Es ist ein sehr leises Geschäft, um das es bei Reck & Co. geht. So beschreibt es Geschäftsführer Franz Kasten selbst. Sein Unternehmen kommt oft zum Einsatz, wenn es irgendwo auf der Welt richtig geknallt hat. Reck & Co. aus Bremen ist nämlich Spezialist für Schadendienstleistungen rund um den Transport von Gütern. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot, wenn es um die Kunden geht. "Unbedingt", sagt Kasten. "Von unserer Seite aus muss etwas so diskret wie eben möglich abgewickelt werden." Das gehöre auch zur Reputation des Unternehmens – dessen Geschichte im Jahr 1848 begann.
Um Schäden beim Transport kümmern sich die Bremer in allen Facetten – ob die Ware nun in der Luft, an Land, auf See oder im Fluss unterwegs ist. Warum kommt der Kaffee mit Schimmel beim Röster an? Wie konnte eine Maschine auf dem Schiff umkippen? Und wer trägt die Verantwortung dafür? Reck & Co. macht diese Detektivarbeit – etwa für Versicherungen. "Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das lässt sich nicht vermeiden", sagt Kasten. Sein Unternehmen lebt davon, dass nicht immer alles glatt läuft.

Franz Kasten hat ein Büro mit besonderem Ausblick auf die Stadt: Das Unternehmen sitzt im 18. Stockwerk des Wesertowers.
Reck & Co. begutachtet allerdings nicht nur Schäden. "Wir helfen auch ganz viel bei der Schadenprävention", sagt Kasten. Unternehmen ließen zum Beispiel den Transportweg für ein neues Produkt unter die Lupe nehmen. Andere Firmen suchen hier Rat, weil es auf einer Strecke oft Beschädigungen gibt – oder eben auch Diebstahl. "Häufig ist es für einen Sachverständigen relativ offensichtlich, wie die Prozesse verändert werden sollten", sagt der Geschäftsführer.
Immer wieder gibt es spektakuläre Fälle, um die sich die Bremer kümmern. Im Januar 2019 geriet die MSC Zoe auf dem Weg nach Bremerhaven in ein schweres Unwetter. Am Ende stürzten Hunderte Container von Bord. Ebenso blieben Hunderte beschädigte Container auf dem Schiff zurück. Reck & Co. bekam für viele davon den Auftrag: Wie groß ist der Schaden? Wie geht es mit der Ware weiter? Im Terminal warteten die Container auf die Begutachtung – im "Zoeland", wie der Lagerbereich damals genannt wurde.

Die Begutachtung von Schäden ist eine Detektivarbeit. Reck & Co. unterstützt dabei Unternehmen auch im Vorfeld, damit es gar nicht erst zu einem Malheur auf dem Transport kommt.
Kasten zufolge liefert Reck & Co. alles rund um die Abwicklung eines Schadens: von der Begutachtung über die Vorbereitung der Regulierung bis hin zur Durchsetzung von Schadenforderungen gegen den Verursacher. Das macht das Unternehmen ziemlich einzigartig in der Branche hierzulande. Im Spezialbereich Regulierung sitze der nächste Wettbewerber sogar "eher in London". Kasten bringt es in ein Bild: "Wir bieten den Schirm über die gesamte Schadenabwicklung an." Teils übernehmen die Bremer eine dieser Aufgaben. Besonderen Charme habe es aber auch für den Kunden, wenn ihm alles aus einer Hand angeboten werde. Reck & Co. spannt gerne den ganzen Schirm auf.
Der Vorteil der Aufstellung: Wenn es eine Krise in der Wirtschaft gibt, ist hier nicht gleich jedes Geschäft betroffen. "Es tut uns in allen Bereichen weh, aber zu unterschiedlichen Zeiten", formuliert es Kasten. Der Fokus auf den Warentransport macht Reck & Co. zu einem verlässlichen Thermometer: Wie heiß läuft die Konjunktur? "Wenn der Weltwirtschaft etwas passiert, spüren wir das sofort – positiv wie negativ."
An die Finanzkrise erinnert sich der Geschäftsführer noch gut. Über Nacht sei der Handel zusammengebrochen und kaum noch etwas transportiert worden. "Es war gruselig in Bremerhaven. Es war nicht ein Schiff im Hafen – über Wochen. Die Verladekräne waren alle hoch. Normalerweise können Sie nicht durch den Hafen schauen, weil so viele Schiffe den Blick versperren. Da war nichts. Das war schon unheimlich." Zuerst gingen bei Reck die Gutachten zurück – genau wie später bei Corona.
Das Geschäft sei dabei "extrem international". In Bremen gebe es fast keine ansässigen Kunden, weil sehr viele Konzerne die Aufträge erteilten: "Wir sind regelmäßig in Bremen unterwegs, aber wir vertreten dann die Interessen der Eigentümer der Ware." Der Kunde sei etwa der Autohersteller, der über Bremerhaven exportiere.
Die Ausrichtung in die ganze Welt – die gibt es hier seit der Gründung 1848. Friedrich Reck versorgte damals die Schiffe der Auswanderer in die USA mit Proviant und Werkzeug. Später gibt es eine eigene Flotte von Segelschiffen – und das Thema der Versicherung kommt damit auf. Der Fokus verschiebt sich. 1863 stößt Franz Heinrich Kasten zur Firma. Seine Familie übernimmt später das Unternehmen.
Mit Franz Kasten ist die fünfte Generation am Ruder. Selbst in Bremen mit seinen vielen Traditionsunternehmen ist das eine Ausnahme. Klar war seine Nachfolge nicht. "Ich wollte meinen eigenen Weg gehen", erzählt Kasten. Nach der Ausbildung zum Speditionskaufmann ging es nach Luxemburg. Von dort aus disponierte der Bremer Seefracht über Antwerpen und Rotterdam. Nach dem Studium koordinierte er für einen Textilhersteller die Luftfracht aus Asien. Zwei Jahre in Hongkong folgten. Dann wurde es doch Zeit für das Gespräch mit seinem Vater wegen derNachfolge. Kasten stieg ein – zunächst als Havariekommissar. Heute lenkt er mit Marc Friedrich das Geschäft. Die Aufgabe macht ihm viel Freude. "Das ist das Schöne an unserem Job: Es wird nie langweilig, weil Sie jeden Tag etwas Neues lernen", sagt Kasten.
Aktuell gibt es 70 eigene Mitarbeiter in Deutschland und der Schweiz sowie Tochtergesellschaften in Frankreich und Belgien. Gutachter werden auf der ganzen Welt beauftragt. Verstärkung fürs Team wird weiter gesucht. In Bremen gehört dabei zum Alltag fürs Team ein spektakulärer Ausblick: Das Unternehmen sitzt nach dem Auszug aus der Versicherungsbörse auf dem Teerhof, wo der Platz nicht mehr reichte, im Wesertower in Etage 18.
Franz Kasten schaut von seinem Büro aus gerne raus in die Ferne. Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang seien von hier aus sensationell. Der Blick auf die Weser ist einzigartig. Neulich hat der Chef darauf ein Binnenschiff von oben genau beobachtet. Die Ladeluken seien bis zum Rand mit Wasser gefüllt gewesen, damit das Schiff beim Hochwasser tiefer im Fluss liege, um die Brücken überhaupt unterfahren zu können. Das Manövrieren im Fluss war so erschwert: "Das Schiff bog sich." Ein kritisches Unterfangen. Fast ein Fall für Reck & Co..