der Kammer, ist die Situation nicht viel besser: "Zumindest habe ich einen Betrieb, der sich die Gegebenheiten am Haus anschauen will."

Die Nachfrage nach Technik für die Energiewende wird nicht weniger werden. Denn 25 Prozent aller deutschen Hauseigentümer wollen in diesem Jahr in eine Fotovoltaikanlage investieren, wie aus einer Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts Appino hervorgeht. Wenn man das hochrechnet, geht es um 3,5 Millionen Anlagen. Das wären 17,5-mal mehr als 2021. Die riesige Nachfrage ist auch ein Grund, warum die Preise für Solarmodule innerhalb eines Jahres um rund zehn Prozent gestiegen sind. Ein anderer sind Lieferengpässe, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, die internationale Lieferketten ins Wanken brachte.

Wärmepumpen bis zu 45 Prozent staatlich gefördert

Steffen Röhrs, Obermeister der Innung für Sanitär, Heizung und Klima in Bremen, kann die Situation aus seinem Betrieb schildern: "Seit Wochen gibt es bei uns am Telefon nur noch die beiden Themen Wärmepumpe und Fotovoltaik." Inzwischen habe er eine Elektroabteilung, die sich ausschließlich damit beschäftige und vollkommen ausgelastet sei. Röhrs konnte gerade drei Elektriker neu einstellen. Denn die Tendenz geht dahin, dass die Kunden alles aus einer Hand haben wollen. "Die Kunden wollen einfach, dass es läuft", stellt Röhrs fest.

Weil Wärmepumpen staatlich mit bis zu 45 Prozent gefördert werden, werde die Nachfrage auch nicht nachlassen, ist sich Röhrs sicher: "Zumindest kann sich der Installateur auch um den Förderantrag für den Kunden kümmern." Wer jetzt eine Wärmepumpe bestellt, hat laut Röhrs eine Wartezeit von sechs Monaten. Zum Jahresanfang habe er sich das Lager mit 21 Anlagen vollgestellt. "Die sind alle schon weg", sagt Röhrs. Er könne da bei den Kunden und den Anfragen momentan auch nur um Verständnis bitten.

Michael Timmermann ist nun weiter auf der Suche nach einem Handwerker. Er hofft weiter darauf, dass die Sonne noch in diesem Jahr auf seine Solarpanels scheint und seine Stromrechnung minimieren wird. Dieser Tage muss man den Begriff "Pünktlichkeit" wohl etwas großzügiger formulieren.

Zur Sache

Solar-Tage in der Innenstadt

Die Nachfrage ist groß und der Informationsbedarf ist groß bei Technik rund um die Energiewende. Im Rahmen der Solar-Tage 2022 können sich Interessierte kostenfrei bei Vorträgen und einer Mini-Messe informieren. Alles findet bei der Handwerkskammer am Ansgarikirchhof statt. Am Freitag, 13. Mai, sind von 12 bis 17 Uhr Unternehmen und Bauschaffende eingeladen, sich bei Fachveranstaltungen über das Thema austauschen. Am Sonnabend, 14. Mai, steht in der Zeit von 10 bis 17 Uhr die Beratung für alle Interessierten im Fokus. Es gibt Info-Veranstaltungen und lokale Anbieter werden vor Ort sein. Weitere Infos im Netz auf solar-in-bremen.de.

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