Bremen verfestigt seinen Ruf als bedeutender Raumfahrtstandort in Europa. Noch in diesem Jahr soll zusammen mit der Europäischen Weltraumagentur Esa ein Zentrum für Start-ups geschaffen werden, deren Produkte oder Dienstleistungen im All Anwendung finden können. Damit würde die Hansestadt Teil des internationalen Netzwerks von Esa-Gründerzentren werden. An diesem Dienstag wird das Projekt dem Senat vorgestellt.
Unter dem Namen Esa Business Incubation Centres (Esa Bic) betreibt die Esa an 29 Standorten in Europa sogenannte Inkubatoren. In diesen Gründungszentren werden Start-ups speziell gefördert und auf den Markteintritt vorbereitet. So erhalten sie etwa Büroräume, Coaching, aber auch eine finanzielle Förderung. Mit Darmstadt und Oberpfaffenhofen gibt es bislang zwei Esa Bic in Deutschland, das Bremer Zentrum wäre das dritte.
Wie aus der Senatsvorlage, die dem WESER-KURIER vorliegt, hervorgeht, soll das Einzugsgebiet des Zentrums in der Hansestadt ganz Norddeutschland umfassen. Hamburg, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern hätten bereits ihre Unterstützung zugesagt. Nach Angaben des Esa Bic im bayrischen Oberpfaffenhofen wurden seit der Gründung 2009 mehr als 130 Start-ups betreut, 1300 Arbeitsplätze geschaffen und 130 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Ähnliche Ergebnisse erhofft man sich auch in Bremen.
Laut Tim Cordßen, Sprecher von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD), sollen zwei Arten von Start-ups angesprochen werden: solche, die aus der Raumfahrt kommen und deren Technologien auf der Erde angewendet werden können, und solche, bei denen es genau andersherum läuft. „Schon jetzt gibt es viele Unternehmen, die keine Weltraumunternehmen sind, aber trotzdem für Projekte zuliefern“, sagt Cordßen.
Ein Beispiel sei etwa eine Firma, die Ventile herstellt, die auch in der Raumfahrt eingesetzt würden. Weitere Branchen, die in das Esa Bic passen könnten, sind laut Vorlage Automotive, Robotik und Mobilität. Der Esa-Inkubator soll insgesamt 30 Start-ups aus Norddeutschland beherbergen, die Hälfte soll in der Hansestadt gegründet werden. In der ersten Phase der Gründung erhalten die Jungunternehmer dann eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 50.000 Euro.
Die Hälfte wird von der Esa bezahlt, der andere Teil stammt aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (Efre). Der Bremer Anteil am Gesamtetat beläuft sich auf 2,1 Millionen Euro. Er stammt aus dem Efre und Landesmitteln; 1,1 Millionen Euro bezahlt die Europäische Weltraumagentur. Im Gegenzug könnten durch die Start-ups langfristig etwa 50 Jobs geschaffen werden, heißt es in der Senatsvorlage.
Brot soll krümelfrei sein
Bake in Space heißt ein Bremer Raumfahrt-Start-up, dass auch ohne das Esa Bic in der Hansestadt entstanden. Das Unternehmen will Brot im Weltraum für die Astronauten backen, etwa auf der Raumstation ISS. Bislang ist das nicht möglich, weil Krümel die Technik an Bord beschädigen könnten. Deswegen soll das Brot von Bake in Space krümelfrei sein.
An Gründerzentren schätzt Geschäftsführer Sebastian Marcu, dass man sich leicht mit anderen Jungunternehmern vernetzen könne. Seine Firma Bake in Space sitzt als bislang einziges Space-Start-up im Bremer Innovations- und Technologiezentrum – da, wo künftig auch die Esa-Bic-Unternehmen arbeiten sollen.
„Viele Gründerzentren fokussieren sich auf Unternehmen, die nur mit Software arbeiten“, sagt Marcu. Daher wünsche er sich von einem Weltraum-Inkubator auch leichteren Zugang zu technischen Einrichtungen, etwa zu Reinräumen, in denen empfindliche Geräte unter besonderen Bedingungen zusammengebaut werden können.
„Das ist für Unternehmen, die mit Hardware arbeiten, sehr wichtig.“ Marcu hat mit Bake in Space selbst einen Wettbewerb des Bic aus Darmstadt gewonnen und hätte in ein Gründerzentrum in den Süden ziehen können. Er wollte aber in Bremen bleiben, da mit dem Forschungsdienstleister TTZ Bremerhaven und OHB zwei Partner des Start-ups ganz in der Nähe seien.
OHB beteiligt sich nun auch am Esa-Gründungszentrum in Bremen – zwar nicht finanziell, aber mit Mentoring. „Wir finden jegliche Form von Aktivitäten gut, die Start-ups fördern“, sagt ein Sprecher von OHB. Der Satellitenbauer unterstütze seit Jahren selbst Jungunternehmen und habe auch ein Tochterunternehmen, das Wagniskapital für Start-ups bereitstelle. „Daher ist das Esa Bic eine gute Sache für Bremen“, sagt der Sprecher. Neben dem Familienunternehmen fördert auch Airbus mit seiner Raumfahrtsparte das neue Gründungszentrum.
Bis das Bic in Bremen an den Start gehen wird, dauert es noch einige Monate, da unter anderem noch die Wirtschaftsdeputation zustimmen muss. Das soll noch vor den Sommerferien passieren, sagt Cordßen. Danach könne man Termine nenne, etwa wann sich Start-ups für einen Platz im neuen Gründungs-Zentrum bewerben können.