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Serie: Mieten oder Kaufen? Maklerbund rät: Vor dem Wohnungskauf auch die Nachbarn im Blick haben

Man kauft nicht jeden Tag eine Immobilie. Deshalb gibt es Dinge, an die man in so einer außergewöhnlichen Situation nicht denkt - hilfreiche Tipps dazu von Stephan Röpke und Peter Wagner vom Maklerverband IVD.
30.11.2021, 20:09 Uhr
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Maklerbund rät: Vor dem Wohnungskauf auch die Nachbarn im Blick haben
Von Florian Schwiegershausen

Der Erwerb einer Wohnung ist für viele die wohl größte finanzielle Entscheidung im Leben. „Wenn man Glück hat, macht man das wohl ein Mal in seinem Leben, und wenn man ganz viel Glück hat, vielleicht auch noch ein zweites Mal“, sagt Peter Wagner. Er ist Geschäftsführer beim Immobilienverband Deutschland IVD für die Region Nord. In dem Verband sind Immobilienberater und Makler zusammengeschlossen sowie Verwalter und Sachverständige. Beim Erwerb einer Immobilie gibt es einige Aspekte, an die Käuferinnen und Käufer im ersten Augenblick nicht denken. Wagner und der IVD-Vorsitzende in Bremen, der Immobilienmakler und Hausverwalter Stephan Röpke, geben Tipps.

Eigenbedarf oder Anlageobjekt

Diese Frage ist nach Meinung von Peter Wagner die wichtigste: „Will ich die Wohnung oder das Haus für mich selbst kaufen, oder will ich sie kaufen, um sie zu vermieten?“ Entsprechend sollten die Menschen bei der Suche die „Eigenheimbrille“ oder die „Investorenbrille“ tragen: Wer etwas kauft, um es zu vermieten, sollte bei Aufteilung und Beschaffenheit des Objekts darauf achten, dass es den Geschmack mehrerer treffe. Für diejenigen, die selbst einziehen wollen, sollte laut Wagner gelten: „Wenn mir das Objekt gefällt und ich ein gutes Bauchgefühl habe, dann sollte ich es auch kaufen – auch, wenn es andere womöglich total schrecklich finden.“ Es gehe eben auch um die individuelle Entscheidung: Wenn jemand zum Beispiel mit einem Bungalow ohne Keller glücklich sei, solle er ihn kaufen. In Bremen und Niedersachsen teilen sich übrigens seit einer Gesetzesnovelle vor knapp einem Jahr Mieter und Käufer die Kosten für den Makler.

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Alle Infos zum Zustand verlangen

„Keine falsche Bescheidenheit“, sagt Röpke, wenn es darum geht, alle Informationen zur Bausubstanz und zum Zustand der Heizungen zu erfragen. „Wenn das Objekt über einen Makler verkauft wird, sollte der alle wichtigen Informationen verfügbar haben“, ergänzt Röpke. Der Verkäufer sollte aber eigentlich erpicht darauf sein, alle Informationen zu liefern. Denn wenn er mutwillig wichtige Informationen unterschlägt, kann er nach dem Kauf dafür haftbar gemacht werden. Das gilt ebenso für den Makler. Man solle sich als Interessent auch keine Gedanken machen, dass es unangenehm wirke, wenn man viele Fragen stelle, sagt Röpke. IVD-Nord-Geschäftsführer Wagner fügt an: "Wenn ein Besitzer für den Verkauf seiner Immobilie ein enges Zeitfenster einräumt, sollte man als Käufer am besten die Finger davon lassen."

Wenn es um eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus geht, helfen bei der Kaufentscheidung die Protokolle der vergangenen Eigentümerversammlungen. "Denen kann man gut entnehmen, was in den vergangenen Jahren am Haus gemacht wurde, und was die Eigentümer an wichtigen Instandsetzungen auf die kommenden Jahre verschoben haben", sagt Wagner. Die Protokolle geben ebenso Aufschluss darüber, ob es Streit in der Eigentümergemeinschaft gibt oder gegeben hat.

Die zusätzlich zu erwartenden Kosten

Um die zusätzlichen Kosten nach dem Kauf einzuschätzen, empfiehlt Wagner Expertenrat – sei es von versierten Bekannten oder Freunden oder eben von einem professionellen Makler oder Sachverständigen: "Wenn das Objekt eine Ölheizung hat, geht das irgendwann in der Zukunft vielleicht nicht mehr. Oder kann man da eine Fotovoltaikanlage auf das Dach bauen, wenn das Pflicht werden sollte? Muss das Dach vielleicht sowieso in den kommenden Jahren angefasst werden?" Beim Zustand der Heizung gibt das Baujahr eine erste Einschätzung. Im Hinblick auf Elektromobilität ist lautv Wagner eine mögliche Frage: "Wenn es eine Garage gibt, kann ich da zum Laden eines E-Autos eine Wallbox einbauen?" Es komme nicht selten vor, dass dafür die elektrischen Leitungen neu gezogen werden müssten, weil der Querschnitt der Leitungen nicht reiche. Da können zusätzliche Kosten lauern. Grundsätzlich gibt Wagner den Tipp: "So, wie man als Wohnungsbesitzer jeden Monat ein Hausgeld in die Eigentümergemeinschaft einzahlt, sollte man sich als Hausbesitzer ebenfalls ein Hauskonto anlegen, auf das man jeden Monat einen bestimmten Betrag für künftige Reparaturen zurücklegt."

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Die Kosten für das Pendeln

Die Immobilienmarktexpertin des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Dörte Nitt-Drießelmann, sagt grundsätzlich: „Verglichen mit anderen Großstädten wie Frankfurt schlagen für Bremen und umzu die Kosten für das Pendeln weniger durch.“ Das HWWI erarbeitet seit mehreren Jahren im Auftrag der Postbank den Wohnatlas. Detaillierte Aussagen hat das HWWI für die hiesige Region nicht. Nitt-Dießelmann sagt aber: "In Bremerhaven kostet eine Immobilie weniger als in Bremen. Daher würde es mehr Sinn ergeben, von dort nach Bremen zu pendeln als umgekehrt." Nicht zu vergessen ist auch der Freizeitwert beim Umzug ins Umland. "Wenn man von dort in kurzer Zeit mit dem Zug in der Stadt ist, braucht man vor Ort womöglich weder ein Kino noch ein Theater." Je größer eine Immobilie ist, die man sich im Umland zulegt, umso größer ist der rechnerische Pendlervorteil. Je mehr Homeoffice der Arbeitgeber ermöglicht, desto größer ist der Pendlervorteil. 

Das Umfeld der Immobilie

„Es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, dichtete einst Friedrich Schiller in "Wilhelm Tell". Entsprechend sollten die potenziellen Käufer sich auch nach den Nachbarn erkundigen, um böse Überraschungen und Nervereien zu vermeiden. „In einem Quartier mit Familien mit kleinen Kindern ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich andere über lärmende Kinder beschweren“, sagt Peter Wagner. Zu denken, dass es schon irgendwie mit den Nachbarn gehen werde, sei dabei der falsche Gedanke. Je enger die Bebauung ist, desto eher sollte man sich im Vorfeld der direkten Umgebung beschäftigen. Wer in Erwägung zieht, ein Reihenhaus zu kaufen, sollte ruhig mal auf ein Gespräch nebenan klingeln, sich vorstellen und sagen, dass man eventuell der künftige Nachbar ist. Auch ein Blick über den Gartenzaun helfe, zu sehen, ob der Nachbar bei der Begrünung ähnlich tickt wie man selbst.

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