Sie sind schon unter normalen Bedingungen benachteiligt, weil sie im Niedriglohnbereich tätig sind. Doch in Zeiten von coronabedingter Kurzarbeit wird der Unterschied noch deutlicher: Die Beschäftigten der Aviation Handling Service GmbH am Bremer Flughafen bekommen nur das gesetzliche Kurzarbeitergeld. Beschäftigte anderer Gesellschaften, die für den Airport tätig sind, haben es da wesentlich besser: Sie erhalten bis zu 90 Prozent aufgestocktes Kurzarbeitergeld.
Ja, solche Unterschiede gibt es auch in anderen Wirtschaftszweigen. Doch bei der Aviation Handling Service GmbH sehen die Eigentumsverhältnisse anders aus als in der freien Wirtschaft: Das Unternehmen gehört zu 51 Prozent der Flughafen Bremen GmbH. Sie wiederum gehört zu 100 Prozent der Stadt Bremen. 51 Prozent sind nicht 100 Prozent, aber es ist die Mehrheit. Und daraus erwächst eine Verantwortung. Wem und wie hoch jemandem das Kurzarbeitergeld aufgestockt wird, das liegt in diesem Fall im Einflussbereich der öffentlichen Hand. Und wer, wenn nicht sie, sollte daran Interesse haben, die Mitarbeiter ihrer Gesellschaften gleich zu behandeln?
Wie die öffentliche Hand agiert, das liegt wiederum im Einflussbereich des Bremer Senats. Es wird Zeit, dass der Senat nicht mehr nur von der freien Wirtschaft fordert, dass sie für vernünftig und gerecht bezahlte Arbeitsplätze sorgt, sondern er muss auch im eigenen Wirkungskreis entsprechend agieren. Ein Anfang wäre, die Weichen für ein aufgestocktes Kurzarbeitergeld zu stellen, das auch noch rückwirkend gezahlt wird.
Aufstockung ist möglich
Dass Aufstockung möglich ist, hat sich in Stuttgart gezeigt. Dort hatte der Flughafen im April mitgeteilt, dass das Kurzarbeitergeld beim Unternehmen S. Ground zumindest auf 80 Prozent erhöht wird. S. Ground ist ein Tochterunternehmen der Holding Aviation Handling Service und gehört zu überwiegenden Teilen Baden-Württemberg und Stuttgart.
In einem zweiten Schritt sollte der Senat das Geschäftsmodell der Aviation Handling Service GmbH näher betrachten. Fragen könnten sein: Wer profitiert eigentlich davon, dass diese Mitarbeiter im Niedriglohnbereich tätig sind? Oder: Sollte sich die öffentliche Hand an so etwas überhaupt beteiligen? Dass es auch andere Branchen gibt, die den Niedriglohnsektor nutzen, sollte aber nicht als Argument für eine Beteiligung herhalten.